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Fürst-Franz-Gedächtnis-Schleppjagd Fürst-Franz-Gedächtnis-Schleppjagd: Hörnerklang auf den Elbwiesen

Von Andreas Hillger 26.10.2003, 18:12

Wörlitz/MZ. - Den berühmten Chor aus dem "Freischütz" bleiben die Bläser vom Ensemble "Trompes de la Bruyère" an diesem Morgen zwar schuldig, der rauhe Ton ihrer Hörner aber weckt dennoch den Widerhall: "Was gleicht wohl auf Erden / dem Jägervergnügen...". Der Geruch von Erntefeuern liegt in der kalten feuchten Luft über dem Wörlitzer Sportplatz, in den Klang mischt sich das Wiehern der Pferde und das Gebell der Hunde vor der Kulisse der Rousseau-Insel.

Zurück zur Natur? So mag es der Philosoph vielleicht nicht gemeint haben, aber so hat es der Anhaltische Reit- und Fahrverein verstanden. Erstmals soll im Namen des Fürsten Franz eine Schleppjagd über die Wiesen und durch die Wälder des Gartenreiches führen. Und wer noch Zweifel an der Berechtigung einer solchen Unternehmung hegt, wird von Holger Johannes historisch belehrt: Immerhin sei der Dessauer Fürst der Aufklärung am Anfang des 19. Jahrhunderts einer der besten Parforce-Jäger Europas gewesen, erklärt der Besitzer des Wörlitzer Reiterhofes, dessen Kutschen und Kremser die Jagdgesellschaft begleiten. Camill von Dungern sagt es knapper: "Haben Sie so viel Freude wie die Hunde."

Zwei Stunden später wissen auch die Zaungäste, was der Master der Niedersachsenmeute gemeint hat. Auf einer Lichtung, wo die erhitzten Pferde unter ihren Decken verschnaufen und die Reiter bei Glühwein und Erbsensuppe fachsimpeln, bietet sich ein idyllisches Bild: Am Fuße einer knorrigen Eiche ziehen die Beagles aufgeregt ihre Kreise, während ihr Herr hoch zu Ross den Überblick wahrt. Das scheint eher ein Motiv für Landschaftsmaler als für Fotografen zu sein - und ist vom aristokratischen Vergnügen doch weit entfernt.

Genau auf diese Popularisierung hofft Thomas Weiss, der Direktor der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, für die Zukunft. Zwar stamme der Großteil der Reiter beim Debüt noch aus dem benachbarten Niedersachsen, doch wisse man inzwischen auch von einer Schleppjagd-Vereinigung im Geiseltal. Nach der hoch willkommenen Schützenhilfe durch die erfahrene Meute könnte man vielleicht schon im kommenden Jahr mit diesen sachsen-anhaltischen Jägern zusammenarbeiten. Und seine Mitarbeiterin Ina Grünberg, die ihr Pferd in diesem Moment zum Saum des Waldes galoppieren lässt, wird wohl auch dann wieder mit von der Partie sein.

Weiss hingegen wählt, wie die meisten Zuschauer, den durchaus erschwinglichen Platz auf einer Kutsche. Der bietet nicht nur die Gelegenheit, das Überflutungsgebiet der Elbe in geruhsamer, wenngleich holpriger Fahrt zu durchqueren - sondern auch den Vorteil, bereits vor der eigentlichen Jagdgesellschaft am Ziel zu sein. Direkt an der Straße von den Wörlitzer Anlagen zum Coswiger Fährhaus wartet ein gestürzter Baumstamm dort auf die Jäger, die sich am Horizont zur letzten Strecke sammeln.

Dann kommt zuerst der Schleppenleger, gefolgt von den hechelnden Hunden - und von mehr als 70 Reitern, die das Hindernis in dichter Folge meistern. Während die Beagles später Rinderpansen als Belohnung hinunterschlingen und die Jäger Eichenlaub als symbolische Trophäe in Empfang nehmen, gibt es das schönste Lob von den Gästen: In so einer wunderbaren Landschaft, sagt einer der erfahrensten Jäger, sei er noch nie geritten. Und auch wenn die Hörner jetzt das Signal "Adieu le Maitre" blasen - es ist wohl nur ein Abschied auf Zeit.