Personalproblem mit Folgen Personalproblem mit Folgen: Was machen, wenn Feuerwehr-Führungskräfte fehlen?

Schraplau - Die Entscheidung, sagt Gerd Zuber, war nicht leicht. 15 Jahre lang war der Schraplauer Ortswehrleiter, seit 52 Jahren ist er Feuerwehrmitglied. Letzteres ist Zuber nach wie vor, den aktiven Dienst und die Wehrleitung hat der 61-Jährige aber aufgegeben, aus gesundheitlichen und zeitlichen Gründen, wie er sagt.
Das hat Konsequenzen für die Wehr, die ohnehin Personalsorgen plagen. Weil Führungskräfte fehlen, wurde sie nun der Esperstedter Wehr unterstellt, sagt Gemeindewehrleiter Ronny Rebs. Alternative wäre eine Schließung gewesen. „Uns ist aber wichtig, dass die Schraplauer Wehr irgendwann wieder selbstständig läuft“, so Rebs.
Schraplauer werden ausschließlich gemeinsam mit Esperstedt alarmiert
Vorerst werden die Schraplauer ausschließlich gemeinsam mit Esperstedt alarmiert und dürfen rechtlich auch erst nach deren Eintreffen agieren - oder nach dem Eintreffen des Gemeindewehrleiters. Der Weg von Esperstedt sei zwei Kilometer lang, so Rebs, das sei noch machbar. Esperstedt hat 19 aktive Mitglieder.
Noch habe in Schraplau keiner der aktiven Feuerwehrleute die notwendige Ausbildung zum Gruppenführer, so Rebs. Zwar gebe es jemanden, der dazu bereit ist, bis er zum Gruppenführer zugelassen werden kann, dauere es aber noch zwei Jahre. Hintergrund dafür ist die Dienstlaufbahnverordnung, die eine bestimmte Dienstzeit in einer Funktion vorschreibt, bevor der nächste Führungslehrgang folgen kann.
Schraplauer hatten geeignete Einwohner persönlich angeschrieben
Erst 2016 waren die Schraplauer einen ungewöhnlichen Weg gegangen, um überhaupt aktive Mitglieder zu gewinnen: Stadt und Verbandsgemeinde hatten geeigneten Einwohner persönlich angeschrieben. Zwei Mitglieder konnten so gewonnen werden, die inzwischen ihre Grundausbildung absolviert haben. Dennoch hat die Wehr derzeit nur sechs aktive Mitglieder. Sie ist damit nicht die einzige im Kreis auf Personalsuche - erst kürzlich war über Nempitz diskutiert worden.
„Dass wir Personalsorgen haben, ist ein offenes Geheimnis“, sagt Kreisbrandmeister Robby Stock. Zur Jahresdienstberatung mit den Ortswehren unterlegte er das am Freitag auch mit Zahlen. Seit 2011 ist die Zahl der Einsatzkräfte im Kreis demnach kontinuierlich gesunken - von damals 2.861 auf mittlerweile 2.635. Gab es 2015 noch 136 Ortsfeuerwehren, werden in der neuesten Statistik noch 132 aufgeführt. Derzeit liegen aber zumindest keine Anträge für Auflösungen oder Zusammenschlüsse vor. „Wir brauchen jede Feuerwehr und jeden Mann“, betonte Stock.
Wehren des Saalekreises 2017 zu 601 Bränden ausgerückt
Im vergangenen Jahr seien die Wehren des Saalekreises zu 601 Bränden ausgerückt - laut Stock die höchste Zahl seit 2010. Darüber hinaus gab es - auch bedingt durch diverse Unwetter - 1698 technische Hilfeleistungen, im Jahr zuvor waren es noch 988.
In Staffelstärke (sechs Einsatzkräfte) sind von den Wehren tagsüber von Montag bis Freitag 50 einsatzbereit (2015: 56), werktags von 18 bis 6 Uhr sind es 116 (2015: 119), am Wochenende 124. Nicht in Staffelstärke einsatzbereit sind acht Wehren - immerhin vier weniger als 2015. Oft werden bereits mehrere Feuerwehren gleichzeitig alarmiert. Auf einen positiven Trend verweist die Statistik im Nachwuchsbereich. Sowohl die Zahl der Mitglieder in Jugendfeuerwehren als auch in Kinderfeuerwehren ist gestiegen. „Die Kinderfeuerwehren sind ein Erfolgsmodell“, sagte Stock. Er hoffe, dass viele von den Kindern auch in die Jugendfeuerwehr und den aktiven Dienst wechseln.
Ein Stück Hoffnung liegt auch in Schraplau beim Nachwuchs. Derzeit habe die Jugendfeuerwehr neun Mitglieder, so Gemeindewehrleiter Rebs, zwei sind 16 Jahre alt. Andernorts im Weida-Land hat sich unterdessen eine Lösung für ein Führungsproblem, wie es jetzt in Schraplau existiert, gefunden. Die Alberstedter Wehr wird seit einigen Monaten von Sebastian List geleitet - einem Döcklitzer. Eine Angliederung an Farnstädt hätten die Kameraden nicht gewollt, so Rebs. Stärkste Wehren im Weida-Land sind Farnstädt und Obhausen. Manch andere pendeln sich laut Rebs bei zehn bis 15 Aktiven ein. (mz)