1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Mansfeld-Südharz
  6. >
  7. Dieter Bauer: Dieter Bauer: Wie ein Praktikant in die Geschichte der Archäologie eingeht

Dieter Bauer Dieter Bauer: Wie ein Praktikant in die Geschichte der Archäologie eingeht

Von Heinz Noack 22.08.2016, 17:00
Blick über das Ausgrabungsgelände der Steinrinne bei Bilzingsleben
Blick über das Ausgrabungsgelände der Steinrinne bei Bilzingsleben Noack

Bilzingsleben/Kelbra - Dem Kelbraer Dieter Bauer gelang als Archäologiestudent während eines Grabungspraktikums im Jahre 1974 in Bilzingsleben ein sensationeller Fund: Er entdeckte ein Stück Hinterhauptbein vom Urmenschen. Damit ging er in die Geschichte der Archäologie in Mitteldeutschland ein.

Dieter Bauer als Grabungshelfer auf berühmtester Ausgrabungsstätte der DDR

„Eigentlich war es ein Tag wie jeder andere“, so hat es Dieter Bauer in seinen Erinnerungen festgehalten. Im Rahmen eines Praktikums war er damals mit weiteren Archäologiestudenten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Grabungshelfer auf einer der berühmtesten Ausgrabungsstätten der DDR, der Steinrinne Bilzingsleben, eingesetzt.

Schon seit mehreren Jahren wurde hier sehr erfolgreich der Rastplatz einer Gruppe Urmenschen (Homo erectus bilzinglebensis), rund 370.000 Jahre alt, archäologisch ausgegraben. Es gab sehr viele Funde, Steinwerkzeuge, Knochen von Wildtieren und sogar Bruchstücke eines menschlichen Schädels. Die Grabung war eine Sensation und wurde von Fachleuten in der ganzen Welt verfolgt.

Wenige Wochen vor ihrem Einsatz zeigte der Grabungsleiter Dietrich Mania den Studenten in Halle während einer Vorlesung das Bruchstück des Hinterhauptbeins eines Urmenschen. Die Ausgräber hatten es bereits im Jahre 1972 geborgen, aber erst bei der Auswertung richtig zugeordnet.

Die Steinrinne bei Bilzingsleben wurde im Zeitraum 1969 bis 2003 von einem Forscherteam unter der Leitung des Archäologen Professor Dietrich Mania wissenschaftlich untersucht.

Dabei wurde der Aufenthaltsplatz einer Urmenschengruppe mit Wohnbauten, Feuerstellen und Arbeitsplätzen ausgegraben.

Nach Abschluss der Grabung wurde das gesamte Gelände in ein Museum umgewandelt. Kernstück ist der Lagerplatz der Urmenschen in einer Halle. Zahlreiche ausgestellte Funde und Infotafeln geben einen guten Überblick.

Das Museum hat von April bis Oktober dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Rund 6.000 Besucher kommen im Jahr hierher. (hno)

Die Grabungsbedingungen waren hart im Sommer des Jahres 1974. Viel Sonne sorgte für hohe Temperaturen zwischen den Travertinfelsen des ehemaligen Steinbruches. So auch am 6. August. „Wir kamen gerade alle vom Eisessen aus Kindelbrück zurück“, erinnert sich Dieter Bauer. „Dietrich Mania forderte uns auf, endlich weiterzuarbeiten. Das taten wir dann auch.“

Der Student Bauer suchte sich einen Platz am Ufer des ehemaligen Gewässers. „Diese Stelle hatte man bereits vorher ausgegraben“, berichtet er weiter. „Ich stocherte mit einer kleinen Spitzkelle im Boden und stieß dabei zufällig auf einen harten Gegenstand.“

Er war versintert. Als Bauer mit der Kellenspitze hineinpikte, erkannte er ein Knochenbruchstück: „Wie ein Blitz ging es durch meinen Kopf - das ist ein Schädelknochenstück vom Urmenschen.“ Vorsichtig klopfte er die Kalksinterschicht ab und es kam tatsächlich ein Knochenstück zum Vorschein. „Dietrich, ich glaube, ich habe ein Stück vom Urmenschenschädel gefunden“, rief er über die Grabung. Dieser drehte sich um und rief: „Hör auf zu klopfen.“

Knochenstück passt nahtlos an anderes Schädelstück

Da war es schon passiert, ein kleines Stückchen war vom Knochen abgeplatzt. Dieter Bauer hatte recht mit seiner Vermutung. Das Knochenstück entpuppte sich als ein weiteres Stück vom Hinterhauptbein und passte sogar nahtlos an das bereits bekannte.

Es bekam die Inventarnummer A 2 und wurde sicher verwahrt. Am Abend gratulierten ihm die anderen Grabungshelfer mit einer Runde Rotkäppchensekt. Dieser Tag hat sich in seinem Gedächtnis fest verankert.

Zum 40-jährigen Jubiläum fuhr er mit Freunden vom Kulturbund Kelbra nach Bilzingsleben und dort zu feiern. Dazu hatte sich Bauer an Hand von Vorlagen entsprechend gewandet und führte einen drei Meter langen Jagdspeer mit. Sein Auftritt erregte die Aufmerksamkeit der anderen Besucher. So auch wieder in diesem Jahr. Vor dem obligatorischen Elefantenblut (roter Sekt) führte Dieter Bauer auch in diesem Jahr im Urmenschen-Gewand über die ehemalige Grabungsfläche. (mz)

Dieter Bauer gelang als Archäologiestudenten im Jahre 1974 der Fund eines Schädelstückes vom Urmenschen. Seit mehreren Jahren feiert er diesen Tag mit Freunden und Bekannten in Bilzingsleben.
Dieter Bauer gelang als Archäologiestudenten im Jahre 1974 der Fund eines Schädelstückes vom Urmenschen. Seit mehreren Jahren feiert er diesen Tag mit Freunden und Bekannten in Bilzingsleben.
Noack
Diese Stele wurde 1999 an der Steinrinne aufgestellt und erinnert an den Fund des Urmenschen.
Diese Stele wurde 1999 an der Steinrinne aufgestellt und erinnert an den Fund des Urmenschen.
Noack