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Afrikanische Gesänge zum Alphorn

Von Katja Pausch 13.04.2008, 20:15

Halle/MZ. - Und: "Seids froh, dass Ihr koane Landsbank habt!" Ja, und dass Halle (wo Polt vor 20 Jahren das erste Mal und seitdem nicht wieder auf der Bühne stand) die Perle des Sachsenlandes sei....

Trotzdem - Gerhard Polt weiß Bescheid. Seine Zuschauer, die am Samstagabend die Sitzreihen im Steintor bis in die Ränge hinauf füllen und die betont falsche geographische Zuordnung ihrer Stadt mit fröhlichen Buh-Rufen quittieren, natürlich auch. Sofort herrscht Einverständnis, ja Sympathie zwischen den dem bayerischen Dialekt gespannt lauschenden Hallensern in der "schön geschmückten Mehrzweckhalle" und dem Satiriker, dessen Name durchaus zum Charakter passt: Stets etwas poltrig und doch genau den richtigen Ton treffend unterzieht der auf den ersten Blick gar nicht sensibel wirkende Bayer so ziemlich alles einer eingehenden, kritischen Betrachtung: menschliche Schwächen ebenso wie politisch fragwürdige Entscheidungen, Braunbär Bruno wie Kanzlerin Merkel. Was herauskommt dabei, sind böse, manchmal sehr böse Geschichten: von Farbigen im schönen blauweißen Bayernland, seinem chinesischen Nachbarn in der gemeinsamen Münchner Doppelhaus-Hälfte, von der Gottseidank wenigstens in Halberstadt noch "anständig grüßenden Jugend", vom Aufbau Ost, der eher ein Rückbau ist...Ertrinkende Nichtschwimmer stehen bei Polt ebenso im Kreuzfeuer der Kritik wie Minderheiten und Mehrheiten.

"Keiner wird gezwungen, eine Minderheit zu sein" - so das Poltsche Demokratieverständnis. Jedem stünde es schließlich frei, sich zur Mehrheit zu bekennen. An Selbstbewusstsein mangelt es Polt auch anderweitig nicht: "Wir haben einen bayerischen Papst, weil Gott ein Bayer ist".

Begleitet wird der aus Altötting stammende Bayer, der politische Wissenschaften, Kunstgeschichte und Skandinavistik studiert und sich auf der Steintor-Bühne als hervorragender Sprach-Experte ebenso wie als Sänger entpuppt, von drei exzellenten Musikern der "Biermösl Blosn". Deren bissig-satirische Texte, vorgetragen zu Akkordeon, Tuba und Gitarre, lassen das erstaunlich gut verstehende Publikum jubeln. Vor allem Christoph Well - neben seinen Brüdern Hans und Michael - begeistert durch Professionalität und Vielfalt. Kein Instrument, das er nicht spielen könnte: klassische Bachtrompete ebenso wie Harfe, Zither, Flöte, Alphorn. Letzteres beherrschen als echte Bayern natürlich alle drei Biermösl-Brüder. Weil die Bühne ihnen für die ultralangen Hörner wohl etwas zu klein scheint, greifen sie auf ein paar Zuhörer in den ersten Reihen zurück: Auf deren Schultern ruhen die Nationalinstrumente für den "großen bayerischen Lauschangriff". Und als Zugabe wühlen Polt und die Biermösl-Blosn noch mal kräftig im internationalen Liedgut: afrikanische Gesänge, dargeboten von einem hüftschwingenden Polt und seinen schuhplattelnden Kollegen in Lederhosen - einfach zum Totlachen.