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Mutmaßlicher Mord in Pouch Mutmaßlicher Mord in Pouch: Anklage fordert lebenslange Haft

Von thomas steinberg 17.03.2014, 15:00
Die Angeklagte Ursula E. sitzt neben dem Pflichtverteidiger Matthias Natho im Landgericht Dessau-Roßlau.
Die Angeklagte Ursula E. sitzt neben dem Pflichtverteidiger Matthias Natho im Landgericht Dessau-Roßlau. dpa Lizenz

Pouch/dessau - Im Mordprozess gegen eine Witwe aus Pouch haben am Montag am Landgericht Dessau-Roßlau Verteidigung und Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers gehalten.

Nach dem Mord in Pouch kamen unterschiedliche Spekulationen auf. Während einige Anwohner die Vermutung äußerten, dass der Rentner in der besagten Nacht Schrott-Diebe auf frischer Tat ertappt habe und von ihnen erschlagen worden sei, meinten andere, dass der Täter das Gelände gekannt haben muss, da es am Ende einer schmalen, unscheinbare Gasse läge. Eine Kehrtwende bekam der Fall, als die Witwe unter Mordverdacht geriet.

Weiter auseinander klaffen können die Vorstellungen von einem angemessenen Urteil nicht. Im Falle der des Mordes an ihrem Mann angeklagten Poucherin Ursula E. forderte die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Strafe, ihr Verteidiger plädierte auf Freispruch. Welcher Ansicht die 2. Strafkammer des Landgerichts näher ist, wird sich am Freitag zeigen, wenn das Urteil verkündet wird.

Zeit, um die Spuren zu verwischen

Staatsanwältin Manuela Naujok führte am Montag viele Indizien ins Feld, die für einen Heimtückemord sprechen sollen. Da wären einerseits die zeitlichen Abläufe: Die Angeklagte E. habe 40 Minuten Zeit gehabt, um in der Nacht vom 29. zum 30. Juli 2011 Spuren zu verwischen. So viel Zeit sei vergangen zwischen dem Moment, als sie nach eigenen Angaben die Leiche ihres Mannes hinter dem Haus gefunden haben will und ihrem Anruf beim Rettungsdienst. Dass die Leiche keinerlei Abwehrverletzungen aufweise, obwohl ihren Mann der erste Schlag mit einem schweren Gegenstand von vorn traf, spreche für dessen völlige Arglosigkeit – die zentrale Voraussetzung für den Heimtückevorwurf. Die „unbekannten Dritten“ als Täter bezeichnete sie als „Mär“. Wie hätten diese sich zum Beispiel in völliger Dunkelheit orientieren sollen?

Und warum sollten sie eine Eisenstange, die seit Jahren nahe des Tatorts stand und mit der Wolfgang E. definitiv nicht erschlagen wurde, so „verstecken“ sollen, dass sie als mögliche Tatwaffe gefunden werden musste? Als Motiv machte Naujok die seit Jahren prekäre finanzielle Lage der Eheleute aus und deren Bestreben, eine heile Welt vorzugaukeln. Dieses Modell sei mit dem Wegfall einer Einkommensquelle – mutmaßlicher Schwarzarbeit als Kurierfahren – bedroht gewesen. Mit den Zahlungen der Unfallversicherung nach dem Tod des Mannes hätte Ursula E. aber die finanziellen Probleme lösen können.

Angeklagte unter großer Belastung

E.’s Verteidiger Matthias Natho warf der Staatsanwaltschaft vor, um E. die Tat anzulasten, habe sie „fünf Mal um die Ecke gedacht, ohne zu prüfen, ob Frau E. selbst so denkt. Es kann nicht zulässig sein, Spekulationen zu Tatsachen zu erheben“. Er rückte das auffällige Verhalten E.’s nach der Tat in den Mittelpunkt. Dies war im Prozess ein zentrales Thema, wurde aber im Plädoyer der Staatsanwaltschaft ausgeklammert: Die Angeklagte habe, so ein Zeuge am Tatort, „völlig neben den Schuhen gestanden“ und sei während der Vernehmungen immer wieder zusammengebrochen. Natho erinnerte an die Einschätzung der vom Gericht beauftragten Psychiaterin, dass solche Belastungssymptome ohne deren genaue Kenntnis nicht gespielt werden könnten. Bei den Argumenten der Staatsanwaltschaft handele es sich um „substanzlose Vermutungen“, die Ermittlungen, so Natho, seien schlampig geführt worden. Nicht zuletzt sei die finanzielle Situation der E.’s zwar schwierig gewesen, das aber schon seit Jahren. Er könne nicht erkennen, was sich in der Tatnacht plötzlich verändert haben sollte. Ursula E. müsse freigesprochen werden, sie habe die Tat nicht begangen.

Zum ersten Mal überhaupt äußerte sich auch die Angeklagte im Verfahren. Sie nahm das Recht des letzten Wortes wahr: „Ich bin unschuldig, wir konnten uns aufeinander verlassen. Wir haben 47 Jahre eine gute Ehe geführt. Ich hoffe und wünsche, dass diese Tat aufgeklärt wird, damit unsere Familie wieder ein normales Leben führen kann.“ (MZ)