Solar-Firma Meyer-Burger-Chef Erfurt zu Schließungsplänen: „Es wäre meine bisher größte Niederlage“
Meyer-Burger-Chef Erfurt kündigt an, die Solarfabrik in Freiberg zu schließen, sollte politische Unterstützung ausbleiben. Warum das Zellwerk in Bitterfeld-Wolfen noch sicher ist.
Bitterfeld-Wolfen/MZ - Das große Solarmodulwerk von Mayer Burger im sächsischen Freiberg steht nach Worten von Gunter Erfurt vor dem Aus. „Es wäre meine bisher größte Niederlage im Berufsleben“, sagte der Vorstandschef am Mittwoch in einer Videokonferenz. Erfurt wurde in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) geboren und wohnt mit seiner Familie in Freiberg. Als Chef des Schweizer Unternehmens Meyer Burger wollte der Sachse die Solarproduktion zurück nach Deutschland bringen. Doch dieses Vorhaben droht zu scheitern.
In einer Mitteilung an die Aktionäre musste das Unternehmen einräumen, 2023 hohe Verluste geschrieben zu haben. Bei einem Umsatz von 135 Millionen Schweizer Franken (143 Millionen Euro) wurde ein Verlust vor Steuern von mindestens 126 Millionen Franken (133,6 Millionen Euro) erzielt. In der Kasse hat das Unternehmen noch 150 Millionen Franken (159 Millionen Euro). „Wir verlieren aktuell Geld in rauen Mengen“, räumte Erfurt ein. Dabei habe man 2023 laut Geschäftsplan Gewinne erzielen wollen.
China dominiert den weltweiten Solarmarkt
Als Grund für die schlechte Entwicklung nannte Erfurt unfaire Wettbewerbsbedingungen gegenüber chinesischen Konkurrenten. „Chinesische Module werden hierzulande praktisch verschenkt“, sagte er. Die Anbieter würden zur Sicherung ihrer Marktanteile Module unter den Herstellungskosten verkaufen. Die Preise seien in den vergangenen zwölf Monaten um 40 Prozent gefallen. Aufgrund der hohen Automatisierung der Fabriken seien die Produktionskosten in Deutschland nicht viel höher als in China und würden durch niedrigere Logistikkosten ausgeglichen. Erfurt dringt seit längerer Zeit darauf, dass EU-Kommission und Bundesregierung die europäische Solarindustrie besser schützen. Im September 2023 sagte er der MZ: „Es läuft bereits das Endspiel.“ Nun ist offenbar schon Nachspielzeit. „Ohne Unterstützung schließen wir das Werk in Freiberg Anfang April“, so Erfurt. Es sei die größte Solarmodulfertigung in Europa, betroffen wären 500 Mitarbeiter.
Rettung in letzte Minute erhofft sich Erfurt von der Bundesregierung. Der Solarverband BSW fordert seit längerem einen sogenannten Resilienz-Bonus für europäische Produkte. Laut Erfurt könnten beispielsweise Solarparkbetreiber eine etwas höhere EEG-Umlage erhalten, wenn sie deutsche Solarprodukte verwenden. Die Kosten beziffert der Meyer-Burger-Chef auf 50 Millionen Euro im Jahr. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstützt das, doch es ist unklar, ob es finanziert wird.
Chinesische Module werden praktisch verschenkt.
Gunter Erfurt, Chef von Meyer Burger
Denn die Mittel sollten aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, den das Bundesverfassungsgericht in Teilen für ungültig erklärt hat. Aktuell laufen die Haushaltsverhandlungen. Dem Vernehmen nach wollen die Grünen den Resilienz-Bonus einführen, die FDP sperrt sich. Rückhalt erhält Erfurt vom Wittenberger Bundestagsabgeordneten Sepp Müller (CDU): „Wir sollten nicht den Fehler wie beim Gas wiederholen und uns nur von einem großen Lieferanten abhängig machen.“ Ähnlich sieht es Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU), der zuletzt „gleiche Wettbewerbsbedingungen“ anmahnte.
Die USA baut die Solarindustrie mit Milliarden-Subventionen auf
Meyer Burger ist auch für Sachsen-Anhalts Wirtschaft wichtig, weil das Unternehmen in das Solar Valley in Bitterfeld-Wolfen die Solarzellen-Produktion zurückgebracht hat. Am Standort mit etwa 400 Mitarbeitern gibt es aktuell eine Produktionskapazität von 1,4 Gigawatt. Von Schließungsplänen ist der Standort nicht betroffen. „Das Werk wird weiter die Solarzellen für den Produktionshochlauf der US-Solarmodulproduktion liefern“, sagte Erfurt.
Zum schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und der Ansiedlung von Industrie fördert die USA über den sogenannten „Inflation Reduction Act“ auch die Solarbranche mit Milliarden. Meyer Burger besitzt bereits ein großes Modulwerk, das von Sachsen-Anhalt aus beliefert wird. Doch der Ausbau in Bitterfeld-Wolfen ist gestoppt. Stattdessen werden die Maschinen in einer ehemaligen Halbleiterfabrik in Colorado Springs im US-Bundesstaat Colorado aufgebaut. Dort will das Unternehmen auch eine Zellfertigung installieren. Ob die finanzielle Kraft dazu noch reicht, wird sich zeigen.