Deutsch-Russländische Gesellschaft Wittenberg Deutsch-Russländische Gesellschaft Wittenberg : "Eine Bereicherung"

Wittenberg - „Lucas Cranach der Jüngere 2550“ ist das Thema des diesjährigen internationalen Mal-Workshops, den die Deutsch-Russländische Gesellschaft (DRG) Wittenberg im April in der Lutherstadt ausrichtet. Nachdem der Cranach-Filius erst vor wenigen Monaten mit einer Landesausstellung aus dem Schatten des Vaters heraus geholt worden ist, soll nun unter der künstlerischen Leitung von Diana Wehmeier u. a. darüber nachgedacht werden, welche Porträts Cranach in 534 Jahren schaffen würde. Das ist - angesichts von zunehmenden Krisen, Krisenherden und Kriegen in Teilen dieser Welt - schon ein sehr optimistischer Ansatz: anzunehmen dass es dann überhaupt noch Menschen gibt.
Insgesamt zuversichtlich ist die DRG in ihr neues Veranstaltungsjahr gestartet. Das Programm ist vielfältig: Es beinhaltet Klassiker wie die internationale musikalische Jugendbegegnung (bereits zum 24. Mal) sowie Konzerte in der Region und hochkarätige Ballett-Gastspiele in der Phönix Theaterwelt ebenso wie vergleichsweise junge Projekte etwa auf den Gebieten von Medizin und Wirtschaft mit osteuropäischen Partnern.
Zum vielfältigen Programm der Deutsch-Russländischen Gesellschaft (DRG) Wittenberg für 2016 gehört wieder eine Russland-Tagung in und mit der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt. Unter dem Motto „Der ,Rote Terror’ und die Kirchen“ soll es im November um die schwierige Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen gehen. Auch die Kirchen fielen dem Terror Stalins zum Opfer. Mehr als 90 000 russisch-orthodoxe Geistliche und Diakone wurden umgebracht, 90 Prozent der Kirchen zerstört. Darüber, wie der Stand der Aufarbeitung solcher Verbrechen des Stalin-Regimes ist, wollen die Gastgeber mit Wissenschaftlern sowie Vertretern von Kirchen und Menschenrechtsorganisationen und den Tagungsteilnehmern im November ins Gespräch kommen.
Ins Gespräch kommen - untereinander und mit Menschen im Zielgebiet - können jene, die mit der DRG im Juli nach Kaliningrad fahren. Die Reise, für die sich noch Interessierte anmelden können, beginnt am 21. Juli abends in Wittenberg, zurück geht es am Morgen des 28. Juli. Dazwischen wird einiges geboten, Tagesausflüge etwa nach Pillau und Palmnicken, auf die Kurische Nehrung mit Nidden und nach Klaipeda stehen ebenso auf dem Programm wie ein Besuch im „Königsberger Zoo“ oder im Bernsteinmuseum. Ein Dünen-Picknick gibt’s auch.
Wer an dieser „Nordostpreußenreise“ teilnehmen möchte, braucht einen Reisepass und eine Auslandskrankenversicherung für Russland. Kulturvisa besorgt die DRG. Dort gibt es unter Tel. 03491/40 63 18 (per E-Mail an: [email protected]) alle Informationen zur Reise und zum Preis. (mz/cni)
Über die Begegnungen von Kindern und Jugendlichen sowohl hierzulande als auch in Belarus oder Russland sagt Heinz Wehmeier: „Jedes Jahr bringen wir Tausende zusammen. Das ist auch eine Bereicherung für unsere Kinder.“ Wehmeier ist bekanntlich Projektleiter bei der DRG in Wittenberg und auch so etwas wie ihr Motor. Über die von ihm und seinem Verein initiierten Bürgerbeziehungen hieß es einmal beim deutsch-russischen Forum „Petersburger Dialog“, sie seien „unersetzbar“.
Einer, der das ähnlich sieht, ist der Wittenberger Apothekeninhaber Manfred Trauth, der im Januar 2015 erstmals mit nach Mogiljow gefahren war und seither mehrere Reisen auch nach Weißrussland unternommen hat. Dass es schön wäre, würden das noch viel mehr Menschen machen, sagt Trauth (auch unter Hinweis auf Länder wie etwa Polen), denn: „Eine Meinung sollte man sich vor Ort bilden.“ Trauth, der wie berichtet nach der Wende aus dem Westen nach Wittenberg kam, wuchs nahe der Grenze zu Frankreich auf. Er hat selbst erlebt, wie ablehnend man dort und im Elsass noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg den Deutschen gegenüber stand.
Nun erfährt Trauth etwas anderes: „Man wird heute ein bissel schief angeguckt, wenn man sich zu Kontakten zu Russland und Weißrussland bekennt.“ Trotzdem - oder wohl eher gerade deshalb - findet er Kultur- und Jugendaustausch umso wichtiger, „auch wenn man nicht mit allem einverstanden ist“, was auf der großen politischen Bühne in Russland läuft. Er persönlich sei es jedenfalls nicht, doch hat nicht auch der Westen nach dem Ende des Kalten Krieges Fehler gemacht? Trauth spricht von „Kränkungen“ und sagt: „Man sollte wieder zu einem gut-nachbarschaftlichen Verhältnis kommen.“ Bei der DRG versuchen sie ihren Beitrag zu leisten. (mz)