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Baugenehmigungen Baugenehmigungen: Abriss auf der Grenze

Von HENDRIK KRANERT-RYDZY 03.11.2010, 21:36

MAGDEBURG/MZ. - In Sachsen-Anhalt werdenBaugenehmigungen erteilt, die zum Teil auffalschen Grundstücksgrenzen basieren. DerGrund: Die digitale Katasterkarte ist fehlerhaft.In den Lageplänen kommt es zum Teil zu erheblichenAbweichungen zu den tatsächlichen Grundstücksgrenzen.Besonders für Bauwillige kann dies zum Problemwerden, denn das zuständige Landesamt fürVermessung und Geoinformation teilt dies denNutzern der Karten nicht ausdrücklich mit.

Gleichzeitig regelt eine Verordnung des Landesaber, dass die Baubehörden die digitalen Katasterauszügeohne weitere Nachprüfung als rechtsverbindlichanerkennen sollen. In der Regel weisen dieseBehörden ebenfalls nicht darauf hin, dassdie Karten fehlerhaft sein können. Wird diesspäter entdeckt, sind die Baubehörden berechtigt,die Genehmigungen zu widerrufen, selbst dann,wenn das Gebäude bereits errichtet ist. DenBauherren drohen nicht nur zusätzliche Kosten,sondern sogar der Abriss. Der Präsident desLandesamtes für Vermessung und Geoinformation,Klaus Kummer, bestreitet indes grundsätzlich,dass die digitalisierten Katasterkarten fehlerhaftsind. "Wenn es Fehler gibt, dann sind dasEinzelfälle", so Kummer.

Der Bundesverband der Vermessungstechnikerund die Ingenieurkammer des Landes widersprechendieser Darstellung. "Das sind keine Einzelfälle",sagte Verbandschef Jörg Herrmann. Und auchder Vorsitzende des Ausschusses für Landesentwicklungund Verkehr im Landtag, Thomas Felke (SPD),sieht "zum Teil erhebliche Abweichungen" indem Kartenwerk. Der Grund sei, so Herrmann,dass Sachsen-Anhalt bei der Digitalisierungseiner Katasterpläne auf Schnelligkeit stattauf Genauigkeit gesetzt habe. Während etwaNiedersachsen alte und möglicherweise fehlerhafteUnterlagen vor der Digitalisierung überprüfenließ, seien in Sachsen-Anhalt zum Teil ausder Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Unterlagenohne Überprüfung digitalisiert worden. "Hiersind Unsummen in bunte Bildchen geflossen,ohne dass ein Mehrwert erkennbar ist", sagteHerrmann. Seinen Schätzungen zufolge habedas Land 60 bis 70 Millionen Euro in die Digitalisierunginvestiert.

Während das Landesamt auf seiner Internetseitemit "rechtssicheren Geobasisinformationen"wirbt, enthalten herausgegebene Karten hingegenim Kleingedruckten eine Haftungsausschluss-Klausel.Darin heißt es, dass die Darstellungen inder Karte nicht mit den tatsächlichen Liegenschaftsgrenzenvor Ort übereinstimmen müssen.

"Damit lässt man Bauwillige ins offene Messerrennen", so Herrmann, zumal für Baubehördenkeine Aufklärungspflicht bestehe. Auf Druckder Ingenieurskammer hat der Landtag inzwischeneine Änderung der Bauvorlagen-Verordnung angeschoben."Wir brauchen Rechtssicherheit, damit es nichtzu Nachbarschaftsstreitigkeiten oder im schlimmstenFall gar zum Abriss kommt", so Felke. Im Bauministeriumwird die Verordnung derzeit überprüft. "DasProblem ist erkannt, an einer Lösung wirdgearbeitet", erklärte Sprecher Harald Kreibich.