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Schicksal der Anna Piehler

Von ALBRECHT GÜNTHER 27.10.2009, 17:29

NAUMBURG. - Und dann war da die Sache mit dem Fliegeralarm und der fehlenden Geldbörse seiner Eltern und dem Verdacht. Konnte ja kein anderer gewesen sein. Die Piehler war ja schon immer "so eine". Die wusste, wie die Gerichte arbeiten - unter dem Kaiser, in der Republik. 31 Mal vor Gericht - und nun unter Hitler. Aber das ist anders: "Ich habe in meinem Leben milde Urteile gekriegt und harte Urteile, mal sechs Monate, mal vier Jahre. Aber immer habe ich sie dafür gekriegt, was ich getan hatte. Nie dafür, was ich gedacht habe. Und nie dafür, wer ich bin." Anna Piehler (1872-1957) soll ein Portemonnaie gestohlen haben. Sie wird dafür zum Tode verurteilt. Als Beweis dient die Aussage eines kleinen Jungen, der sie im Luftschutzkeller gesehen haben will. Im April 1945 wird Anna Piehler von den Amerikanern aus der Todeszelle befreit. Der Autor des Stücks, Thilo Reffert, hat das Schicksal dieser Frau zu einem bewegenden Theaterstück über nationalsozialistische Moral verarbeitet. Die Inszenierung von Hannes Hametner fesselt vor allem Jugendliche durch ihren Bezug zu einem verbürgten Fall, dessen Folgen bis in die Gegenwart reichen. Das in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, unterstützt von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Erhard-Hübener-Stiftung, entstandene Stück wird im Rahmenprogramm der Ausstellung "Justiz im Nationalsozialismus" gezeigt. Auf Initiative des Oberlandesgerichts gastiert das Theater der Altmark heute ab 18 Uhr in der Aula des Domgymnasiums mit einer öffentlichen Vorstellung. Einlass ab 17 Uhr. Der Eintritt kostet für Schüler fünf, für Erwachsene zehn Euro.