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Jessen Jessen: DRK macht auf Situation von Flüchtlingen aufmerksam

Von Sven Gückel 11.11.2012, 16:55

Premsendorf/MZ. - Laut Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen waren 2010 weltweit über 43 Millionen Menschen auf der Flucht. Eine Steigerung zum Vorjahr um fast 30 Prozent. Vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurden 2012 bereits mehr als 50 000 Erstanträge auf Asyl entgegengenommen. Gegenüber 2011 ein Zuwachs von 37 Prozent. Die meisten dieser Menschen kommen aus Serbien und Mazedonien. Auf Rang zwei und drei folgen Afghanen und Syrer. Gerade der Krieg in Syrien treibt gegenwärtig Millionen in die Flucht.

"Man kann davon ausgehen, dass die Zahl derer, die es nach Europa zieht, nicht zuletzt wegen des Klimawandels weiter steigen wird", sagt Magdalena Dommasch, Mitarbeiterin im Landesverband Halle des DRK Sachsen-Anhalt. Das DRK sieht sich seit langem in der Pflicht, Flüchtlingen zu helfen. Weltweit und in Deutschland. Um so wichtiger sei es, so die Überlegung der Institution, dass Helfer sich gut in die Lage der Flüchtlinge versetzen können. Zum zweiten Mal organisierte der Landesverband daher am vergangenen Wochenende in Premsendorf ein Rollenspiel, bei dem er Jugendliche auf die Flucht schickte.

Ausgestattet nur mit dem Nötigsten - ohne Luxusartikel wie Handy oder Zigaretten, ging es für die 26 Lehrgangsteilnehmer darum, die wochenlange Odyssee einer Flucht zwei Tage lang im Kleinen zu erleben. Obwohl die Jugendlichen das zeitliche Ende ihrer Situation stets vor Augen hatten, glaubt Dommasch, dass das Spiel eng mit der Realität verwoben ist. Ausgestattet mit Notpässen und ein paar Geldscheinen, mussten sich die Jungen und Mädchen durch den Flüchtlingsdschungel aus Korruption, Schikane und steter Hatz schlagen. Annahme und Abfertigung an Grenzen wurden ebenso nachgestellt wie das spätere Aufgreifen der vermeintlichen Somalis durch die deutsche Polizei.

Zu den derart Getriebenen gehörten auch Daniela Stötze (29) und Julian Höke (21) aus Halle. Für Stötze, die im Rollenspiel den Vornamen Nazia zugewiesen bekam, ging es nach eigener Aussage darum zu erfahren, wie sich Flüchtlinge fühlen. Zudem, so die für das DRK ehrenamtlich Tätige, sei das Spiel eine gute Schule dafür, was es zu tun gilt, wenn man selbst einmal für die Betreuung von Flüchtlingen aktiv wird. Höke hingegen wollte nicht nur sein Wissen über Flüchtlinge erweitern, sondern gleichsam persönliche Grenzerfahrungen machen. "Ich sah in der Teilnahme eine gute Gelegenheit auszutesten, wie weit mein Körper strapazierbar ist."

Wie allen Teilnehmern und den 15 Helfern war auch Stötze und Höke bewusst, dass es sich nur um ein Spiel handelte. Dennoch wollte Magdalena Dommasch die Bedeutung nicht mindern. "In den Verlauf der Geschehnisse fließen auch Erfahrungen ein, die man gegenwärtig mit den Boat-People an Italiens Südküste macht", sagte sie. Zudem sei es eine Chance, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Da der Landesverband Sachsen-Anhalt der einzige in Deutschland ist, der ein solches Rollenspiel durchführt, sieht man sich in einer besonderen Pflicht.

Ein wichtige Partner der Organisatoren war der DRK-Kreisverband Wittenberg. Enge Kooperation pflegt das DRK auch mit der Politischen Bildung in Sachsen-Anhalt. Dessen Netzwerk "Schule ohne Rassismus" nutz bei seinen Aktivitäten ebenfalls das Rollenspiel.