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Haushalt in doppelter Buchführung Eröffnungsbilanz in doppelter Buchführung Doppik: Salzlandkreis hat 79 Millionen Euro Fehlbetrag

Von Torsten Adam 24.11.2017, 09:05
In Zivilprozessen werden Pfandsiegel, umgangssprachlich „Kuckuck” genannt, bei Zwangsvollstreckungen vom Gerichtsvollzieher auf beim Schuldner beschlagnahmte Gegenstände geklebt.
In Zivilprozessen werden Pfandsiegel, umgangssprachlich „Kuckuck” genannt, bei Zwangsvollstreckungen vom Gerichtsvollzieher auf beim Schuldner beschlagnahmte Gegenstände geklebt. dpa-Zentralbild

Bernburg - Jedem Unternehmen bliebe bei solch einer Bilanz wohl nur der Gang zum Insolvenzrichter: Der Salzlandkreis startet nach der Umstellung auf die doppelte Buchführung mit einem riesigen Fehlbetrag von 79,63 Millionen Euro in der Eröffnungsbilanz, der nicht durch Eigenkapital gedeckt ist.

Wie diese bilanzielle Überschuldung jemals ausgeglichen werden soll, dazu fehlt es nicht nur den verantwortlichen Kommunalpolitikern in der Region an Fantasie. Einziger Ausweg wäre ein Schuldenschnitt wie für Griechenland - oder eine deutlich bessere Finanzausstattung durch Bund und Land.

Landrat will Arbeitsgruppe mit Bürgermeistern bilden

Landrat Markus Bauer (SPD) kündigte in der Sitzung des Haushaltsausschusses an, in einer Arbeitsgruppe mit den Bürgermeistern der Kommunen im Kreis den Druck nach oben erhöhen zu wollen.

Ungeachtet der Forderungen nach mehr Geld spiegelt die Eröffnungsbilanz allerdings auch, dass der Salzlandkreis und seine Vorgänger offensichtlich jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt haben. Einem Anlagevermögen von 236 Millionen Euro, das hauptsächlich in bebauten Grundstücken und der Infrastruktur steckt, stehen enorme Verbindlichkeiten von 205 Millionen Euro gegenüber.

20 Millionen Euro finanzieren Altersteilzeit

Diese resultieren größtenteils aus Krediten. Als schmerzhaft bezeichnete Bernburgs Finanzdezernentin Silvia Ristow (Die Linke) auch die großzügig ausgestalteten Altersteilzeitregelungen. Dafür notwendige Rückstellungen umfassen fast 20 Millionen Euro.

Dass sich der Salzlandkreis mehr geleistet hat als nötig und sich die Einnahmen über die Kreisumlage bei den Kommunen holt, ohne deren eigenes Dilemma zu berücksichtigen, stößt vielen Bürgermeistern sauer auf. So kritisierte Calbes Ortschef Sven Hause (Alternative Liste), dass die Personalkosten binnen zwei Jahren um fünf Millionen Euro wachsen.

Diese Steigerung um mehr als elf Prozent sei für ihn erläuterungsbedürftig. Silvia Ristow verwies darauf, dass die Städte und Gemeinden bereits 2017 insgesamt mit vier Millionen Euro mehr zur Kasse gebeten worden waren und der Kreis etwa die selbe Summe nochmals mehr für 2018 begehrt. Sie schlug den Kompromiss vor, dass die Kommunen nur zwei Millionen Euro mehr zahlen und eine Deckelung nach oben für die kommenden Jahre im Haushaltskonsolidierungskonzept festgeschrieben wird.

Kreistag berät am 6. Dezember über Konsolidierung

Darüber wird am Mittwoch, 6. Dezember, der Kreistag beraten. An diesem Tag soll der Haushalt 2018 möglichst schon beschlossen werden, um im neuen Jahr schnell handlungsfähig zu sein. Die größte Veränderung zu diesem Jahr ist laut Fachbereichsleiterin Andrea Schellenberger durch die zum 1. Juli 2017 geänderte Unterhaltsvorschuss-Gesetzgebung bedingt. „Wir mussten sieben neue Mitarbeiter einstellen, um der Antragsflut Herr zu werden“, erklärte sie. Für den neuen Etat bedeute das eine Mehrbelastung von 2,4 Millionen Euro.

Sieben neue Angestellte bearbeiten Unterhaltsvorschuss

Ausschussvorsitzender Thomas Gruschka (CDU) mahnte, dass bei einer geringeren Kreisumlage auch Gegenfinanzierungsvorschläge auf den Tisch kommen müssten, um die Mindereinnahmen ausgleichen zu können. Denn im langfristigen Finanzplan offenbaren sich große Liquiditätsprobleme. „Der Kreis muss bis zum Jahr 2026 weitere 25 Millionen Euro Schulden aufnehmen“, wies der Bernburger darauf hin, dass die Geldsorgen auf Kreisebene mindestens genauso groß sind wie in den Gemeinden. (mz)