Bauer im Saalekreis Bauer im Saalekreis: Gute Ernte beim Hopfenbauer in Beesenstedt

Beesenstedt - 24 Stunden, sieben Tage die Woche: Die Hopfenernte bei den Landwirten Karin und Georg Hirschberger ist ein wahrer Kraftakt. Ohne Unterlass pendelt ein Traktor zwischen Hof und Feld. Das vor dem Fahrzeug montierte Reißgerät schneidet die sieben Meter hohen Reben mit einer Leichtigkeit als wären es Schnittblumen. Etwa 4.000 Reben stehen auf einem Hektar, die Hirschberges haben 60. „Etwa drei Wochen benötigen wir in der Regel für die Ernte“, sagt Georg Hirschberger. Hirschberger ist mit der diesjährigen Ernte zufrieden. Die Qualität sei gut. Und mindestens genauso wichtig. „Die Preise sind wieder gestiegen“, sagt der Landwirt aus Beesenstedt, einem kleinen Dorf im Saalekreis.
Der Bierdurst der Deutschen lässt nach: Immer mehr junge Menschen trinken lieber Mineralwasser, gesunde Säfte oder aufputschende Energy-Drinks. Lag der Pro-Kopf-Konsum im Jahr 2000 noch bei knapp 126 Litern, waren es im vergangenen Jahr nur noch 107 Liter. Dies wirkt sich auf den Absatz aus. Im Jahr 2013 setzten die in Deutschland ansässigen Brauereien insgesamt rund 94,6 Millionen Hektoliter Bier ab. Das war die niedrigste Menge seit der Wiedervereinigung.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, sank der Bierabsatz gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozent. Weltweit gibt es eine gegenläufige Entwicklung. Vor allem in Südamerika, Afrika und Asien steigen die Absatzzahlen sprunghaft. Mittlerweile summiert sich der weltweite Bierausstoß auf knapp zwei Milliarden Hektoliter. Vor zehn Jahren waren es lediglich 1,5 Milliarden Hektoliter.
Deutschland ist gemeinsam mit der USA der größte Hopfenproduzent der Welt. 1.200 Hopfenbaubetriebe produzieren in diesem Jahr etwa 35.000 Tonnen Hopfen. Die Durchschnittsgröße der Betriebe beträgt 14 Hektar. Erst der Hopfen gibt dem Bier den charakteristischen Geschmack. Nach dem Reinhaltsgebot von 1516, das noch heute in Deutschland gültig ist, darf zur Herstellung von Bier nur Malz, Hefe, Wasser und Hopfen verwendet werden. (sth)
Obwohl der Bierdurst der Deutschen abnimmt, machen die Hirschbergers und die anderen deutschen Hopfenbauern derzeit wieder gute Geschäfte. Denn steigende Nachfrage kommt von den zahlreichen, neuen Spezialbierbrauern aus den USA und durch den zunehmenden Bierkonsum in China und Südamerika. Deutschland ist auch beim Hopfen Exportweltmeister. In diesem Jahr werden nach Schätzungen des Verbandes deutscher Hopfenpflanzer etwa 35 000 Tonnen Hopfen geerntet. Damit ist Deutschland neben den USA der größte Hopfenproduzent der Welt. „80 Prozent der Ernte werden ins Ausland verkauft“, sagt Geschäftsführer Otmar Weingarten. Das mit weitem Abstand größte deutsche Anbaugebiet ist die bayerische Hallertau südlich von Ingolstadt, es folgt das Elbe-Saale-Gebiet.
Schwieriger Start 1992
Hirschberger stammt aus der Hallertau. Doch als jüngster Sohn eines Hopfenbauers suchte er nach der Deutschen Einheit in Ostdeutschland eine berufliche Zukunft. Er schaute sich verschiedene Betriebe an. „Als ich 1992 mit der Fähre bei Wettin über die Saale fuhr, war ich von der Landschaft begeistert“, sagt der Landwirt. Mit 60 Hektar gehört sein Hof zu den größten Einzelbetrieben Deutschlands. Nach Worten von Hirschberger waren die Anfangsjahre alles andere als einfach. Der Hopfenanbau ist aufwendig und teuer. Etwa 160 Betonmasten stehen auf einem Hektar, ein Netz aus Querseilen und Längsdrähten ist im Boden verankert. „Anfang Mai wird die Hopfenpflanze per Hand an den Drähten befestigt“, erklärt er. Nach 70 Tagen hat die Pflanze bereits die Gerüsthöhe von sieben Metern erreicht. „Das heißt, sie wächst durchschnittlich zehn Zentimeter am Tag.“ Während des Wachstums müsse jede Rebe beschnitten und Schädlinge bekämpft werden. „Der Anbau ist sehr arbeitsintensiv“ sagt der Landwirt. Allein zur Ernte beschäftigt er 13 Saisonkräfte. Um die Erträge zu sichern, hat Hirschberger auch eine künstliche Bewässerung anlegen lassen. Sei die Ernte schlecht oder die Preise niedrig, lohne sich der Aufwand allerdings kaum.
