Ihr Vertrauen in die Schüler wird vielfach belohnt
WITTENBERG/MZ. - Kindergärtnerin war ihr Traumberuf. "Ich habe nicht gewusst, was ich anderes werden wollte, wenn nicht Kindergärtnerin", erzählt Vera Zech. Sie hat auch bis Ende 1997 in dem Beruf gearbeitet, doch dann forderte der Geburtenknick seinen Tribut - die Kindergärtnerin Vera Zech wurde nicht mehr gebraucht. Aber auch in der Arbeitslosigkeit ist die Wüstemarkerin der jungen Generation treu geblieben. Nicht zuletzt durch die eigenen Kinder. Schon als die jetzt 33 und 34 Jahre alten Söhne noch in der Schule waren, "habe ich immer im Elternaktiv und Schul-Elternbeirat mitgearbeitet". Und so blieb es auch bei der jüngsten Tochter, die am Wittenberger Luther-Melanchthon-Gymnasium lernt.
Für Vera Zech war es keine Frage, sich über die Belange ihrer Kinder hinaus auch für andere Schüler einzusetzen. Seit dem Schuljahr 2003 / 04 arbeitet sie im Kreiselternrat mit, seit 2005 steht sie sowohl dem Stadt- als auch dem Kreiselternrat vor und ist seit 2009 stellvertretende Vorsitzende des Landeselternrates. Es waren die Jahre, in denen die Schullandschaft im Kreis noch heftig ausgedünnt wurde. "Warum gerade unsere Schule?", war seinerzeit wohl die häufigste Frage, die an sie herangetragen worden war. Im Schul- und Kulturausschuss "haben wir aufgezeigt, was da auf die Schüler zukommt, und dass man die Probleme nur gemeinsam lösen kann", so die Kreiselternratsvorsitzende.
Von Jahr zu Jahr waren hunderte Schüler mehr Fahrschüler geworden. Es gab Beschwerden über mangelnde Disziplin und Vandalismus in den Bussen von Eltern und Busfirmen. Vera Zech, die sich zwischenzeitlich zur Sozialpädagogin weiter gebildet hat, war überzeugt, dass man mit der Problemlösung bei den Schülern selbst beginnen muss, nicht durch Belehrungen und Strafen, sondern in dem man ihr Verantwortungsgefühl herausfordert. Aus der Idee der Schülerlotsen heraus schmiedete sie mit Polizei und Busunternehmen ein Bündnis und entwickelte das Projekt Schulbusbegleiter. Entsprechend ihres Lebensmottos, "mit kleinen Brötchen anzufangen und sich dann auf Semmeln zu steigern", begann es mit zwei Gruppen im Raum Elster / Annaburg.
Dass 14- bis 16-Jährige nach entsprechender Schulung wirklich in der Lage sind, auf ihre Mitschüler einzuwirken und so auch verhindern, dass Konflikte eskalieren, habe am Anfang kaum einer glauben wollen. "Jetzt, wo sie gesehen haben, es funktioniert, interessieren sich plötzlich alle dafür." Immer wieder wird sie in andere Kreise eingeladen, um das Projekt vorzustellen. Inzwischen ist es auch im Burgenlandkreis eingeführt. Was es wert ist, hat man im Landkreis Wittenberg gespürt, nachdem der erste Förderzeitraum abgelaufen war und es 2007 eine Durststrecke gab, die man mit Ein-Euro-Jobbern zu kompensieren versuchte. Das hat nicht funktioniert. "Und mir haben die Eltern und Schüler signalisiert, dass sie sich allein gelassen fühlten." Doch allein und ehrenamtlich konnte es Vera Zech nur begrenzt fortsetzen. Mit Ungeduld erwartete die nach eigenem Bekunden ansonsten eigentlich geduldige Frau die Zusage aus dem Programm "Kommunal-Kombi" zur Förderung älterer Arbeitsloser. Seit die Anfang des Jahres eintraf, klotzt sie wieder. Binnen kurzer Zeit wurden die Schulbusbegleiter für den Gräfenhainichener Raum ausgebildet. Eine Lehrerin habe sie schon bewundert, wie sie den Zugang zu den Jugendlichen finde, ihr Vertrauen gewinne, erzählt sie. Vera Zech freut sich über Lob.
Auch wenn sie nun hauptamtliche Projektkoordinatorin für die Schulbusbegleiter ist, "so hat sie doch über einen sehr langen Zeitraum die entsprechende Vorarbeit geleistet", würdigt die Schul- und Kulturausschussvorsitzende Corinna Reinecke (SPD) das Engagement. Zudem sei die Kreiselternratsvorsitzende eine sehr konstruktive Partnerin, die die Elterninteressen stark vertritt. "Nur wenn es solche starken Elternvertretungen gibt, können auch die Kinder stark sein", so Reinecke.
Das Projekt läuft 2012 aus. Im selben Jahr wird auch Vera Zechs Tochter Abitur machen. Das bedeutet, ihr Ehrenamt in den Elternvertretungen hat ein Verfallsdatum. Aber es ist kaum anzunehmen, dass sie damit von der Bildfläche verschwindet. Da gibt es schließlich noch den Landespräventionsrat, in dem sie mitarbeitet und die Mitgliedschaft in der Jury für das Berufswahlsiegel, das an Schulen verliehen wird. Und wer sagt denn, dass sie dann nicht mehr gemeinsam mit dem Kreiskinder- und Jugendring das Ferienlager für benachteiligte Kinder organisieren darf? Wie schreibt doch Corinna Reinecke: "Sie versteht es eben gut, Netzwerke zu nutzen."