Sensationelle Ausgrabungen in Wettin Burg Wettin: Jahrtausendalte Geheimnisse der Burg sind jetzt gelüftet

Wettin - Wie ging es zu, als vor über tausend Jahren auf dem Felsen hoch über der Saale gebaut worden ist. Und was stand zuerst dort, wo man jetzt vom Ort Wettin hinauf zu einer stolzen Burg blickt?
„Im Verhältnis zu anderen Burgen haben wir wenige Vorkenntnisse bei der Mittelburg Wettin“, sagt der Projektleiter der aktuellen Grabungen, Matthias Becker vom Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege des Landes Sachsen-Anhalt.
Bereits im 10. Jahrhundert hatten Ort und Burg an der Saale Bedeutung, wie urkundliche Erwähnung und der Nachweis eines Grafengeschlechts in Wettin bezeugen.
Grabungen von Paul Grimm im Jahr 1938 führten zur Lokalisierung der Grafenburg im Bereich der Unterburg. „Für den Bereich der Oberburg wird die Errichtung einer Grafenburg im 12. Jahrhundert angenommen, so dass seither zwei Anlagen mit entsprechenden Vorburgen existierten“, so Becker.
Bereich der Mittelburg schon ab dem 10. Jahrhundert intensiv genutzt
Im Zuge der Bauvorhaben für das Burggymnasium, bei dem in der Mittelburg nach dem Abriss der maroden Stallungen ein neues Unterrichtsgebäude mit 18 Klassenräumen entstehen soll, sind gegenwärtig die Archäologen vor Ort. „Wir graben seit zwei Monaten. Zuerst war ich allein bei der baubegleitenden Maßnahme“, erklärt Grabungsleiterin Ulrike Trebstein. Doch als absehbar war, dass es besondere Entdeckungen geben würde, kamen vier Kollegen hinzu.
Heute können die Archäologen festhalten, dass der Bereich der Mittelburg offenbar schon ab dem 10. Jahrhundert intensiv genutzt worden ist. Das beweisen zahlreiche Befunde aus dem Mittelalter, wie Tierknochen und Reste zerbrochener Gefäße.
Dort, wo bald ein neues Schulgebäude entstehen soll, war früher eine Siedlung
Eine Siedlungsschicht geht in die Zeit der Wettiner Grafenburg im 10. Jahrhundert zurück. Die Archäologen sehen diese Siedlungsschicht im Zusammenhang mit der Nutzung des Areals als Vorgelände der Burg. Damit wird erstmals eine Vorstellung von der möglichen Größe der Stammburg der Wettiner deutlich. „Die Spanne bei den Scherben reicht von handgemachten Gefäßen mit Ritzmustern aus dem Mittelalter bis hin zu jüngeren Scherben von Gefäßen, die auf der Töpferscheibe gedreht und härter gebrannt worden sind“, erzählt Matthias Becker. Eine Scherbe ist sogar so bearbeitet, dass sie offenbar als Spielstein genutzt worden ist.
Es konnte eine alte Mauer von rund 1,60 Meter Breite nachgewiesen werden, die ein kleineres Areal als heute umschloss. An die Mauer anschließend müssen sich einst steinerne Gebäude mit Lehm-Estrich befunden haben. Teilweise konnten Überlagerungen von Mauern festgestellt werden, die alle aus Porphyr errichtet wurden und durchgehend in guter Qualität erhalten sind.
Forscher versprechen sich noch viel von den Ausgrabungen
Dabei konnten die Archäologen ausmachen, dass das Gefälle nach Süden, also Richtung Unterburg, ursprünglich sehr viel steiler war als heute. Die Fläche ist irgendwann aufgefüllt worden, im unteren Teil sogar meterdick. Die Auswertung der bisherigen Funde ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Man erwartet noch weitere Erkenntnisse von der Bau- und Nutzungsgeschichte der Mittelburg.
Auch die archäologischen Arbeiten vor Ort dauern noch an. Geplant ist die Grabung bis ins Frühjahr hinein. Dazu werden die Archäologen das Grabungsareal noch erweitern, in Richtung Zugang zur Mittelburg. Man hofft auf weitere Funde, die vielleicht einen Blick in eine noch frühere Siedlungsgeschichte geben können.
War der Burgfelsen auch schon zur Steinzeit besiedelt?
Denn bislang habe man noch nicht herausfinden können, ob es eine Besiedlung des Burgfelsens etwa zur Stein- oder Bronzezeit gab. Der Start für den Neubau des Unterrichtsgebäudes für das Burggymnasium ist auf Mai 2019 angesetzt. „Die Ausschreibung der Rohbauarbeiten ist bereits erfolgt“, sagt Hartmut Handschak, stellvertretender Landrat des Landkreises Saalekreis.
Mit den Ausgrabungen liege man im Zeitplan. Schulleiterin Almuth Roennecke hofft darauf, dass der Plan auch weiterhin eingehalten wird: „Wir fiebern alle dem Baustart entgegen“, sagt sie, denn wenn der Neubau (nach Plan 2021) bezogen wird, soll sich die Sanierung der Unterburg anschließen. Dort seien die Unterrichtsräume teilweise in einem solchen Zustand, dass dort kein moderner Unterricht möglich sei. (mz)

