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Sachsen Sachsen: Mit gekreuzten Schwertern durchs Land

Von Cornelia Höhling 23.01.2008, 09:23
Ausflügler blicken von einem Aussichtspunkt auf der Festung Königstein in das Elbtal und zu den Gipfeln der Sächsischen Schweiz. (Foto: ddp)
Ausflügler blicken von einem Aussichtspunkt auf der Festung Königstein in das Elbtal und zu den Gipfeln der Sächsischen Schweiz. (Foto: ddp) ddp

Meißen/ddp. - Aber wahrscheinlich hat das gar nichtsmit Fantasie zu tun. Denn Deutschlands größte Festung war eineMilitärstadt mit eigenem Marktrecht. Heute ist das Bollwerk hoch überdem Elbtal auf einem riesigen Sandsteinfels Wahrzeichen derSächsischen Schweiz und ein beliebtes Ausflugsziel. Es lohnt sich,mit dem Festungskommandanten auf Zeit- und Entdeckungsreise zu gehen.Allein die Renaissancekaserne, das barocke Brunnenhaus mit 152,50Meter tiefem Brunnen und das Pulver- und Proviantmagazin, wo auch dersächsische Staatsschatz eingelagert wurde, sind sehenswert.

Die Ende des 16. Jahrhunderts zur Landesfestung ausgebauteWehranlage sicherte einst die Salzstraße und galt über 300 Jahre auchals ausbruchsicheres Staatsgefängnis. Hinter den bis zu 40 Meterhohen Mauern, die ein Areal von 9,5 Hektar einschließen, wurde 1706Johann Friedrich Böttger (1682-1719) interniert. Als 19-Jähriger denHäschern des preußischen Königs entkommen, saß der Alchimist in dersächsischen Bastille, um aus unedlem Metall Gold zu machen. ImFolgejahr setzte er seine Versuche in der Jungfernbastei derResidenzstadt Dresden fort und erfand das «weiße Gold».

Die Gewölbe der Dresdner Festungsanlage sind teilweise für dieÖffentlichkeit zugänglich. Sie liegen unterhalb der BrühlschenTerrasse, die 1814 samt Lustgarten des kunstsinnigen Grafen Heinrichvon Brühl (1700-1763) den Dresdner Bürgern geöffnet wurde. Baldavancierte sie zur beliebten Flaniermeile mit berühmten Cafés underhielt den Namen «Balkon Europas». Eine Porzellanstele mit BöttgersPorträt erinnert an sein Wirken an diesem Ort. Im Januar 1708 war ihmein erfolgreicher Probebrand gelungen - die Geburtsstunde deseuropäischen Porzellans.

Um das Geheimnis der Porzellanherstellung zu schützen, quartierteKurfürst August der Starke (1670-1733) den Erfinder bald schon in derAlbrechtsburg im nahegelegenen Meißen ein. Das Bauensemble auf demBurgberg aus Albrechtsburg und Dom war als Regierungssitz derWettinischen Brüder Ernst und Albrecht gedacht, denen Sachsen undThüringen gehörten. Die Leipziger Landesteilung und Verlegung derResidenz nach Dresden vereitelte dies. Da das Schloss kaum bewohntwar, ließ August 1710 hier die erste Porzellanmanufaktur Europaseinrichten. Sie wurde erst 1863 an einen neuen Standort verlegt.

Das über 1000-jährige Meißen gilt als Wiege Sachsens. EinSpaziergang durch die an beiden Ufern der Elbe gebautemittelalterliche Stadt mit ihren kopfsteingepflasterten Gassen, denrekonstruierten Renaissancebürgerhäusern, romantischen Innenhöfen undPassagen führt meist in eines der urigen Weinlokale. Denn die steilenWeinberge in der Umgebung gehören zum kleinsten deutschenWeinanbaugebiet entlang der sächsischen Weinstraße.

Wenn es grau, nass und kalt ist, haben die Museen Konjunktur.Unweit der Albrechtsburg im Triebischtal befindet sich heute dieMeissener Porzellanmanufaktur. Im Porzellanmuseum mit zweiSchauwerkstätten, der Schauhalle und dem Meissen Shop gelingt demBesucher ein Blick hinter die Kulissen. Er kann die einzelnenArbeitsschritte der Porzellanherstellung vom Drehen und Formen überdas Bossieren (Zusammensetzen der Figuren) bis zum Bemalen der Stückemiterleben. Ganz nebenbei erfährt er, dass das berühmte Zwiebelmustereigentlich Granatäpfel darstellt. Inzwischen gibt es viele Dekore.Die Schwerter, das Zeichen für die Echtheit des Meissener Porzellans,lösten übrigens erst 1722 die Signatur AR für Augustus Rex ab.

Wer selbst von echtem «Meissener» speisen möchte, hat dazu imRestaurant Meissen Gelegenheit. Das berühmte Schwanenservice etwawurde 1737 bis 1742 für Brühl angefertigt, der es nach dem TodeAugusts des Starken nicht nur zum Premierminister Augusts III.,sondern auch zum Leiter der Porzellanmanufaktur gebracht hatte. Mitüber 2000 Einzelteilen ist es das größte und prunkvollste Service,das je eine Porzellanmanufaktur schuf.

Auch die Porzellansammlung im Dresdner Zwinger ist heute dasweltweit größte Museum seiner Art. Porzellanliebhaber sollten sichden Anblick der Raritäten nicht entgehen lassen. Von rund 20 000inventarisierten Porzellankunstwerken werden 2000 ausgestellt.Böttger hatte wohl Recht, dass drei Sachen die Begierde der Menschenanstacheln: Schönheit, Rarität und damit verbundene Nutzbarkeit -Eigenschaften, die seine Porzellangefäße besitzen, wie er meinte.August der Starke begehrte Unmassen und verschuldete sich. Erverkaufte sogar 600 seiner besten Soldaten an Preußen zur Anschaffungostasiatischer Porzellane. Deren größte Stücke zieren heute als«Dragonervasen» die Dresdner Sammlung.

Ein Porzellanmaler malt in der Unterglasurmalerei der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meißen die Gekreuzten Schwerter in Kobaltblau auf den Boden eines Tellers. (Foto: ddp)
Ein Porzellanmaler malt in der Unterglasurmalerei der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meißen die Gekreuzten Schwerter in Kobaltblau auf den Boden eines Tellers. (Foto: ddp)
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