Fachwerkhäuser werden gerettet
Quedlinburg/MZ. - Das Planungsbüro Q-Batur wird das Nachbarhaus Nummer 9 zunächst sichern. Rudolph Koehler von Q-Batur und Frank Mathe sehen sich in der guten Lage, dass zwei das Gleiche wollen und mit dem selben Elan herangehen.
Das Besondere der von außen recht unscheinbaren Häuser erschließt sich erst, wenn die Schwelle der Türen überschritten ist. Der erste Blick bringt wahrscheinlich ein Aufstöhnen, angesichts des recht desolaten Zustandes. Der zweite Blick offenbart Erstaunliches. Untersuchungen zeigten schon vor einigen Jahren, dass im Innern Teile eines Vorgängerbaus vorhanden sind, der zu den ältesten nachweisbaren Gebäuden der Stadt gehört. Die Sandsteinmauern hatten eine Stärke von einem Meter und waren 6,5 Meter hoch. Ein U lässt sich belegen, die vierte Wand fehlt ganz. Oliver Schlegel geht von einem Bau des frühen Bürgertums aus, zum Teil festungsartig angelegt.
Bei der Freilegung wurden die Aussparungen für einen Balkenriegel sichtbar, ein massiver Schließmechanismus, der sonst nur aus der Festungsbaukunst bekannt ist. Große Türrahmen aus Sandstein sind im Erdgeschoss und in der ersten Etage erhalten. "Jetzt kommt der Knaller", gibt der Archäologe seiner Begeisterung Ausdruck. Untersuchungen haben ergeben, dass das Holz des benachbarten Fachwerkhauses Klink 7 von 1288 stammt. "Das heißt, unser Haus muss aufgrund der Lage des Ausganges älter sein", sagt der Archäologe und geht von einer Zeit um 1200 aus. "Es handelt sich um einen sehr frühen bürgerlichen Prachtbau mit Festungscharakter. Dem wehrhaften Bau muss eine Genehmigung des Lehnsherrn vorausgegangen sein", vermutet Oliver Schlegel. Es könnte sich demnach um eine so genannte Cemenate handeln, die einen beheizbaren Raum mit Kamin darstellt. Unter den beiden Häusern findet sich zudem ein ungewöhnlich großes Kellergewölbe. Bauhistoriker stufen es als spätromanisch ein.
Für Dr. Oliver Schlegel reiht sich der Klink 8 / 9 in die ältesten profanen Steinbauten der Stadt ein: der Ständerbau Wordgasse 3 und die Hölle 11. "Da gibt es enormes touristisches Potential", ist er sich sicher: "Stadtführungen werden nach der Sanierung wohl am Klink nicht mehr vorbeikommen. Es dürfte zu einem Muss werden." Davon sind Bauherr und Planungsbüro aber noch weit entfernt. Für Dr. Frank Mathe geht es erst einmal um die Bauvorbereitung, die Finanzierung und die Unterstützung durch den städtischen Sanierungsträger Baubecon. "So einen Bau zu bewältigen, geht nur, wenn alle Partner mitziehen", betont Frank Mathe, der bei einem Rundgang durch die Häuser noch auf viele andere Details von historisch Wertvollem, das es zu erhalten gilt, hinweist, auf Ausfachungen, Treppen usw. Zehn Jahre standen die Häuser in etwa leer. Da ist vieles desolat geworden, doch sowohl Frank Mathe als auch Rudolph Koehler von Q-Batur sehen eine Menge, was erhalten werden kann.
Problematisch zeigt sich das Umfeld, denn sowohl die Nummer 7, als auch die Nummer 10, harren noch der Sanierung. Für die 8 und 9 ist die Trennung schon im Grundriss vorgegeben. Jedes Haus wird etwa 150 Quadratmeter Wohnfläche hergeben. Die Kellertonne soll geteilt werden, so, dass sie später auch wieder vereint werden könnte. Frank Mathe will das Haus nach der Sanierung vermieten. Ein Eigenheim im Stadtzentrum, solch ein Angebot wird seiner Meinung nach sicher Interessenten finden. Die Sicherungsarbeiten sollen noch in diesem Jahr erfolgen.
Q-Batur wird sowohl das Haus Nummer 7 als auch die Nummer 9 vor weiteren Schäden bewahren. Eine umfassende Sanierung erfolgt, wenn das Planungsbüro Eigentümer findet, wie Rudolph Koehler sagt: "Wir setzen damit unsere Bemühungen, wie bei Häusern in der Schmalen Straße, in der Hölle und der Breiten Straße fort." Er zeigt sich erfreut, dass Q-Batur inzwischen über Quedlinburg hinaus bekannt für die Sanierung von historisch wertvollen Gebäuden ist und zu einem Wettbewerb in Hildesheim eingeladen wurde.