Ausstellung der Christlichen Akademie Halle Ausstellung der Christlichen Akademie Halle: Mit Pinsel und Tube zur Therapie

Halle (Saale) - Die Bilder, die momentan in der Villa Rabe am Riveufer betrachtet werden können, stammen nicht aus der Feder - besser der Tube - eines abstrakten Expressionisten. Es sind Werke von Jens-Uwe Heinrich, der fast seit seiner Geburt geistig behindert ist. Für ihn ist die Malerei und die Farbe Teil einer Therapie.
Heinrich ist in Halle geboren und erlitt zwei Monate nach seiner Geburt aufgrund einer Impfkomplikation eine starke Gehirnschädigung und ist seitdem schwerbehindert. Er lebte in wechselnden Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Dort zeigte sich während der Therapien auch seine Vorliebe für die Malerei.
Einblicke in die Gefühlswelten
Aber wie funktioniert das, was sehen wir hier? Farbkleckse, oder? Und wie wird daraus eine Therapie? Ein herkömmliches Bild folgt einem bestimmten Aufbau: Die Linie erschafft eine Form, die Schraffur weist den Formen ihre Eigenschaften zu und die Farbe ist ausschlaggebend für die Wirkung der Dinge. Entfernt man aus dem Prozess nun Linie und Schraffur – entfernt man sich also von der bestimmten Form – dann bleibt allein die Farbe und ihre Wirkung zurück.
Was in Heinrichs Kopf vorgeht, bleibt leider weitgehend verborgen. Aber die Therapie gibt den Pflegern Einblick in seine Gefühlswelten und Heinrich die Möglichkeit sich auszudrücken. Denn die Farben werden instinktiv gewählt, nicht vorgegeben oder auf ihre Wirkung hin bewusst ausgewählt. Sie geben so Auskunft über Gefühle und Befinden – zeigen, wie es im Inneren des Malers aussieht und bieten ihm die Möglichkeit, Gefühle auszuleben.
Orientierung an Goethes Farblehre
Denn jede Farbe hat eine Bedeutung, sie wirkt auf den Betrachter. Ganz nach Goethes Farblehre, an der sich auch die Maltherapie orientiert, steht Gelb für das Licht und Blau zum Beispiel für die Dunkelheit.
Der Prozess des Malens, seine Bewegungen, die haptischen Erfahrungen mit Farben, Malgrund und Pinsel und die Erfahrung, etwas entstehen zu lassen, erzeugen ein Gefühl der Aktivität und der Bestätigung. Das sind sehr wertvolle Aspekte in der Betreuung von Pflegebedürftigen. Jens-Uwe Heinrich nimmt diese Form der Therapie für sich an und hat ein großes Interesse an der Malerei und den Farben. Die Bilder, die entstehen, lassen klar seine Bewegungen erkennen. Mal gehen seine großen Schwünge von einer Seite des Papiers zur anderen, mal füllt er das Blatt mit verschiedenen kreisenden Bewegungen und setzt Farbflächen nebeneinander.
Harmonisch bis düster
Die Farben sind meist harmonisch gewählt. Petrol, Türkis, Violett und pastoses Beige treffen sich in dem einen Bild, ein anderes wird durch dunkle Blautöne bestimmt. Doch man findet neben diesen kühlen und düsteren Welten auch helle rosa, orange und rote Wolken.
Diese Entwicklung von den düsteren Farben, zu einer freundlicheren Welt ist ein Fortschritt und interessant für die Therapie. Denn das heißt ja, dass die Beschäftigung mit der Farbe durchaus Wirkung zeigt und verstärkt damit die Bemühungen der Pfleger und der Kunsttherapeuten. (mz)