Legida-Aufmarsch Schwere rechte Randale in Leipzig-Connewitz
Leipzig - Bei schweren Ausschreitungen im Umfeld des Legida-Aufmarsches ist am Montagabend der Leipziger Stadtteil Connewitz verwüstet worden. Unvermittelt sollen rund 250 Hooligans im als links geltenden Stadtteil aufgetaucht sein. Die Polizei ordnete sie der rechten Szene zu. Laut Polizei sollen sich unter Angreifern auch gewaltbereite Fans des Halleschen FC und von Lok Leipzig befunden haben.
Sie warfen Pyrotechnik, Böller und Steine. In der mehrere hundert Meter langen Wolfgang-Heinze-Straße blieb kaum ein Schaufenster ganz. Ob Szene-Kneipe, Gardinenladen oder Musikgeschäft - alle wurden sie Opfer der blinden Zerstörungswut. Gegen halb acht tobte der rechte Mob.
Die Polizei kesselte die Angreifer schließlich ein, riegelte zahlreiche Straßen ab. Wasserwerfer fuhren auf, ein Hubschrauber kreiste in der Luft. Nach und nach stellten die Ermittler die Personalien der überwiegend schwarz gekleideten Angreifer fest. Auch im Westen der Stadt, in Plagwitz, wo viele junge Familien und Studenten wohnen, randalierten Hooligans.
Die Polizei hatte sich mit einem Großaufgebot im Stadtzentrum und ausgewählten Bereichen auf eine Zuspitzung vorbereitet. Beobachter vor Ort gingen von einer Gesamteinsatzstärke von 2 500 bis 3 000 Polizisten aus. Sie kamen nicht nur aus Sachsen, sondern auch aus Bayern, Thüringen, Berlin und weiteren Bundesländern. Gepanzerte Fahrzeuge und Wasserwerfer standen zur Verfügung. Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz sprach gegenüber der MZ von verhärteten Fronten. Die Polizei müsste sich auf diese Situation einstellen und greife entschieden ein, um Schlimmeres zu verhüten. Man werde nicht Randalierern die Straße überlassen.
Der eigentliche Anlass, die von den Organisatoren groß angekündigte Kundgebung der fremdenfeindlichen Legida, blieb dagegen eindeutig unter den Erwartungen. Mehr als 1 500 Teilnehmer, angereist aus vielen Teilen Sachsens und vor allem aus Dresden, konnte die Initiative nicht aufbieten. Lange Zeit hatte es sogar so ausgesehen, als müsste die Veranstaltung mangels Interesse noch abgesagt werden. Dennoch wurde versucht, Journalisten einzuschüchtern. Sowohl die Teilnehmer als auch die Redner hatten kein einziges Argument für ihre Ausländerfeindlichkeit, außer die Forderung nach totaler Abschottung. Eine halbe Stunde nach Beginn hatten sich erst wenige Legida-Freunde eingefunden, vorwiegend ältere Menschen und teils schwer alkoholisierten Chaoten. Versuche, Unterschriften für Volksbegehren zu sammeln, fanden nur wenig Resonanz. Und das lag nicht nur am einsetzenden starken Regen. Offensichtlich berührte das Problem, dass Sporthallen zeitweise für die Flüchtlingsaufnahme genutzt werden, nicht die wie gewünscht. Die Installation einer kleinen Lichterkette misslang, weil Feuerzeuge zum Anzünden der Kerzen fehlten.
Wie Lichterkette geht, das zeigten die Teilnehmer der großen Gegendemonstration rund um den Innenstadtring. Mindestens 5.000 Menschen, darunter auffallend viele junge Leute, nahmen daran teil. Unter dem Motto „Leipzig bleibt helle“ schirmten sie das um diese Zeit verwaiste Stadtzentrum gegen Attacken von Chaoten ab. Zuvor und zeitgleich liefen acht Veranstaltungen, die sich gegen die flüchtlingsfeindlichen Forderungen und Machenschaften von Legida richteten. Viele Teilnehmer fanden sich in einem Zug wieder, der an der Nikolaikirche begann. Dort hatte Landesoberkirchenrat Peter Meis in einem Gebet mit Blick auf die Flüchtlinge das Wort geprägt: „Willkommen zu Hause“. Gleichzeitig ermunterte der Theologe dazu, es nicht beim Willkommen zu belassen, sondern alltäglich respektvoll und tolerant miteinander zu leben.
In der Thomaskirche, dem Ziel der Lichterkette, versammelten sich mehr und mehr Menschen. Pfarrerin Britta Tadikke ließ die Teilnehmer, unter ihnen Leipzig Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sowie etliche Landespolitiker, bis in den Altarraum vor. Der bündnisgrüne Landespolitiker Jürgen Kasek, der mehrfach heftigen verbalen rechten Angriffen ausgesetzt war, warb für eine vorurteilsfreie Sicht auf die Probleme mit Flüchtlingen und erteilte den engstirnigen und engherzigen Ansichten von Legida eine klare Abfuhr. Schauspieler Alexander Range vom Leipziger Opernhaus brachte es auf den Punkt: „In Leipzig steht wieder viel auf dem Spiel. Demokraten dürfen jetzt nicht müde werden, um die Feinde der Demokratie zu stoppen – immer und überall.“ (mz)