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Treibjagd in der Annaburger Heide Treibjagd in der Annaburger Heide: Feine Nase auf wilder Spur

Von Sven Gückel 28.12.2014, 09:20
Jäger blasen in ihre Hörner.
Jäger blasen in ihre Hörner. Sven Gückel Lizenz

Annaburg/Züllsdorf/MZ - Um den Wildbestand in den Wäldern zu regulieren und gleichzeitig Verbissschäden an jungen Bäumen gering zu halten, bedarf es auch der Arbeit des Jägers. Mehr als 170 Männer und Frauen dieser Zunft folgten einer Einladung des Bundesforstbetriebes Mittelelbe zur Treibjagd in der Annaburger Heide.

Hunde wittern das Wild

Asta und Anni wissen sehr wohl, was die Stunde geschlagen hat. Nervös winseln die beiden Hündinnen der Rasse Tiroler Bracke, empfinden die Leine an ihrem Hals als störendes Etwas. Ihre Nase verrät ihnen, dass Wild in der Nähe ist, Rot- und Rehwild, Schweine und Füchse. Genau danach hält auch das Herrchen des Tochter-Mutter-Gespanns Ausschau. Von einem Hochstand aus beobachtet René Bruschke, Leiter des Betriebsbereichs Ost im Bundesforstbetrieb Mittelelbe, das vor ihm liegende Waldstück. Bruschkes Arbeitsbereich ist die Annaburger Heide, die er wie seine Westentasche kennt.

Der Wolf scheint sich in der Annaburger Heide wohl zu fühlen. Nachweislich 13 Exemplare konnten von den Experten inzwischen gezählt werden.

Nach sechs Jungen im Vorjahr, geht man bei der Bundesforst von vier Jungen im zu Ende gehenden Jahr aus.

Allerdings belegen Funde von Losungen eines jungen Wolfes, dass durchaus auch zwei Würfe vorhanden sein könnten. Konkrete Beweise gibt es dafür aber noch nicht.

Der Forstmann weiß, dass der Wildbestand in dieser Gegend hoch ist. Daran ändert auch die Anwesenheit von inzwischen nachweislich 13 Wölfen nichts. Allerdings verändert Isegrim das Verhalten der Tiere und macht daher ein Umdenken bei der Jagd erforderlich. Denn um dem Wolf zu entgehen, rottet sich vor allem Rotwild zu immer größeren Gruppen zusammen. Verbände von bis zu 40 und mehr Tieren sind deshalb keine Seltenheit mehr. Für manchen Jäger aber noch immer ein ungewohntes Bild.

Neue Kleiderordnung

Irgendwann erlöst Bruschke seine Hunde von ihren „Qualen“ und lässt ihnen freien Lauf durch die Heide. Für andere Schützen gut sichtbar und zum eigenen Schutz vor Angriffen durch Schweine oder den Wolf mit einer Weste versehen, stürzen sich die Hunde ins Dickicht und nehmen die Witterung auf. Bruschke selbst hat seinen Hochstand auch verlassen, begibt sich auf einen längeren Fußmarsch durchs Revier. Hin und wieder zeigt er den Hunden mit einem Pfiff aus der Signalpfeife an, wo er sich befindet. „Sie finden den Weg aber auch so. Meine Spur aufzunehmen, ist für sie kein Problem“, sagt er. Wie die Hunde, sind auch die Jäger mit orangener Kleidung versehen. Klassisch grün ist out. Sicherheit geht vor, sagt die Jagdbehörde und verlangt diese neue Kleiderordnung. Was dem menschlichen Auge eher abträglich ist, stört das Sehverhalten von Hirsch und Reh in kleinster Weise. „Im Farbspektrum der Tiere kommt diese Farbe nicht vor, weshalb sie es nicht als Bedrohung wahrnehmen“, erläutert Bruschke.

Die Vorbereitung der sechsten und letzten Treibjagd des Jahres war für ihn, vor allem aber die zuständigen Revierförster, mit viel Arbeit verbunden. Einladungen mussten verschickt und nach den Rückmeldungen die Hochsitze entsprechend zugeordnet werden. Bejagt wurde ein Terrain von 3 500 Hektar. Bei einer derart großen Fläche und der erheblichen Anzahl von Schützen, die durch 30 Treiber und 30 Hundeführer unterstützt wurden, können schon kleinste Hindernisse zu einem echten Problem werden. Der angekündigte Herbststurm sorgte die Organisatoren deshalb ebenso wie der Wolf. Der Jagdkonkurrent hätte kurz zuvor in dem Revier auf Pirsch gewesen sein und das Wild in andere Bereiche der Annaburger Heide vertrieben haben können. Von solchem unglücklichem Umstand blieb die Jagd jedoch verschont. „Aber aus dieser Tatsache müssen wir lernen, uns den Umständen anpassen“, sagt Bruschke. Künftig werde es deshalb mehr Jagden geben, dafür aber kleinere. Die kann man flexibel steuern, notfalls kurzfristig in Ort und Zeit verlegen.

Gutes Jagdergebnis

Mit derlei Gedanken beschäftigen sich Anni und Asta nicht. Sie stromern befriedigt durchs Unterholz, nehmen Fährte auf und treiben was immer ihnen vor die Nase kommt in Richtung der Schützen. Pausenlos hallen Schüsse durch den Wald. Das lässt auf ein gutes Ergebnis hoffen, sagt Bruschke, der inzwischen am Hochstand von Jörgen Bruder angekommen ist. Eine Hirschkuh und ein Frischling liegen in dessen Nähe, erlegt durch jeweils einen gezielten Schuss.

Schon mal vom Keiler verletzt

Während Bruschke und Bruder das erlegte Wild in Augenschein nehmen, tun Anni und Asta fast so, als gehöre das Fell ihnen. Pausenlos zupfen sie daran, demonstrieren damit ihren Jagdtrieb. Anni hat es vor allem das Wildschwein angetan. Danach, so Bruschke, sei sie besonders verrückt. Dass die Hündin schon einmal von einem Keiler lebensgefährlich verletzt wurde, scheint sie wohl vergessen zu haben. 117 Stück Rot,- Reh- und Schwarzwild weist die ausgelegte Strecke aus.

Die „Strecke“ der erlegten Tiere kann sich sehen lassen.
Die „Strecke“ der erlegten Tiere kann sich sehen lassen.
Sven Gückel Lizenz