Was ein Craft-Bier ist und warum es die zehn- bis zwanzigfache Menge Hopfen braucht, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Viele Betriebe im Elbe-Saale-Gebiet haben daher vor allem in den 90er Jahren aufgegeben. Nach Angaben von Emil Berthold, Vorstand des Hopfenpflanzerverbandes Elbe-Saale, ging die Anbaufläche von 2.100 auf aktuell 1.285 Hektar zurück - davon 563 Hektar in Sachsen-Anhalt. Inzwischen habe sich die Lage allerdings stabilisiert. „Wir verzeichnen sogar einen kleinen Zuwachs“, so Berthold.
Eine wichtige Ursache für den Aufschwung stellt Hirschberger auf seinen großen Holz-Küchentisch: „Dies ist ein Craft-Bier, 15 Euro habe ich dafür bezahlt.“ Die neue „Bierblüte“ kommt aus den USA. Dort entstanden in den vergangenen Jahren Hunderte von Kleinstbrauereien, die unabhängig von Konzernen auf traditionelle Weise Bier brauen.
Die Craft-Biere sind nach Worten von Hirschberger stark hopfenbetont und oftmals mit fruchtigem Stil. Während für 100 Liter Bier durchschnittlich 100 Gramm Hopfen eingesetzt werde, sei es bei den Craft-Bier-Brauern mitunter das zehn- bis zwanzigfache. Daher benötigen sie viel mehr Hopfen. Dies führt laut Hirschberger zu einem unverwechselbaren Geschmack: „Während selbst Profis die Konzernbiere geschmacklich kaum mehr unterscheiden können, besitzen die Craft-Biere eine starke, individuelle Note.“ Die vergleichsweise teuren Biere würden daher in den USA auch weniger mit herkömmlichen Bieren, sondern eher mit Weinen konkurrieren. Hirschberger rechnet damit, dass der Trend auch auf andere Länder überschwappt.
Verarbeitung vor Ort nötig
Nach Angaben des Bart-Berichts, den der weltgrößte Hopfenhändler Barth-Haas aus Nürnberg veröffentlicht, sind feine Aromasorten rund um den Erdball bereits ausverkauft. Dies wirkt sich am Ende auch auf Hirschbergers Geschäft aus. Die Preise liegen derzeit bei 4,50 bis fünf Euro je Kilogramm und der Landwirt hat einen großen Teil der Ernte für die nächsten vier Jahre bereits verkauft. Während Hirschberger wegen einer unsicheren Absatzsituation in diesem Jahr nur auf 40 Hektar Hopfen angebaut hat, werden es im kommenden Jahr wieder 60 Hektar sein. In einem durchschnittlichen Jahr erntet Hirschberger so etwa 150 Tonnen Hopfen.
Furcht, dass durch die anziehende Nachfrage auch der Hopfen-Anbau schnell ausgeweitet wird, hat der Landwirt nicht. Die Investitionen sind immens. Denn nicht nur der Anbau ist aufwendig, im Hof von Hirschberger befindet sich auch eine kleine industrielle Verarbeitung. Nachdem die Reben geerntet sind, werden die Dolden maschinell über ein Band entfernt. Anschließend kommen sie in einen großen Trockner, der den Wassergehalt der Blüten auf acht bis zehn Prozent reduziert. „Der Dolden kann dabei schnell unbeabsichtigt übertrocknen“, so der Landwirt. Für die Arbeit sei viel Erfahrung nötig. Anschließend wird der Hopfen in etwa 60 Kilogramm schwere Pakete verpackt.
Hirschberger ist mit der Entwicklung seines Betriebes zufrieden. Seit Anfang der 90er Jahre wohnt er mit seiner Familie in einer ausgebauten Wohnung direkt am Hopfenlager. Demnächst wollen sie jedoch in ein neu gebautes Haus umziehen. In Beesenstedt an der Saale hat der Bayer eine zweite Heimat gefunden. (mz)
