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Friedrich Kretschmer Friedrich Kretschmer aus Halberstadt: Deutschland letzter Kupferschmiedemeister

Von Sandra Simonsen 07.10.2017, 05:45
Kupferschmied Friedrich Kretschmer (r.) und sein Sohn Matthias haben die Kugeln für den Halberstädter Dom gefertigt.
Kupferschmied Friedrich Kretschmer (r.) und sein Sohn Matthias haben die Kugeln für den Halberstädter Dom gefertigt. Kretschmer

Halberstadt - Egal ob Kupfer, Messing oder Zinn: Friedrich Kretschmer kann jedes Metall formen, schweißen oder veredeln. Denn er gilt als der letzte Kupferschmied Deutschlands.

Bereits in dritter Generation führt er seinen Familienbetrieb in Halberstadt, wo er Kupfertöpfe und -pfannen, Gefäße für Bowlen und Fondue, Kaminhauben, Kirchturmkugeln, Wetterfahnen und anderes fertigstellt. In mühsamer Handarbeit biegt, dengelt, treibt, verschweißt und hämmert er aus Kupferblechen hochwertige Töpfe, die er mit Zinn versiegelt, damit sie beim Kochen keine giftigen Stoffe freisetzen.

Familienbetrieb in dritter Generation

Und: „Es gibt nichts, was ich nicht reparieren kann“, betont Kretschmer, „nichts, was in dieser Welt nicht möglich ist.“ Zu dieser selbstbewussten Aussage kommt der 73-Jährige durch jahrelange Berufserfahrung. 1958 begann er die Lehre zum Kupferschmied im väterlichen Betrieb. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte produzierte der Familienbetrieb große Behälter für Lebensmittel, Kupferrohrleitungen für das Elmo in Wernigerode und die Harzer Werke Thale sowie Zylinderkopfdichtungen für Schiffsdieselmotoren - später sogar Wärmetauscher für das Atomkraftwerk Lubmin bei Greifswald.

Ende der 1980er Jahre baute Kretschmer zusätzlich eine eigene Werkstatt auf, die Raum- und Tafelschmuck herstellte, bald auch Zinngeschirr. Zu seinen Kunden zählten in dieser Zeit auch Bundesministerien.

Kirchturmkugeln sind sein ganzer Stolz

Besonders stolz ist Kretschmer auf seine Kirchturmkugeln: 1958 war er schon dabei, als die neue Kugel für den Turm der Martinikirche gefertigt wurde - 2011 übernahm er schließlich auch die Erneuerung. Ein besonders bewegender Moment sei es gewesen, die Dokumentenhülse zu öffnen und die ganzen Erinnerungsstücke von 1958 zu finden. 2010 schenkte er auch dem Dom acht kleine und eine große Kupferkugel, die er gemeinsam mit seinem Sohn Matthias Kretschmer aus Kupferblech fertigte.

„Mein Beruf ist einfach einmalig und faszinierend“, meint Kretschmer, „aber man muss dazu geboren sein.“ Besonders berührt hat ihn ein Mann, der mit einem alten Wasserkessel zu ihm kam. Der Kessel war rund 125 Jahre alt, sein Kunde hatte ihn in einem Straßengraben in Bremen gefunden. „Als ich den Kessel repariert und poliert hatte, hat er geweint“, erinnert sich Kretschmer.

Sohn Matthias will Arbeit seines Vaters fortsetzen

Seine Kunden kommen aus aller Welt: Zuletzt hat er drei Deckel für Bräter aus Kasachstan gefertigt. „Ich habe wirklich so viel zu tun, dass ich die nächsten 65 Jahre noch arbeiten könnte“, erzählt Kretschmer stolz.

Doch vielleicht könne sein Sohn vorher in seine Fußstapfen treten - auch, wenn er den Beruf des Kupferschmieds nicht mehr offiziell lernen konnte, so ist er als Installateur und Heizungsmonteur mit eigener Firma dennoch fest im Handwerk verankert. Am Dachreiter und den Kugeln der Martinikirche hat der 42-Jährige bereits mitgearbeitet und traut sich durchaus zu, die Arbeit seines Vaters einmal fortzusetzen. (mz)