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«Alte Säcke» greifen zur Schubkarre

Von Matthias Scheffler 28.05.2006, 17:37

Waldau/MZ. - Die "alten Säcke" müssen noch einmal ran. Die Bemerkung war keinesfalls abfällig gemeint, denn den Namen haben sich die dienstältesten Brandhelfer nämlich selbst verliehen. Lothar Winkler, Harald Bornschein, Ullrich Weine und Edgar Pfaffendorf bringen es auf stolze 50 Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr (FFw) Waldau / Haardorf. Nicht etwa zusammengerechnet, sondern jeder für sich. Anlässlich der 140-Jahr-Feier dieser Feuerwehr bewiesen sie bei einem fingierten Löschangriff nochmals ihr ganzes Können.

Aus einem Lautsprecher drang das Kommando "Löschbereitschaft herstellen!". Daraufhin musste ein Miniatur-Löscheimer mit Schnaps eiligst geleert werden und ein alter Schutzhelm sollte auf den Kopf. Die Übung wurde mit einer Schubkarre gefahren, in der die altehrwürdigen Männer ausgesprochen locker Platz nahmen. In beiden Händen hielten sie die kleinen Eimer, in denen jetzt echtes Wasser schwappte.

Am Ende des Parcours sollte davon möglichst viel übrig bleiben. Was nicht ganz einfach ist, wenn vorher die Schubkarre über eine Wippe, durch einen kurzen Slalom, über eine holprige Schwelle und unter einem brusthoch gespannten Wasserschlauch geschoben wird. "Das war ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen", meinte Lothar Winkler schmunzelnd und streifte sich den Helm vom Kopf. Die Jury kürte den Längsten der vier Jubilare zum knappen Sieger.

Weniger beschwingt, sondern phasenweise recht ernst begann die Feier der Feuerwehr. Die Festredner erinnerten an die Episode des plötzlichen Urkundenfundes, der das Gründungsjahr der Waldauer Wehr innerhalb weniger Momente von 1933 in das Jahr 1866 zurückdatierte. Sie lobten den bisherigen Gemeinschaftssinn, den es zu bewahren gelte und verwiesen auf die kulturelle Verflechtung, die zwischen dem Alltag im Dorfe und den Männern und Frauen in den dunkelblauen Uniformen bestehe.

Dabei sehen sich gerade die Feuerwehren kleinerer Gemeinden im Burgenlandkreis aktuell einigen Problemen gegenüber. Denn längst ist nicht mehr unumstritten, ob Ortschaften mit mehr als 200 Einwohnern generell eine eigene Feuerwehr stellen müssen. Solchen Überlegungen erteilte Kreisbrandmeister Reinhard Gerhardt eine rigorose Absage. "Mit mir wird es keine Minimierung der Anzahl der Feuerwehren geben." Der Vorsitzende vom Landesfeuerwehrverband Ingolf Hirsch betonte, dass die Idee der 200-Einwohner-Grenze inzwischen auch beim Innenministerium Sachsen-Anhalts keine Rolle mehr spiele.

Stattdessen soll ein landesweites Leitbild für alle Feuerwehren erarbeitet werden. "Dazu fordere ich alle Kameraden auf, die heute hier nach Waldau gekommen sind, ihre Gedanken zu äußern. Eure Mitarbeit ist jetzt gefragt", betonte Hirsch in seiner Ansprache und erntete einigen Beifall. Der Landrat des Burgenlandkreises Harri Reiche gab zu bedenken, dass Gespräche über den ländlichen Raum nicht mit der Abschaffung der örtlichen Feuerwehren beginnen könnten. Wie er sieht auch Kreisbrandmeister Gerhardt keine Alternative zu der ehrenamtlichen Tätigkeit der freiwilligen Feuerwehren. "Deshalb bin ich mir sicher, auch wenn ich das nicht mehr miterleben werde, dass es auch eine 250-Jahr-Feier der Freiwilligen Feuerwehr Waldau geben wird."