Adventskalender Adventskalender: Geheimnisse rund um die Tür der Allstedter Grundschule

Allstedt - Die Tür zur Breiten Straße ist ein echter Hingucker. Ein schlanker, mit Ornamenten geschmückter Steinbogen überspannt die beiden schweren Flügelblätter aus Holz. Und an den Seiten sind zwei Kinder abgebildet: links ein Junge, der ein aufgeschlagenes Buch in der Hand hält, rechts ein Mädchen mit zwei Gymnastikkeulen.
Für Brigitte Danz ist die Tür der Allstedter Grundschule mit dem größten Teil ihres Lebens verknüpft. „Als ich in den 40-er Jahren hier eingeschult wurde, war sie schon da“, erzählt die 79-Jährige.
Wann die Tür eingebaut wurde und wer die Figuren geschaffen hat, liegt aber im Dunkel der Geschichte begraben. Als MZ sie wegen der besonderen Schultür angesprochen hatte, stellte Brigitte Danz sofort eigene Nachforschungen an und fragte bei Steinmetz Franz in Allstedt nach. Dem Meister ließ das Rätsel selbst keine Ruhe. Er schaute sich die Sache noch mal vor Ort an und teilte Brigitte Danz dann mit: Die Figuren sind gar keine Steinmetzarbeit, sie wurden aus Putzmaterial geformt.
Wie auch immer - als Zugang zum Schulgebäude hat die schöne Tür an der Breiten Straße, wenn überhaupt, nur relativ kurz gedient. „Die Tür war immer zu!“, erinnert sich Danz an ihre Zeit als Schülerin. Geöffnet worden sei sie höchstens mal, wenn es eine Feueralarm-Übung gab. „Innen an der Wand hing immer ein großer Kasten mit einem goldenen Schlüssel drin. Der wurde dann rausgenommen und die Tür aufgeschlossen.“
Ob das Portal geschont werden sollte oder ob man es nicht nutzte, weil der Eingang hinten über den Schulhof sicherer war - Brigitte Danz kann es nicht sagen. Fakt ist, dass sie nicht nur ihre Schulzeit in dem Gebäude verbracht hat, sondern später auch als Grundschullehrerin und dann sogar Schulleiterin so gut wie ihr ganzes Berufsleben dort verbracht hat.
Grundschule Allstedt: Schulleiterin flog als Mädchen aus Klasse
Eine erstaunliche Karriere, wenn man bedenkt, dass sie damals als Mädchen vom Lehrer sogar ein paarmal aus der Klasse geschmissen wurde - weil sie sich mehr für den Handball bei der Sportstunde im Hof interessierte und ständig aus dem Fenster schaute.
1960 hatte sie ihr Studium zur Unterstufenlehrerin abgeschlossen und wurde zunächst in Senftenberg eingesetzt. 1963 kam sie dann wieder an ihre alte Schule nach Allstedt - und blieb.
Das Schulgebäude an der Breiten Straße hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, wie die historischen Berichte belegen, die Brigitte Danz auf dem Tisch vor sich ausgebreitet hat. Im April 1825 wurde der Grundstein für das erste Schulgebäude gelegt - so steht es in der Broschüre, die zum 1 000-jährigen Jubiläum der Stadt Allstedt herausgegeben wurde.
Doch das Haus wurde offenbar schnell zu klein für die Schülerzahl, denn schon im Oktober 1884 wurde ein neuer Schulteil eingeweiht. Den Aufzeichnungen zufolge hatte die Stadt dafür einer Gutbesitzerfamilie das Gebäude abgekauft. Die damalige Zahl der Schüler ist mit 250 angegeben.„Als ich nach Allstedt kam, hieß es noch Grundschule“, erinnert sich Danz, die ursprünglich aus Breslau stammt. Bei ihrem Schulabschluss 1955 sei der Komplex an der Breiten Straße dann die Mittelschule gewesen. Später war er einer von insgesamt fünf Standorten der Polytechnischen Oberschule „Thomas Müntzer“.
Ende der 70-er Jahre wurde die heutige Sekundarschule an der Sophienstraße gebaut und die Klassenstufen 5 bis 10 zogen dorthin um. Seitdem gehört das Gebäude mit der schönen Tür allein den Mädchen und Jungen im Grundschulalter. Mit der Wende kam die nächste Zäsur. „Alle mussten sich erst mal neu orientieren“, erinnert sich Brigitte Danz an eine bewegte Zeit mit vielen Veränderungen, in der die Kinder aber trotzdem weiter unterrichtet werden mussten.
Grundschule Allstedt: Aula soll barrierefrei zugänglich werden
Brigitte Danz war seit den 70-er Jahren als stellvertretende Schulleiterin vor allem für die außerunterrichtliche Arbeit zuständig gewesen, hatte aber auch noch Deutsch und Heimatkunde unterrichtet. Nun ging es um die Frage, wer die künftige Grundschule leiten sollte. Danz bewarb sich und war von 1992 bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand 2002 Leiterin der Schule, in der sie selbst schon als kleines Mädchen Schreiben und Rechnen gelernt hatte.
Bei der Generalsanierung im Jahr 1997 bekam die Grundschule ihr heutiges Gesicht, der Schulhof wurde zu einem Schmuckstück mit Kletterwänden und Tartanbahn umgestaltet und auch aktuell plant die Stadt wieder eine Millioneninvestition, um den Zugang zur Aula barrierefrei zu gestalten und das Gebäude mit einer modernen Wärmedämmung für die Zukunft zu rüsten. Wann, das hängt noch davon ab, wann man die Fördermittel zugesagt bekommt.
An diesen Begriff hat man sich nach der Wende ebenso gewöhnt wie an völlig neue Gremien wie den Schulförderverein, der die Arbeit der Lehrer finanziell unterstützt. Der Junge mit dem Buch und das Mädchen mit den Keulen aber - sie stehen unverändert an ihrem Platz und schauen auf die Breite Straße - wie seit fast hundert Jahren.
Am Montag wird wieder ein Türchen geöffnet - diesmal an der Mühle in Berga.
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