Gebürtiger Köthener Gebürtiger Köthener: Felix Baldauf ist Europameister im Ringen

Köthen - Ein Blick auf Felix Baldaufs rechten Oberarm reicht. Reicht, um einen Hinweis auf das zu bekommen, was für ihn zugleich Leidenschaft und Beruf ist.
Auf der Innenseite des Arms sind zwei Ringer tätowiert. „Das Tattoo habe ich 2012 stechen lassen“, sagt Baldauf. Kurz zuvor war er Zweiter der U 21-Europameisterschaft im griechisch-römischen Ringen geworden.
„Da wusste ich, was ich wollte, nämlich der Beste werden.“ Das Tattoo sei eine zusätzliche Motivation gewesen. Und wie es scheint, hat es geholfen: Am 7. Mai dieses Jahres hat Baldauf die Europameisterschaft in der Gewichtsklasse bis 98 Kilogramm gewonnen.
Video von seinem Siegesjubel
Es gibt ein Video, in dem die Momente kurz nach Ende des Final-Kampfes festgehalten sind. Darin ist Baldauf zu sehen, wie er die Arme nach oben reißt, seinen Trainer umarmt, sich rücklings auf die Matte fallen lässt.
Später läuft er jubelnd mit einer Norwegen-Flagge durch die Halle. Mit dem Sieg ist Baldauf ein historischer Erfolg gelungen: Es war die erste Goldmedaille im griechisch-römischen Ringen für Norwegen seit 1992.
„Der Moment war unbeschreiblich. Ich konnte und kann es fast immer noch nicht fassen“, sagt Baldauf, der seit 2010 norwegischer Staatsbürger ist.
Felix Baldauf stammt ursprünglich aus Köthen
Nach der EM bekam der 22-Jährige - blond, breites Kreuz, durchtrainiert - eine Woche frei und ist für einige Tage nach Köthen gekommen.
Zum Angeln, und um seine Familie zu besuchen. „Ich bin so oft es geht hier“, sagt er. Seine Großeltern, Tanten und Onkel leben in der Stadt, er selbst wurde im Oktober 1994 hier geboren und hat sieben Jahre in Köthen gewohnt.
Seine Mutter war Boxtrainerin in Köthen
Damals hat seine Mutter als Boxtrainerin gearbeitet. „Da hatte ich eigentlich keine andere Wahl, als Sport zu machen“, sagt der Profi-Ringer und lacht.
Kurz bevor er in die Schule kam, zog er ins Mansfelder Land um und startete dort seine Sportler-Karriere - allerdings zunächst nicht als Ringer, sondern als Turner. Zeitungsartikel erinnern an seine ersten Pokal-Gewinne.
Umzug nach Norwegen
2004 folgte ein zweiter Umzug, dieses Mal einige Kilometer weiter weg: nach Norwegen. „Die beste Freundin meiner Mutter ist dorthin gezogen und hat gesagt: ‚Es ist so schön hier’“, erzählt Baldauf.
Mehrmals hätten sie die Freundin besucht, dann habe seine Mutter „mehr oder weniger Hals über Kopf“ entschieden, ebenfalls auszuwandern.
Kurz nachdem er in Norwegen angekommen war, begann Baldauf zu ringen. „Es war eines der wenigen Sportangebote da“, sagt er.
Ringen ist ein typischer Sport in Norwegen
Dass Kinder in dem Land zum Ringen kommen, sei nicht ungewöhnlich. „In Norwegen hat fast jeder schon einmal beim Ringen mitgemacht, sogar der König.“
Auch Baldaufs Bruder hat gerungen, seine Schwester tanzt Ballett - und ringt nebenbei ebenfalls. Bis Baldaufs Talent erkannt wurde, habe es allerdings ein paar Jahre gedauert.
Ab und zu sei auch die Motivation gering gewesen, gibt er zu. „Aber ich bin dann doch dabei geblieben.“ Den ersten großen Erfolg feierte er mit zwölf, da wurde er norwegischer Meister in seiner Altersklasse.
Mehrere Male norwegischer Meister
Als Erwachsener hat er den Titel weitere vier Male gewonnen, 2016 wurde er mit dem Pokal des Königs ausgezeichnet, der an den besten Ringer unabhängig von der Gewichtsklasse verliehen wird.
Seit vergangenem Jahr ringt Baldauf für den SV Germania Weingarten in der Bundesliga. Im Januar ist die Mannschaft deutscher Meister geworden.
Tägliches Training und spezielle Ernährung
Für seine Erfolge trainiert Baldauf in Oslo mindestens zweimal täglich und auch für die Ernährung gibt es Vorgaben - schließlich muss das Gewicht entsprechend der Gewichtsklasse das gesamte Jahr über gehalten werden.
Vor allem Eiweiß und Kohlenhydrate in Form von Nudeln und Reis stehen auf dem Speiseplan. Daneben verlangt es der Sport, Verletzungen auszuhalten: „Rippenbrüche sind üblich“, sagt Baldauf gelassen.
Qualifikation zu Olympia hat Baldauf verpasst
Und auch Misserfolge bleiben nicht aus. Die Qualifikation für Olympia 2016 hat der Norweger knapp verpasst. Den entscheidenden Kampf verlor er, ausgerechnet gegen einen Italiener.
Für die nächsten Olympischen Spiele sind Baldaufs Ziele umso größer: 2020 will er nicht nur dabei sein, sondern gewinnen.
Köthens Oberbürgermeister Bernd Hauschild hat ihm bereits versprochen, dass er sich beim Gewinn einer Medaille ins Goldene Buch der Stadt eintragen darf.
Weltmeisterschaft in Paris
Erst einmal steht für den 22-Jährigen im August aber die Weltmeisterschaft in Paris an. Im Gepäck wird Baldauf dieses Mal auch eine Köthen-Flagge haben.
Sollte er ähnlich erfolgreich sein wie bei der EM, kann er so gleich zwei Fahnen durch die Luft schwenken. (mz)
