Streit unter dem gemeinsamen Dach Leserforum Welche Pflichten Wohneigentümer haben

Halle (Saale) - Nutzungsrechte, Mitbestimmung und Kostenteilung - welche Pflichten Wohneigentümer haben. Lothar Blaschke vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) hat Rede und Antwort gestanden.
Wer zahlt für neue Fenster?
Bärbel K., Hohenmölsen:Ein Eigentümer in unserem Haus hat angemeldet, dass er seine Fenster erneuern möchte. Anstelle der Holz- möchte er Plastikfenster einsetzen. Darf er das? In unseren Kaufverträgen steht, dass die Fenster-Instandhaltung zum Sondereigentum gehört.
Fenster gehören grundsätzlich zum Gemeinschaftseigentum. Sollte das in einer Gemeinschaftsordnung anders formuliert sein, ist dies nichtig. Mit Ihrer Gemeinschaftsordnung, die Bestandteil des Kaufvertrages ist, kann nur vereinbart sein, dass jeder Wohnungseigentümer die Kosten für die Reparatur der Fenster übernehmen muss.
Der komplette Austausch eines Fensters ist und bleibt Sache der Gemeinschaft. Der Mix von Holz- und Plastikfenster, ein- oder mehrstrebig, ist nicht statthaft, da dies die Außenansicht des Gebäudes nachhaltig verändert. Eine Erneuerung aller Fenster mit einer Anpassung an die heutigen Ansprüche wird über einen Modernisierungsbeschluss möglich.
Dafür ist ein doppelt qualifizierter Mehrheitsbeschluss der Eigentümer erforderlich, das bedeutet, dass eine Dreiviertelmehrheit aller Eigentümer - nicht nur der auf einer Versammlung anwesenden - die gemeinsam mehr als 50 Prozent der Mieteigentumsanteile besitzen, diesem Vorhaben zustimmen.
Eigenmächtiger Umbau des Gartens
Peter K., Saalekreis:Es geht um das Sondernutzungsrecht. Ein Eigentümer hat aus dem Garten von sich aus einen Spielplatz mit fest einzementierter Rutsche, Schaukel und Häuschen gemacht. Die einen Eigentümer sind damit einverstanden. Der an den Garten angrenzende Eigentümer jedoch nicht. Muss der „Spielplatz-Garten“ zurückgebaut werden?
Sondernutzungsrechte müssen vereinbart sein und können auch die Gartennutzung beinhalten. Wurde zur Nutzung und Gestaltung des Gartens nichts konkret vorgeschrieben ist davon auszugehen dass es nicht möglich ist, aus einem Garten einen Spielplatz zu entwickeln. Ein Spielplatz entspricht keiner typischen Gartengestaltung.
Da Rutsche, Spielplatz und Häuschen im Gartenboden des Eigentümers zementiert und somit fest mit dem Boden verbunden sind, stellen sie eine feste Bebauung dar. Grundsätzlich gilt: Bauliche Veränderungen, wegen der die Eigentümer über ein in § 14 WEG hinausgehendes Maß beeinträchtigt werden können, bedürfen derer Zustimmung.
Liegt diese Beeinträchtigung vor, und das wird bei einer optischen Veränderung am Gemeinschaftseigentum regelmäßig bejaht, müsste dem Vorhaben jeder Eigentümer zustimmen. Wenn auch nur ein Eigentümer dagegen ist, so wie es bei dem angrenzenden Nachbar der Fall ist, ist der Rückbau durchsetzbar.
Verweigerung der Hausgeld-Zahlung
Paul S., Osternienburg: Wir sind eine Gemeinschaft von vier Eigentümern. Am 1. September 2018 wurde eine Wohnung verkauft. Der neue Eigentümer will sie weiter verkaufen, bis dahin steht sie leer. Der neue Eigentümer bezahlt kein Hausgeld, auch nicht nach schriftlicher Aufforderung und Fristsetzung. Auch kommt er der Verpflichtung zu Winterdienst und Hausordnung nicht nach. Beides wird von uns anderen übernommen. Dies möchten wir gemäß Mindestlohn und Zeitaufwand dem säumigen Eigentümer in Rechnung stellen. Wie kommen wir zu dem Hausgeld?
