Talente aus Sachsen-Anhalt Talente aus Sachsen-Anhalt: Der große Traum von Olympia
Halle/MZ. - Die Turnerin
Olympiastarter von übermorgen? Lisa Arendt schüttelt energisch den Kopf und sagt mit selbstbewusster Stimme: "Bis 2016 will ich eigentlich gar nicht warten. In vier Jahren in London könnte ich durchaus schon dabei sein." 16 Jahre wäre die Turnerin vom SV Halle dann. Genauso alt wie jetzt ihr großes Vorbild Shawn Johnson. Die kleine US-Amerikanerin geht in Peking als Weltmeisterin und Favoritin an die Geräte.
Fünf Stunden trainiert Lisa täglich für ihren Traum. Während der Schulzeit vor dem Unterricht und auch danach. Sogar jetzt, in den Ferien, und obwohl ihr eine Rückenverletzung arg zu schaffen macht, ist sie in der Halle. Die Entscheidungen in Peking schaut sich das gerade in die 7. Klasse des Sportgymnasiums gekommene zierliche Mädchen im Fernsehen an. "Wenn die Wettkämpfe in der Nacht beginnen, dann zeichnen das meine Eltern für mich auf", erzählt Lisa.
Überhaupt mache ihre Familie viel für sie. Vater Andreas und Mutter Katrin können sich gut in ihre Lage versetzen. "Beide haben selbst früher geturnt. Auch wenn sie nie die Elemente beherrscht haben, an die ich mich heranwage", berichtet die Zwölfjährige. Ihr großer Bruder Florian ist ebenfalls "vom Fach". Bei den deutschen Jugendmeisterschaften vor ein paar Tagen in Spergau hat der 14-Jährige sogar die Goldmedaille am Reck gewonnen. Wegen der beiden turnbegeisterten Kinder ist Familie Arendt 2005 aus dem sächsischen Beucha nach Halle gezogen, "so dass ich nicht ins Internat musste". Da die Trainingsstätte nunmehr "ganz bequem um die Ecke" ist, bleibt Lisa Arendt sogar noch Zeit für andere Hobbys. "Ich mag Kunst ganz gerne, auch als Unterrichtsfach. Und ich bin oft am Computer." (zag)
Der Ringer
Während es historische olympische Sportarten wie Sackhüpfen und Tauziehen nicht ganz ins 21. Jahrhundert geschafft haben, ist der Ringkampf als Dauerbrenner noch immer bei den Spielen vertreten. Zum Glück für Wayne Lüdecke: Sein Traum ist es, irgendwann einmal die deutschen Farben auf der Matte zu vertreten. Dass es der zwölfjährige Athlet des RSV Nebra einmal so weit schafft, ist gar nicht so unwahrscheinlich. In seiner Altersklasse, bei den C-Jugendlichen, macht ihm in Sachsen-Anhalt keiner mehr etwas vor. Er ist fester Bestandteil des Landeskaders und trainiert fünfmal in der Woche an der Sportschule in Halle.
Dass er nicht - wie die meisten anderen Mitschüler - zum Fußball ging, das lag an der Arbeitsgemeinschaft Ringen der Ganztagsschule in Nebra (Burgenlandkreis). Dort ging es sowohl als Einzelkämpfer als auch in der Mannschaft mit dem Trophäensammeln los. Neben vielen Silber- und Bronzemedaillen zieren 20 "Goldene" sein Zimmer. Bei den diesjährigen Landesmeisterschaften war er nicht zu schlagen.
Wie so viele Nachwuchssportler hat auch Wayne ein großes Vorbild. Danach gefragt, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: Sven Thiele, Vize-Weltmeister und mehrfacher Deutscher Meister. Um es Thiele, der auch an Olympischen Spielen teilnahm, nachzumachen, ist dem jungen Nebraer Ringer kaum ein Weg zu weit. Gestern Abend brach er in Richtung Ungarn ins Trainingslager auf. Neben den Trikots im Gepäck: der Traum von olympischen Ringkampf-Matten. Sackhüpfen und Tauziehen werden dagegen im Trainingslager höchstens mal beim Aufwärmen eine Rolle spielen. (hbo)
Die Judoka
"Kim hat einen mächtigen Kampfeswillen, sie richtet sich schnell wieder auf und ist dann voll da." Jürgen Kümpfel muss es wissen. Er kennt und trainiert die Nachwuchsjudoka des PSV 05 Köthen jetzt seit fast fünf Jahren. Kim Soldmann ist eine, die es einmal weit bringen könnte, "auch bis zu den Olympischen Spielen, warum nicht". Kümpfel glaubt daran - und wäre stolz.
Die quirlige Neunjährige ist mit Judo groß geworden. Der Vater, selbst Aktiver, nahm sie zu den Wettkämpfen mit. "Irgendwann wollte sie es ausprobieren", erinnert sich Ingo Soldmann. Kim war damals nicht mal fünf Jahre alt. "Auf jeden Fall zu jung für den Kyu", wirft Kümpfel ein und erklärt: "Als Kyu bezeichnet man einen Schülergrad im Judo, der den Leistungsstand des Sportlers zeigt." Kim hat ihren sechsten Kyu, trägt mit Stolz den Gürtel in gelb-orange.
Die amtierende Vizemeisterin des Landes Sachsen-Anhalt fährt inzwischen zu Wettkämpfen nach Leipzig, Potsdam, Berlin. Nur dort findet sie Gegner, die ihr alles abverlangen. "Wenn sie zu Wettkämpfen kann, blüht sie auf. Das genießt sie", sagt ihre Mutter Kathrin Soldmann. Nur verlieren möchte ihre Tochter auf keinen Fall. "Dann bin ich bockig", bestätigt Kim Soldmann, "schmeiße den Gürtel weg und will mein Ruhe." (her)
Der Tischtennisspieler
Er ist erst zwölf Jahre und steht bereits für die Männer des Landesligisten SV Serum Bernburg an der Tischtennisplatte. Einige Herren staunten nicht schlecht, als plötzlich ein kleiner Knirps als Gegner auftauchte. Eduard Halikov musste zwar einige Male Lehrgeld zahlen, feierte aber auch schon Siege in seinem ersten "Männerjahr". Jochen Rambaum entdeckte das Talent vor fünf Jahren und überredete den begeisterten Fußballer, es doch einmal mit dem kleinen Celluloid-Ball zu probieren.
2005 gewann Halikov in Ballenstedt sein erstes Turnier. Derzeit führt er die Rangliste in Sachsen-Anhalt in seiner Altersklasse an und wechselte zu Trainerin Valeria Nazarenko. "Ich kann ihm nichts mehr beibringen. Mir sind Grenzen gesetzt", hat sein Entdecker den Wechsel sogar gefördert. Halikov trainiert mindestens fünfmal in der Woche, um sich seinen Traum zu erfüllen. "Ich möchte einmal bei Olympia starten. Vielleicht klappt es schon im Jahr 2016", erklärt der in Tscheljabinsk geborene kleine Schmetterkünstler. Während der Wettkämpfe in Peking drückt er seinem Vorbild Dimitrij Ovtcharov die Daumen. Der spielt in der Bundesliga gemeinsam mit Timo Boll für Borussia Düsseldorf. Einen Wechsel zu diesem Verein peilt auch Eduard Halikov an. Denn in Sachsen-Anhalt kann ihm mittlerweile niemand das Wasser reichen. (cr)