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Kreuzweg Kreuzweg: Schüler folgen Leidensweg von Jesus Christus

Von LUISA PEINE 06.04.2014, 19:22
Von der Freien Schule Anhalt liefen die Teilnehmer mit dem Kreuz voran durch die Innenstadt zur Jakobskirche, der zweiten Station des Kreuzweges.
Von der Freien Schule Anhalt liefen die Teilnehmer mit dem Kreuz voran durch die Innenstadt zur Jakobskirche, der zweiten Station des Kreuzweges. Heiko Rebsch Lizenz

KÖTHEN/MZ - Es ist ungewöhnlich, wenn sich nach Schulschluss noch über 40 Kinder und Jugendliche in der Freien Schule Anhalt in Köthen aufhalten. Aber die Kerzen im Foyer und Bilder von Jesus Christus an der Tafel verrieten: Normaler Unterricht ist das nicht. Die evangelische und katholische Jugend Köthen und der EC (Entschieden für Christus) sowie die landeskirchliche Gemeinschaft haben zusammen mit dem Jugendreferenten der evangelischen Jugend Anhalt, Uwe Kretschmann, und Gemeindereferent Matthias Thaut zum ökumenischen Kreuzweg der Jugend 2014 eingeladen.

Der ökumenische Kreuzweg inspiriert seit 56 Jahren junge Menschen in Wort und Kunst zur Auseinandersetzung mit der Auferstehung und dem eigenen Leben. In Köthen wird er jedes Jahr am Freitag eine Woche vor Palmsonntag begangen. Dieses Jahr stand er unter dem Motto „Jener Mensch Gott“. „Er schlägt dieses Jahr die Brücke ins Mittelalter“, erklärte Gemeindereferent Thaut. Als zentrales Bild diene der Isenheimer Altar aus 1512, der einen leidenden Jesus am Kreuz zeigt - unter ihm stehen Menschen, die sein Leid nachempfinden. Das Bild habe 500 Jahre später nichts an seiner Aktualität verloren, zeigten Thaut und Kretschmann zusammen mit Pfarrer Lothar Scholz in sieben Stationen den jungen Christen und Katholiken. Denn Kreuzwege sind weder rein katholisch, noch rein evangelisch geprägt. Im Glauben sind die Christen vereint.

Ziel des Kreuzweges ist es, dem Leidensweg Jesu nahe zu kommen. Bereits im 12. und 13. Jahrhundert, der Zeit der Kreuzzüge, entstand in Jerusalem ein Stationenweg vor den Wallfahrtskirchen: die Via Dolorosa. Er greift auf alte Spuren von Pilgern zurück, die sich im Altertum auf den Weg machten, betend und singend die Orte des Leidens und Sterbens nachzugehen. Daran knüpft der Jugendkreuzweg an.

Der ökumenische Kreuzweg der Jugend lädt seit 1958 ein, auf lebendige Art die Passion Jesu zu erleben. Er bietet alljährlich Bilder, Texte und Materialien rund um Passion und Erlösung. Über 100.000 Menschen beteiligen sich dabei in Gemeinden, Pfarreien, Schulen und Verbänden über die Grenzen von Konfessionen, Ländern, Generationen hinweg. Das Liedheft dazu geben die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend und der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland heraus. (lp)

Der Köthener Kreuzweg begann diesmal an einem ungewöhnlichen Ort: dem Foyer der Freien Schule Anhalt. Gemeinsam beteten die Jugendlichen unter Anleitung von Thaut, Kretschmann und Pfarrer Scholz den Psalm 88. „Herr Jesus Christus, du bist deinen Leidensweg bis zum Kreuz gegangen“, zitierte Gemeindereferent Thaut aus dem Heft des diesjährigen Jugendkreuzwegs, „seitdem weiß ich: Wenn ich leide, bist du an meiner Seite. Wenn mich Schmerzen quälen, bist du da. Wenn ich am Boden liege, bist du bei mir.“ Anschließend führte der Weg durch Köthen, allen voran der erste Kreuzträger Matteus Entale. Zügig schritten die Teilnehmer die Schalaunische Straße entlang zur zweiten Station.

Gemeinsam beten und singen

Die Bilder und die Worte in der Jakobskirche sollten den Jugendlichen das Flehen und Zerbrechen Maria Magdalenas in Erinnerung rufen. „Einen geliebten Menschen leiden zu sehen, das tut weh“, erklärte Uwe Kretschmann, „dabei nur zusehen zu können, die eigene Hilflosigkeit und Ohnmacht zu spüren, das ist schrecklich.“ Ob die Jugendlichen diese Erfahrung schon einmal machen mussten? Die Mädchen und Jungen gingen in sich und dachten nach. Begleitet von Gitarrenklängen, die Religions- und Musiklehrer David Lein beisteuerte, beteten sie gemeinsam und sangen. Nachdem das Kreuz in die Hände von Lehrerin Katrin Rux gegeben wurde, folgten ihr alle durch die Magdeburger Straße in Richtung Agnuskirche.

Pfarrer Scholz eröffnete die Stationen „Halten“ und „Leiden“. Eindrucksvoll untermalt wurden seine Worte durch das Bild einer Hand, die von einem Nagel durchbohrt wird. Für diese Stationen ließ sich Jugendreferent Kretschmann etwas Besonderes einfallen. Er beauftragte acht Mädchen und Jungen, eine Gasse zu bilden und vier Holzbalken zu tragen, über die man laufen konnte. „Ein schönes Gefühl, gehalten zu werden“, resümierte der 42-Jährige. Danach hatten alle die Möglichkeit, ihre bedrückenden Gefühle auf Zettel zu schreiben und an ein Kreuz zu nageln. Vor der Kirche wurden die leidvollen Gedanken später verbrannt. Nächstes Ziel war die Kirche St. Maria. „Sterben“ und „Hinweisen“: Ein Bild Jesu, wie er leblos, mit geöffnetem Mund und Dornkranz am Kreuz hängt, ließ die Jugendlichen in sich kehren. Mit Gebeten und Liedern versammelten sich alle schließlich im Pfarrhaus St. Maria – brachen Brot und tranken Wasser in der Gemeinschaft. Das Agape-Feiern gehöre zum Abschluss immer zu einem Kreuzweg, so Kretschmann. „Ich freue mich, dass so viele den Weg mit uns gemeinsam gegangen sind.“ Dass die Leute Interesse zeigen, obwohl es ein trauriger Anlass ist, freue ihn.

„Dass wir dieses Jahr stark mit in das Programm einbezogen wurden“, gefiel u.a. Steffi Jung. Die 18-jährige Köthenerin ist schon seit vielen Jahren beim Kreuzweg der Jugend mit dabei. Auch Marie Pforte war begeistert: „Die Lieder sind echte Ohrwürmer, die bleiben mir danach noch lange in Erinnerung.“ Der ökumenische Gedanke dahinter sei toll, fand die Weißandt-Gölzauerin. „Der Kreuzweg ist absolut nicht langweilig, man bewegt sich und sitzt nicht nur starr da wie bei einem Gottesdienst“, meinte die 15-jährige Annegret Just aus Riesdorf.

Pfarrer Lothar Scholz empfing die Teilnehmer in der Agnuskirche.
Pfarrer Lothar Scholz empfing die Teilnehmer in der Agnuskirche.
Heiko Rebsch Lizenz
Ein gutes Gefühl, beim Gang über Balken gehalten zu werden.
Ein gutes Gefühl, beim Gang über Balken gehalten zu werden.
Heiko Rebsch Lizenz