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ARD-Sendung in Halle ARD-Sendung in Halle: Das Zentrum der guten Laune

Von Alexander Schierholz 28.01.2007, 19:39

Halle/MZ. - Gut ein Dutzend Stars in einer Sendung - das ist, man muss es wohl so sagen, ein Ereignis. Halle, Messe-Arena, Sonnabend gegen 19 Uhr: Unablässig strömen Menschen ins Foyer, die Älteren sind eindeutig in der Mehrheit. Das Publikum hat sich fein gemacht für seine Idole: Florian Silbereisen, Moderator des "Winterfests der Volksmusik", Deutschlands jüngster Showmaster. Schlagersängerin Michelle. Die Schürzenjäger. Gitti & Erika. Achim Mentzel. André Rieu. Und und und. Die Zuschauer haben sich lange vorher um Karten bemüht - die Show ist schon seit Wochen ausverkauft.

Gewaltiger Ansturm

"Volksmusik boomt immer", sagt Volker Geist. Der 27-Jährige ist als Produktionsleiter beim MDR verantwortlich für die "Feste der Volksmusik". In diesem Jahr wird er noch in Riesa, Magdeburg und Chemnitz sein. Der Ansturm auf die Karten ist jedes Mal ebenso gewaltig wie die Zahl der Fans vor den Bildschirmen: Stets schauen um die sieben Millionen zu, in Halle sind es exakt 7,43 Millionen. Gut 2 000 Menschen erleben den Abend live in der Messehalle.

Dort sind sie um kurz vor 20 Uhr beim so genannten "Warming up" angekommen: Ein Moderator mit ähnlich langer Mähne wie Florian Silbereisen, bloß nicht so blond, erklärt, wann das Publikum klatschen, johlen oder mitsingen soll. Während der letzten Minuten der Tagesschau öffnet sich der rote Vorhang und gibt den Blick frei auf eine Postkarten-Winter-Kulisse: Jede Menge Watteschnee, ein zugefrorener Teich, über den eine Brücke führt. Ein romantisches Abziehbild.

Drei Stunden "Winterfest der Volksmusik" - drei Stunden heile Welt? "Das kann man so sehen", sagt Julio Mendivil. Der 43-jährige Musikwissenschaftler aus Köln beschäftigt sich beruflich mit der Frage, was viele Menschen so anzieht am volkstümlichen Schlager. Er hat eine Dissertation darüber geschrieben. Fragt man ihn nach Ergebnissen, spricht er von einer "Rebellion der Konservativen".

Das sitzt. Rebellion? Bei Silbereisen, den Schürzenjägern und Co.? "Für viele Fans ist dieses Genre Ausdruck ihres Protestes gegen eine Welt, die sich ständig verändert, und zwar auf eine Art und Weise, die ihnen nicht gefällt", erklärt der gebürtige Peruaner. Häufig sei das Publikum tatsächlich konservativ, "weniger im politischen Sinne, sondern kulturell". Kennzeichnend für viele sei der "Rückzug ins Private".

Naja, nicht immer. Carola Regner, Kathrin Pritzl, Leni Neubauer, Sabine Hauner und Thomas Hangkofer haben sich nicht zurückgezogen. Sie sind extra nach Halle gefahren. Aus Regensburg. Rund 350 Kilometer. Das ist Ehrensache. Sie kommen von einem Schürzenjäger-Fanclub, und für ihre Idole ist es die Abschiedstour. Was machen die Fans danach? "Weiterfeiern", ruft Hangkofer. "Weinen", sagt Regner. "Und hoffen, dass sie nochmal wiederkommen", meint Pritzl.

Auch Roswitha Förster und Charlotte Krügel aus Merseburg freuen sich auf die Schürzenjäger. Frau Krügel hat sogar ein Dirndl angezogen. Ihre Freundin hat die Karten von ihrer Tochter geschenkt bekommen. Gibt es denn auch jemanden, den sie im Star-Aufgebot nicht so mögen? "Michelle", antwortet Roswitha Förster, "die kann doch nicht singen."

Aber springen. Von der Skisprungschanze, die in der Halle aufgebaut ist. Zum ersten Mal in einer deutschen TV-Show. Im Wettkampf der springenden Interpreten hat Michelle in der öffentlichen Generalprobe in der Gunst des Publikums noch vorn gelegen. Jetzt, es ist kurz nach 22 Uhr, Florian Silbereisen hat fast eine halbe Stunde überzogen und wird gleich an die Tagesthemen abgeben - jetzt also hat Achim Mentzel nach Meinung der johlenden Zuschauer die Schanze am besten genommen.

Wie bei Heavy Metal

Schlagerstars auf einer Sprungschanze. Wie sagt Musikwissenschaftler Mendivil: "Auf der Bühne wird Theater gespielt. Das ist bei Volksmusik nicht anders als bei Heavy Metal." Wenn das der Florian Silbereisen hören könnte...