Domino Domino: Ohne Wackler zum Rekord
Halle/MZ. - Das schafft Ralf Laue nie im Leben. 76 Dominosteine in einer Minute in so geringem Abstand zueinander aufzustellen, dass sie sich danach dominomäßig umschubsen lassen. Man muss kein Rechengenie sein, um blitzschnell zu erfassen, dass dem Leipziger nicht mal eine Sekunde Zeit bleibt für einen Stein. "Etwa 0,8 Sekunden", wiegt der Informatiker mit Doktortitel den Kopf, um gleich darauf zu präzisieren. "Ganz genau 60 / 76 Sekunden, würde der Mathematiker wohl sagen", schmunzelt der der 42-Jährige, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Angewandte Telematik / e-Business an der Leipziger Uni sein Geld verdient.
"Es wird nicht leicht werden, den bestehenden Weltrekord zu knacken. Zumal mir zum Üben nur noch knapp eine Woche Zeit bleibt", gesteht der diplomierte Mathematiker. Aber der Vater zweier kleiner Töchter ist ehrgeizig. Er möchte auf der "modell-hobby-spiel", die vom 1. bis 3. Oktober in Leipzig stattfindet, einen neuen Domino-Weltrekord aufstellen. Damit würde Ralf Laue dann mit einem weiteren Rekord im Guinnessbuch stehen. 18 Mal ist ihm das bisher mit anderen Disziplinen gelungen. Somit ist der 1,95 Meter-Mann der Deutsche mit den meisten Guinnessbuch-Einträgen.
Bestmarken aufzustellen ist nur eine Art Nebenprodukt seines eigentlichen Hobbys, sagt Laue. In erster Linie sammelt er Statistiken. Vor 30 Jahren hat er damit angefangen. Mittlerweile füllen unzählige Ordner und etwa 300 Rekordbücher zwei Schränke daheim in seinem Arbeitszimmer. Und auch die Festplatte seines PC ist rappelvoll. Keine Privatperson in Deutschland hat eine größere Rekordsammlung. Manche Statistik regte den Leipziger an, das eine oder andere selbst mal auszuprobieren. Auf dem Weg zum Erfolg nütze ihm häufig die Mathematik, sagt Laue. "Mathematiker streben immer nach Lösung und suchen dabei nach dem elegantesten und effektivsten Weg."
Viele attestierte, teils kuriose Weltbestleistungen hat der Doktor auf seiner Haben-Seite. So kann niemand rund um den Globus 1 000 Briefe schneller als in 29,03 Minuten öffnen. Laues 37,42 Meter langes und aus 272 Motiven bestehendes Bilderrätsel führt die Rekordliste an. Sein Silbenrätsel mit 444 Suchbegriffen und 1 270 Silben gilt als das größte der Welt. Ebenso seine Webseite, die unfassbare 563,62 Kilometer lang ist. Und ein neuer Weltmeister ist ebenfalls noch nicht gefunden für das Eierkuchenwenden. In zwei Minuten schaffte es der Universitätsmitarbeiter, der mit zahlreichen Rekordjägern korrespondiert, das Teigrund 416 Mal umzudrehen. "Das war ganz schön anstrengend und danach tat mir der Arm ordentlich weh", erinnert sich Ralf Laue, dessen Eltern ebenfalls Mathematiker sind. Und spitzbübisch merkt er an, dass ein paar Jahre nach diesem Erfolg ein Mathematik-Professor sogar eine Formel für das optimale Eierkuchenwenden entwickelt hat. Und Ralf Laue nennt noch eine weitere Spitzenleistung: Bei seinem allerersten Guinness-Rekord schaffte es der diplomierte Mathematiker, 326 Spielkarten so in seiner Hand aufzufächern, dass von allen die Farbe und auch der Wert zu sehen waren. "Die Bestmarke steht seit 1994", weiß der Marathonläufer und kommt noch einmal auf seinen aktuellen Rekordversuch mit den Dominosteinen zu sprechen.
"Bevor ich Anfang des Jahres den Machern der Leipziger Spielemesse meinen Vorschlag unterbreitete, dass ich die Bestmarke beim Aufstellen der Steine brechen will, stand der Rekord noch bei 53 Steinen. Aufgestellt im März diesen Jahres vom Briten Gail Buckley. Vor einem Monat hat Buckleys Landsmann Gemma Hansen nachgelegt - auf unglaubliche 75 Steine. Das wird eine harte Nuss", konstatiert Ralf Laue. Während er in seinem Kakao rührt, gesteht er, dass ihm eigentlich die Wettbewerbe, die etwas mit Gedächtnis oder mit Schnellrechnen zu tun haben, die liebsten sind. Und auch da kann der Initiator der Weltmeisterschaft im Kopfrechnen, die seit vier Jahren in Deutschland stattfindet und letztlich erst in Magdeburg ausgetragen wurde, brillieren. Beispielsweise verfügt der gelegentliche Kartenspieler über ein beneidenswertes Kalendergedächtnis. So schaffte es Laue vor 16 Jahren, innerhalb von 222 Sekunden, für 20 zufällig bestimmte Kalenderdaten die richtigen Wochentage zu bestimmen. Heute steht die Bestmarke, gehalten von dem Deutschen Matthias Kesselschläger, bei 214 Sekunden.
Stachelt das Ralf Laue, der schon in 50 Fernsehshows aufgetreten ist, denn nicht zu einer Revanche an? "Eher nicht", sagt das Mathematik-Genie gelassen. "Ich weiß, dass ich es kann. Das genügt mir. Ich bin kein Rekordjäger", sagt der 42-Jährige, der auch Autor des Buchs "Weltrekorde kurios" ist, gelegentlich Rekord-Wettbewerbe organisiert, als Juror arbeitet und manches Regelwerk aufstellt.
"Es ist schon toll, mit welchen spannenden Sachen sich die Leute so beschäftigen. Die einen machen Marathonlauf auf Stelzen oder fahren rückwärts Rad. Andere versammeln sich zum größten Luftgitarren-Orchester oder schmeißen mit CDs. In Neuseeland versuchten Schüler im letzten Jahr ein Auto zu bauen, das mit dem Antrieb eines Ballons eine bestimmte Strecke fahren sollte. Leider ist dieser Versuch gescheitert", bedauert Ralf Laue. Aber sein Rekordversuch am 1. Oktober, das hofft der Leipziger, wird klappen. Mit genügend Konzentration und hoffentlich ohne einen Wackler, sagt der 42-Jährige lächelnd, kann er 76 Dominosteine schaffen.