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Zurück ins Mittelalter? Zurück ins Mittelalter?: Kontroverse um Aufhebung der PS-Begrenzung am Geiseltalsee

Von Diana Dünschel 17.07.2019, 05:00
Der Saalekreis arbeitet gerade an neuen Bestimmungen für die Bootsfahrt auf dem Geiseltalsee. Dazu gibt es geteilte Meinungen.
Der Saalekreis arbeitet gerade an neuen Bestimmungen für die Bootsfahrt auf dem Geiseltalsee. Dazu gibt es geteilte Meinungen. Peter Wölk

Mücheln - Aufhebung der 20-PS-Grenze für alle Boote bei Beibehaltung der Höchstgeschwindigkeit von zehn Stundenkilometern. So empfiehlt es ein vom Saalekreis in Auftrag gegebenes Gutachten zur künftigen Nutzung des Geiseltalsees. Schon als es im Frühjahr vorgestellt wurde, gab es heftigen Protest bis zur Unterschriftensammlung per Internet gegen grünes Licht für „PS-Monster“.

Nun legte der Kreis einen Entwurf der neuen Allgemeinverfügung vor. Sie regelt, was auf dem See erlaubt ist und was nicht und wird in Kraft treten, wenn der noch gesperrte Nordteil für Wassersport geöffnet wird, wofür es aber bislang kein Datum gibt. Darin gibt es die PS-Begrenzung nicht mehr. Gerade ist die Frist, bis zu der man dazu eine Stellungnahme abgeben konnte, abgelaufen. Und wieder gehen die Meinungen auseinander.

PS-Beschränkung als Hinderungsgrund für Bootsführer mit einem größeren Boot, den Geiseltalsee zu nutzen?

Der Geiseltalsee-Tourismus-Verein als Interessenvertreter von Gewerbetreibenden, Anliegern und Nutzern begrüßt die Änderung. „Die Öffnung des Geiseltalsees für weitere Motoren wird größtenteils positiv gesehen, soweit auch die Durchsetzung und Kontrolle der Geschwindigkeitsbegrenzung adäquat ausgebaut wird“, heißt es in einem der MZ vorliegenden Schreiben. Die PS-Beschränkung sei ein Hinderungsgrund für Bootsführer mit einem größeren Boot, den Geiseltalsee zu nutzen, und somit ein Wettbewerbsnachteil.

Dieser Meinung ist auch die Stadt Mücheln, so der stellvertretende Bürgermeister Steffen Keller. Ganz anders sehen das die Bündnisgrünen. „Wir wollen eine weitere touristische Entwicklung des Geiseltalsees im Einklang mit Umwelt und Natur“, sagt Sebastian Striegel, der bündnisgrüne Abgeordnete für den Saalekreis. Dazu gehöre die Aufrechterhaltung einer Leistungsbegrenzung für Motorboote und regelmäßige Kontrollen der Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Nutzung von Verbrennungsmotoren auf dem See sollte allein der Fahrgastschifffahrt vorbehalten werden.

„Wir hören von Gästen immer wieder: Hier ist die Natur noch in Ordnung.“

Perspektivisch sollten für Privatnutzer ausschließlich Elektromotoren zulässig sein. Bestehende Schutzgebiete würden bereits heute stark beeinträchtigt. Auch das Ehepaar Reißmann, das an der Marina Mücheln den Bootsverleih „Boote & Mehr“ betreibt, ist gegen eine PS-Freigabe. „Die Marina ist gar nicht  für große Boote ausgelegt“, sagt Kerstin Reißmann. Alle Argumente dafür seien fadenscheinig. „Wir hören von Gästen immer wieder: Hier ist die Natur noch in Ordnung. Diese Ruhe am See darf man nicht zerstören.“

„Hierher werden die Leute kommen, die woanders nicht schnell fahren dürfen.“

Wer werde sich denn an eine Höchstgeschwindigkeit halten, da regelmäßige Kontrollen fehlten?, fragt sie. „Hierher werden die Leute kommen, die woanders nicht schnell fahren dürfen. Manche Städte rufen gerade den Klimanotstand aus, und wir bewegen uns im Mittelalter.“ Ihr Mann und sie seien auch aus dem Tourismus-Verein ausgetreten, weil er sie nicht mehr vertrete.

Doch dieser Streit ist nicht der einzige Punkt, mit dem sich der Kreis jetzt beschäftigen sollte, meint der Tourismus-Verein. Er hat in seine Stellungnahme ebenso wie die Stadt Mücheln noch weitere Anregungen für die Allgemeinverfügung  hineingeschrieben. Er lehnt zum Beispiel  die vorgesehene Befahrung des nördlichen Seeteils nur in den Sommermonaten ab. Das sei nicht mit der Nutzung vereinbar, heißt es.

Segelsport ist erfahrungsgemäß bis in den November aktiv

Der Segelsport sei erfahrungsgemäß bis in den November aktiv, und der Tauch- und Angelsport kenne keine zeitlichen Grenzen. Gefordert werden aufgrund der Seegröße auch Notankerplätze im Nordteil. Zudem sollte das ausgewiesene Naturschutzgebiet so verkleinert werden, dass ein gefahrloses Kreuzen der Segelsportler möglich ist.

Nachdem 2018 ein Taucher tödlich verunglückte, der allein im noch gesperrten  Nordteil unterwegs war, hat der Verein auch  einen Vorschlag, so etwas künftig zu vermeiden:  Wer tauchen will, soll sich in einer der beiden Tauchbasen in Stöbnitz oder Frankleben anmelden müssen. (mz)