Zunächst: Sie können einen Eigentümer nicht verpflichten, den Winterdienst und die Hausordnungspflichten persönlich auszuüben. Wohl hat aber jeder Eigentümer die Pflicht, sich daran zu beteiligen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten.
Entweder die Eigentümergemeinschaft überträgt Winterdienst und Hausordnung grundsätzlich an einen gewerblichen Dienstleister oder aber ein einzelner Eigentümer überträgt seine persönlichen Pflichten an einen Dritten. Dass die übrigen Eigentümer für den Säumigen den Winterdienst mit Blick auf die Pflicht zur Verkehrssicherheit wohl oder übel übernommen haben, berechtigt sie dazu, die Leistung dem Säumigen in Rechnung zu stellen.
Da sie das Hausgeld bisher erfolglos angemahnt haben, sollten sie den Rechtsweg bestreiten. Eine Klage setzt einen Beschluss der Wohnungseigentümer mit einer einfachen Stimmenmehrheit voraus.
Ist ein privater Wasseranschluss erlaubt?
Beate H., Saalekreis:Ein Eigentümer unserer Anlage möchte für seinen Garten einen privaten Wasseranschluss legen. Darf er das einfach so?
Der private Wasseranschluss geht von der Gemeinschaftswasserleitung ab und stellt einen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum dar. Insofern bedarf das Legen des privaten Anschlusses für den Garten der Zustimmung der Eigentümer. Der Beschluss sollte zugleich regeln, wie der Verbrauch ermittelt wird, wer die zukünftigen Wasserkosten übernimmt und wer die Kosten für den Anschluss sowie die Instandhaltung und Instandsetzung trägt.
Extra Versicherung für Rohrleitungen?
Daniela W., Landsberg:Wir haben eine Eigentumswohnung in Halle gekauft. Sie wird von unseren Eltern mietfrei bewohnt. Mir geht es um die Rohrleitungen, die direkt zu der Wohnung gehören. Muss ich sie extra versichern für den Fall eines Schadens?
Auch wenn das Wohnungseigentumsgesetz dem Wortlaut nach ausschließlich den Abschluss einer Feuerversicherung verlangt, ist die Gemeinschaft mit einer das Feuer beinhaltenden Gebäudeversicherung immer auch gegen Leitungswasserschäden und gegen Schäden infolge von Sturm und Hagel versichert.
Bei der Gebäudeversicherung wird keine Trennung zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen vorgenommen. Ein möglicher Schaden an der ausschließlich Ihre Wohnung versorgende Wasserleitung reguliert die Wohngebäudeversicherung der Eigentümergemeinschaft. Lassen Sie sich das bitte zu Ihrer Sicherheit von der Verwaltung bestätigen.
Darf ein Vertreter in die Versammlung?
Jörg P., Schkopau: Ich bin Verwalter einer Wohneigentumsgemeinschaft. Ist zu der Eigentümerversammlung die Teilnahme des einzelnen Wohneigentümers zwingend erforderlich oder kann er einen Vertreter schicken?
In der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung ist in Bezug auf die Teilnahme an der Eigentümerversammlung meist der Ehegatte oder Miteigentümer als Vertreter vereinbart. Sofern hier keine Beschränkung vorgenommen wurde, kann sich ein Wohnungseigentümer grundsätzlich von jedermann in der Versammlung vertreten lassen.
Allerdings bedarf es einer schriftlichen Vollmacht, die der Eigentümerversammlung im Original vorliegen muss. Die Eigentümerversammlung soll vom Grundsatz nicht öffentlich sein. Deshalb ist dringend anzuraten, die Vertretungsvollmacht auf einen bestimmten Personenkreis zu beschränken.
