Abderhalden-Straße in Halle Abderhalden-Straße in Halle: Wiegand legt sich auf Amo fest
Halle (Saale)/MZ - Der Streit um die Umbenennung der Emil-Abderhalden-Straße geht in eine neue Runde. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) will, dass die Straße künftig den Namen Anton Wilhelm Amo trägt. Er hat einen entsprechenden Änderungs-Antrag zum Vorschlag der Grünen auf Umbenennung der Straße zur Stadtratssitzung am Mittwoch eingebracht. „Ich halte es für wichtig, dass sich der OB bekennt und einen eigenen Vorschlag macht“, sagte Wiegand auf MZ-Anfrage. Der Name Amo war zuvor schon von der SPD und deren Jugendorganisation, den Jusos, unterstützt worden.
Name demonstriert weltoffene Wissenschaftsstadt
Wiegand begründet den neuen Namen damit, dass der Philosoph und Rechtswissenschaftler Anton Wilhelm Amo als erster schwarzafrikanische Student von 1727 bis 1736 für die Internationalität Halles stehe. „Diese Umbenennung verbindet die Universitätsgeschichte mit der Zukunft dieser weltoffenen Wissenschaftsstadt“, heißt es in dem Antrag. Schon am Beginn der Debatte um die Umbenennung hatte Wiegand deutlich gemacht, dass er die Initiative von mehr als 50 Professoren unterstützt, die eine Umbenennung der Straße wegen der Rolle des Leopoldina-Präsidenten Emil Abderhalden im Nationalsozialismus fordern.
12. August 2010: Der Kulturausschuss vertagt eine Entscheidung zur Umbenennung der Emil-Abderhalden-Straße. Zuerst soll ein Gutachten der Leopoldina kommen.
22. Oktober 2013: 43 Professoren der Martin-Luther-Universität fordern die Umbenennung der Straße wegen Abderhaldens Rolle im Nationalsozialismus.
23. Oktober 2013: Oberbürgermeister Bernd Wiegand spricht sich für eine Umbenennung aus.
12. November 2013: Die Professoren-Initiative macht vier Namensvorschläge - darunter auch Anton Wilhelm Amo.
2. Dezember 2013: Abderhaldens Tochter meldet sich zu Wort. Sie wirft den Umbenennungs-Befürwortern vor, das Andenken ihres Vaters zu beschädigen.
4. Dezember 2013: Der Kulturausschuss vertagt die Entscheidung, bis das Gutachten der Leopoldina im Sommer 2014 vorliegt.
Allerdings hatte der Kulturausschuss des Stadtrates in seiner Sitzung am 4. Dezember entschieden, vor einer Entscheidung über eine Umbenennung der Straße auf ein Gutachten im Auftrag der Leopoldina zu warten, das im Sommer nächsten Jahres vorgestellt werden soll. Dementsprechend harsch ist die Kritik an dem neuen Vorstoß des Oberbürgermeisters. „Das ist ein Schnellschuss, und er übergeht damit einfach die Entscheidung des Kulturausschusses“, sagte Stadtrat Erwin Bartsch (Linke). Aus seiner Sicht hätte Wiegand vor einem eigenen Vorschlag die Leopoldina anhören müssen.
Ruf der Akademie in Gefahr?
Schließlich bestehe die Gefahr, dass der Ruf der Nationalen Akademie der Wissenschaften durch eine Umbenennung der Straße weltweit beschädigt werde. Die Leopoldina selbst hatte sich im Kulturausschuss klar gegen einen neuen Namen ausgesprochen. Abderhalden sei weder ein Nationalsozialist noch ein Rassist gewesen, hatte die Generalsekretärin der Akademie, Jutta Schnitzer-Ungefug gesagt.
Auch SPD-Stadtrat Detlef Wend ist mit dem neuen Vorstoß des Oberbürgermeisters wenig glücklich. „Das macht die ganze Sache sicher nicht einfacher“, sagte er. Es wäre besser, dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum eine eigene Adresse zuzuweisen.
Dass der Antrag des OB den Stadtrat am Mittwoch passiert, ist unwahrscheinlich. Denn eigentlich folgt die Kommunalvertretung üblicherweise der Empfehlung der Ausschüsse. Dann würde die Entscheidung über eine Umbenennung vertagt.