Pferdesport Pferdesport: Zu Gast bei Freunden

Bergisdorf - Mühevoll quält er sich über den Rasen und versucht zu seinem Pferd zu gelangen. Gar nicht so einfach, denn Vaclav Junior Smatolah ist zur Zeitz auf einen Rollstuhl angewiesen. „Ich hatte einen schwerer Motorrad-Unfall mit meinem Vater. Das rechte Bein ist dreifach gebrochen und nun habe ich eine Metallschiene da drin mit zig Schrauben. Laufen ist nahezu unmöglich, aber irgendwann wird das wieder“, erklärt der 16-jährige Tscheche und zeigt seine Narbe, die sich über das ganze Bein erstreckt. Normalerweise würde er auf sein Vollblut-Pferd Rusalka steigen und im Springen zeigen, was er drauf hat. „Dieses Mal muss dann meine Schwester mein Pferd reiten. Ich kann ja nicht“, sagt er traurig. Doch auch bei seiner Schwester Alena Hladikova ist das Tier in guten Händen. Schließlich ist sie mehrfache Tschechische Meisterin im Springreiten.
Seit inzwischen dreizehn Jahren kommt die Familie aus Horice zum Bergisdorfer Reitturnier, genießt die Atmosphäre und mag die Gastfreundschaft. Dabei begann das alles schon vor vielen vielen Jahren, wie Vaclav Smatolah sen. erklärt. Ernst Ebenhoch, Chef des Reit- und Fahrvereins Zeitz, fuhr zur Jagd zu Familie Smatolah, knüpfte erste Kontakt und nahm irgendwann auch Uwe Graupner mit. Dieser lebte sogar über fünf Jahre in Tschechien und betrieb einen Pferdehof in Horice.
„Über die Jahre ist eine herzliche Freundschaft entstanden und die pflegen wir. Besuche stehen mehrmals an, aber das Reitturnier ist immer ein Höhepunkt“, so Graupner. Die Familie kommt natürlich nicht nur nach Deutschland, um Freunde zu treffen. Sie wollen selbstverständlich auch zeigen, was sie im Springreiten drauf haben. Alena Hladikova ist vor ihrem L-Springen sichtlich nervös und zuppelt immer und immer wieder an ihrer roten Jacke herum. „Die Weste muss noch darüber“, erklärt ihr Vater die Situation. Uwe Graupner fügt hinzu, dass die Reitwesten in Tschechien Pflicht sind: „Wer keine trägt, darf nicht Springen.“ Gegen 15 Uhr darf sie auf den Platz. Sie meistert den Parcours ohne Fehler, landet zunächst auf Rang sieben. Doch insgesamt springen noch weitere 29 Reiter die Prüfung der Klasse L Alena Hladikova ist dennoch sehr zufrieden, weil sie keine Abwürfe hatte.
Der Familie ist es immer wichtig, nach Bergisdorf zu kommen. Nicht nur, weil ihre Pferde dadurch eine enorme Wertsteigerung erfahren, wenn sie bei deutschen Turnieren mitreiten, sondern viel mehr und vor allem, weil sie hier immer auf gute Freunde treffen. Sie mögen das deutsche Flair und das deutsche Bier und obwohl sie sich oft nur mit Händen und Füßen verständigen können, fühlen sie sich hier wie zu Hause. Schon jetzt versichern sie, dass sie auch die nächsten Jahre wieder mit dabei sein werden.
Für Sabine Scheller vom gastgebenden Reitverein war das 44. Bergisdorfer Turnier der Wiedereinstieg in das Springreiten. Nach ihrer Babypause trat sie in der Klasse L erstmals wieder an. Ihr 17 Jahre altes Sportpferd Losander meisterte den Springparcours sehr gut. „Die Fehler gehen ganz klar auf meine Kappe. Allesamt Reiterfehler. Losander hat alles gut gemacht. Ich bin dennoch zufrieden - trotz der drei Abwürfe“, erklärt die junge Frau und ist gespannt, wie es weitergeht. Bereits am Samstagvormittag trat sie mit Elton bei der Dressurprüfung Klasse L an. Auch hier zeigte sie sich mit der Leistung zufrieden. „Das war ein guter Anfang nach meinen Zwillingen, die inzwischen acht Monate alt sind“, sagt Sabine Scheller.
Nachdem es beim Reitturnier im vergangenen Jahr zu einem unwetterartigen Regenguss kam, musste die Veranstaltung abgebrochen werden. Für Yvonne Pioch, zweite Vorsitzende im Reit- und Fahrverein, war es die größte Sorge, dass es erneut zu so einer Katastrophe kommt. „Aber der Wettergott hat es diesmal besser mit uns gemeint. Ein paar Tropfen gab es zwar, aber abrechen mussten wir nicht“, zeigt sich Pioch erleichtert. (mz)