Gebäudeschäden wegen Waschmaschine
Nicole W., Halle:Unsere Eigentumswohnanlage besteht aus fünf Häusern. Wir haben alle Waschmaschinenanschlüsse im Keller. Ein neuer Eigentümer nutzt seine Waschmaschine in der Wohnung. Nicht nur, dass in unserer darunter liegenden Wohnung infolge der Schwingungen die Gläser klirren, auch die Wohnungsdecke wird in Mitleidenschaft gezogen. In einem anderen Haus ist es wegen solcher Schwingungen zu erheblichen Schäden gekommen. Der Verwalter meinte, er könne niemanden verwehren, in seiner Wohnung eine Waschmaschine aufzustellen?
Der Verwalter hat korrekt geantwortet. Keinem Eigentümer kann verwehrt werden, in seiner Wohnung eine Waschmaschine aufzustellen und diese zu nutzen. Gegen die Schwingungen hilft oft eine dämpfende Matte, auf der die Waschmaschine sicher steht und genutzt werden kann. Werden die Schwingungen dennoch so stark, dass eine Schädigung der zum Gemeinschaftseigentum zählende Decke, wie im Nachbarhaus geschehen, nicht auszuschließen sind, sollten Sie sofort handeln.
Informieren Sie den Verwalter schriftlich über die entstandene Situation, die gegebenenfalls ein Gutachter bewerten muss. Jeder Eigentümer unterliegt nach §14 WEG der Pflicht, jeglichen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu vermeiden. Auch kann der Verwalter bei nachgewiesener Untätigkeit schadensersatzpflichtig werden, sollte der Schaden im Laufe der Zeit größer werden.
Jeder Wohnungseigentümer ist nach § 21 WEG selbst berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.
Wie sich das Hausgeld zusammensetzt
Sabine V., Halle: Wir sind Rentner und wollen eine Zwei-Raum-Wohnung kaufen, in die wir später selbst einziehen. Vorerst wollen wir sie vermieten. Was sollten wir vor dem Kauf beachten? Wie wird das Hausgeld berechnet?
Nach Ihrer Schilderung wollen Sie eine Bestands-Eigentumswohnung erwerben. Sie sollten sich vom Verwalter die Beschlusssammlung zeigen lassen. Hier werden alle Beschlüsse der Wohnungseigentümer festgehalten, so dass Sie sich ein Bild von der Eigentümergemeinschaft machen können.
Die letzten zwei oder drei Protokolle der Eigentümerversammlung geben zudem Auskunft über die konkreten Wirtschaftspläne und deren Abrechnung. Das betrifft sowohl die Gesamtheit als auch die Einzelabrechnungen. Der Wirtschaftsplan für Ihre Wohnung enthält die Summe des Hausgeldes. Es setzt sich zusammen aus den Betriebskosten, der Instandhaltungsrücklage und eventuell einer Sonderumlage für größere Instandhaltungen.
Lassen Sie sich darlegen, welche größeren Instandhaltungsmaßnahmen in den Folgejahren geplant sin. Hilfreich kann es bei bestehenden Unsicherheiten sein, sich eines Sachverständigen zu bedienen. Mit seiner Hilfe können Sie in Erfahrung bringen, ob Ihnen gleich nach dem Erwerb zusätzlich hohe Sonderauslagen drohen beziehungsweise ob die Instandhaltungsrücklage dafür ausreichend gefüllt ist.
Lothar Blaschke, Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN)
Alltagshilfe: In jeder Woche gibt das Ratgeber-Team Lesern die Gelegenheit, Fachleuten zu einem Thema Fragen zu stellen. Die interessantesten Fragen werden montags an dieser Stelle veröffentlicht.
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Dorothea Reinert notierte Fragen und Antworten.
(mz)