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Besonderer Jahrestag im Ort Zörnigall Siedlung: In 90 Jahren viel Geschichte erlebt

Die Zörnigaller Siedlung besteht seit 90 Jahren. Daran wird mit einem Thementag mit Blick in die Ortschronik und einigen Angeboten mehr erinnert. Was in einem Film gezeigt wird.

Von Klaus Adam 30.09.2024, 19:14
Kurz vor Beginn füllte sich der Raum im Zörnigaller Gemeinschaftshaus noch ordentlich. Mit einem Vortrag und einigem mehr werden 90 Jahre Siedlung Zörnigall begangen. Gezeigt wurde zum Schluss auch ein Film über den Ort, den das Medienmobil mit   Kindern aus der Siedlung gedreht hatte.
Kurz vor Beginn füllte sich der Raum im Zörnigaller Gemeinschaftshaus noch ordentlich. Mit einem Vortrag und einigem mehr werden 90 Jahre Siedlung Zörnigall begangen. Gezeigt wurde zum Schluss auch ein Film über den Ort, den das Medienmobil mit Kindern aus der Siedlung gedreht hatte. Fotos (3): Klaus Adam

Zahna-Elster/MZ. - Manfred Specht ist genauso alt, wie der Ort, in dem er lebt. Und er lebt dort, fast solange es ihn gibt. Auch wenn das Haus, in das seine Familie mit ihm als Zweijährigem und den Geschwistern ziehen wollte, etwas Bauverzug hatte. Mit 3.000 Reichsmark in der Tasche war sein Vater von Kropstädt aus jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit ins Stickstoffwerk gefahren. Und jeden Tag nach Feierabend in das Büro der Siedlungsgesellschaft, um zu fragen, wann er endlich das Haus in der Zörnigaller Siedlung bekommen könne. Die Familie hatte Glück. Denn jene, die das Haus eigentlich erhalten sollte, konnte wohl den Kaufpreis nicht rechtzeitig aufbringen.

All das erzählt der Senior der Wahl-Zörnigallerin Ute Otto. Sie hat insgesamt vier solcher Siedlergeschichten aus den frühen Tagen und Jahren der Zörnigaller Siedlung zusammengetragen und an einer kleinen Tafel im Gemeinschaftshaus angeheftet. Karl-Heinz Proszek trägt eine dazu bei. Auch Jutta Liesigk, die im Dorf Zörnigall wohnt. Und der heutige Ortsbürgermeister Eckhard Krause. Sie und die gesamte Siedlung des Ortsteiles der Einheitsgemeinde Zahna-Elster begehen das 90-jährige Bestehen ihrer kleinen Exklave der eigentlichen Ortschaft. Es könnten in den nächsten Wochen noch weitere solcher persönlichen Schilderungen zugefügt werden, wenn sich „Alt- oder Ur-Siedler“ ihr öffnen möchten, so Ute Otto, die Journalistin im Ruhestand ist.

Den Anlass nutzen

Von ihr stammt auch der Impuls zu diesem Nachmittag im Begegnungstreff in der Siedlung. Denn angesichts des 90-jährigen Bestehens der Siedlung könne man doch mal einen Chroniknachmittag organisieren. Nicht nur, um in Erinnerungen zu schwelgen und die vergangenen Jahrzehnte Revue passieren zu lassen, „sondern um in einer größeren Runde zusammenzukommen, sich zu unterhalten und eine gute Zeit zu haben, auch generationenübergreifend“, so die Initiatorin. Die meint, „eigentlich wollten wir nur den Begegnungstreff, der einmal im Monat stattfindet, etwas aufpeppen“.

Zahnas Chronist Wolfgang Habedank begrüßt die Anwesenden.
Zahnas Chronist Wolfgang Habedank begrüßt die Anwesenden.
(Foto: Klaus Adam)

Dass daraus ein Event wird, das immer mehr Besucher anzieht, mochten sie nicht ahnen, als sie darangingen, den Nachmittag zu planen. Am Ende gab es dafür sogar Fördermittel aus dem „Mikro-Kulturfonds“ des Landesheimatbundes, also des Landes. Die durften verwandt werden, zum Beispiel, um die Flyer und Einladungen drucken zu lassen, die dann verteilt wurden. Den Kritiken, dass ein Nachmittag für all jene Interessierten, die arbeiten, ungünstig sei, sagt sie zu, dass es eine Wiederholung des Vortrages geben werde, zu einer für alle akzeptablen Zeit. Die Einwändungen zeigen jedoch auch, wie interessiert selbst die jüngeren Siedler an der Geschichte ihres Ortes sind.

Den Zahnaer Chronisten Wolfgang Habedank, der in Bülzig lebt, konnte die Organisatorin überzeugen, die geschichtlichen Daten zu einem Vortrag zusammenzutragen. „Den Tipp, bei ihm anzufragen, habe ich vom Ortsbürgermeister Eckhard Krause bekommen“, schildert Ute Otto den Werdegang. Und Wolfgang Habedank, da zu dieser Zeit gesundheitlich etwas angeschlagen, sprach seinen Vortrag auf ein Speichermedium zu einem digitalen Bildervortrag ein. Er ließ es sich aber nicht nehmen, selbst mit nach Zörnigall zu kommen.

Eintauchen in Geschichte

Die Siedlung entstand vornehmlich für die Beschäftigten der Sprengstoffwerke Arado und des Stickstoffwerkes in Piesteritz, so der Chronist. Jeder, der hier bauen wollte, musste unter anderem ein unbeflecktes Führungszeugnis nachweisen. Und die Erbauer bekamen ein halbes Jahr Urlaub, „um selbst an ihrer Siedlungsstelle mit Hand anlegen zu können“, wie zu erfahren ist.

Thematisch geordnet geht Wolfgang Habedank auf zahlreiche Aspekte der Siedlungsgeschichte ein. Etwa, welche Bauten zuerst entstanden, welche Bürgermeister, Lehrer, Pfarrer, Händler sich nach und nach ansiedelten. Und so springt er immer wieder in die frühen Jahre des Entstehens der Siedlung zurück. Und lässt natürlich das Geschehen der „Neuzeit“ nicht aus.

Der Raum im Gemeinschaftshaus hatte sich kurz vor Beginn des Vortrages noch ordentlich gefüllt. Danach wird eine Pause eingelegt, in der sich die Gäste mit Kaffee und selbst gebackenem Kuchen versorgen können. Für die Unterstützung bei der Vorbereitung des Nachmittags dankt Ute Otto besonders den Frauen des Begegnungstreffs und Angelika Scholz.

Nicole Zimmermann  (hockend) ernennt die an dem Filmprojekt beteiligten Kinder  Anna Steffen, Oskar Büttner, und Klara Steffen per Urkunde   Zu „Zörnigaller Filmprofis“. Nicht dabei sein konnte Anny Schütze. Links: Ute Otto
Nicole Zimmermann (hockend) ernennt die an dem Filmprojekt beteiligten Kinder Anna Steffen, Oskar Büttner, und Klara Steffen per Urkunde Zu „Zörnigaller Filmprofis“. Nicht dabei sein konnte Anny Schütze. Links: Ute Otto
Foto: Otto

Zum Abschluss wird noch ein Film aufgeführt, den die Betreuer vom Wittenberger Medienmobil mit einigen Zörnigaller Kindern produziert haben. Dabei handelt es sich um einen Rundgang der Kinder zu ihren beliebtesten Orten in der und um die Siedlung herum. „Das ist ein ganz süßer und herzerwärmender Film geworden“, legt Ute Otto den Anwesenden das Bleiben bis zum Schluss nahe.