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Bank- und Versicherungskonzern Bank- und Versicherungskonzern: Die Allianz baut 7 500 Arbeitsplätze ab

22.06.2006, 06:05

München/Frankfurt/Main/dpa/MZ. - Deutschlands größterVersicherungskonzern Allianz plant trotz Milliardengewinnen einendrastischen Stellenabbau: Rund 7500 Arbeitsplätze sollen wegfallen.Im deutschen Versicherungsgeschäft sollen bis 2008 rund 5000 Stellengestrichen werden, etwa jede sechste Vollzeitstelle, teilte dieAllianz AG am Donnerstag in München mit. Im Versicherungsgeschäft sindin Mitteldeutschland die Niederlassungen inMagdeburg und Leipzig betroffen. Der StandortMagdeburg mit 51 Beschäftigten wird aufgelöst.In Leipzig sollen 281 Vollzeitstellen der1400 Mitarbeiter wegfallen. Aufgrund vielerTeilzeitbeschäftigter rechnet die Gewerkschaftmit den Verlust von über 500 Jobs.

Bei der Tochter DresdnerBank werden zur Steigerung der Rendite 2480 Stellen gestrichen.Allianz-Deutschland-Chef Gerhard Rupprecht sprach von «schmerzlichenSchritten», die aber notwendig seien, um die Wettbewerbsfähigkeit zuerhalten. Mit den Vertretern der Beschäftigten sei bereits einSozialplan vereinbart worden sowie ein Programm zur freiwilligenUmsetzung der Neuordnung.

Die angekündigten Streichungen lösten heftige Proteste unter denschockierten Beschäftigten aus. Die Gewerkschaft ver.di und dieBelegschaft kündigten harten Widerstand an. Kurzfristig würdenAktionen und Warnstreiks vorbereitet, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Uwe Foullong in Berlin. Der Stellenabbau inder Versicherungsbranche wird nach Angaben des Gesamtverbands derVersicherungswirtschaft (GDV) in den nächsten Jahren weiter gehen.Etwa drei Prozent der 233 000 Beschäftigten müssten um ihrenArbeitsplatz bangen, sagte Edmund Schwake vom GDV-Präsidium.

Bei der Dresdner Bank zeichnete sich der Stellenabbau bereits seitmehr als einem halben Jahr ab. Hintergrund sind die imBranchenvergleich weiterhin hohen Kosten im Verhältnis zu denEinkünften. Die Bank hat seit der Übernahme durch die Allianz im Jahr2001 bereits mehr als 17 000 Jobs gestrichen. Am Ende des erstenQuartals 2006 waren noch 28 400 Stellen übrig. Die Bank hofft, dasausgegebene Ziel einer Eigenkapitalrendite von zwölf Prozent nachSteuern erreichen zu können.

«Wir haben uns die Entscheidungen alles andere als leichtgemacht, gerade weil wir wissen, dass davon persönliche Schicksalebetroffen sind», sagte Rupprecht. Die Mitarbeiter sollten aberChancen bekommen, sich auf andere Arbeitsplätze im Konzern zubewerben, «die wir in großem Umfang ausschreiben werden». Die Börsereagierte positiv auf die Pläne. Bis zum Nachmittag gewannen dieAllianz-Aktien zeitweise 2,17 Prozent auf 122,22 Euro.

Allianz-Konzernbetriebsratschef Norbert Blix erklärte, man habedie geplanten Einschnitte «mit Entsetzen» zur Kenntnis nehmen müssen.«Wir bedauern es, dass sich die Allianz in die Konzerne einreiht, dietrotz Milliardengewinnen Standorte schließen und Tausende vonArbeitsplätzen vernichten.»

Die Zahl der Allianz-Standorte soll von 21 auf 10 reduziertwerden. An den verbleibenden Standorten sollten im Zuge derNeuordnung im Innen- und Außendienst gut 25 000 Vollzeitarbeitsplätzeerhalten werden, sagte Rupprecht.

Am härtesten trifft es den Standort Köln mit derzeit 1297Beschäftigten, der komplett geschlossen werden soll. «Die Stimmungder Mitarbeiter ist auf dem Nullpunkt. Aber wir werden nichtresignieren, sondern kämpfen», sagte die BetriebsratsvorsitzendeGabriele Burkhardt-Berg. Nordrhein-Westfalen verschwinde mit derEntscheidung von der «Allianz-Karte». Geschlossen wird auch dieNiederlassung der Lebensversicherung in Frankfurt, wo künftiglediglich ein auf die Automobilwirtschaft spezialisierter Standortverbleiben soll. Von den derzeit 1643 Vollzeitstellen in Frankfurtsollen laut Allianz 878 in den nächsten zwei Jahren wegfallen.

Dichtmachen will die Allianz zudem Nebenstandorte derSachversicherung in Mainz, Aachen, Hannover, Augsburg, Freiburg,Mannheim, Nürnberg, Magdeburg und Ulm sowie die Niederlassung derKrankenversicherung in Dortmund. In Hamburg fallen laut ver.di rund40 Prozent der rund 1600 Arbeitsplätze weg. Aus Köln sollten 500Mitarbeiter nach Hamburg wechseln können. Dafür müssten HamburgerStelleninhaber ihren Platz räumen, sagte Berthold Bose von ver.di ineiner Betriebsversammlung. Die fassungslosen Mitarbeiter hätten mitdiesen drastischen Einschnitten nicht gerechnet, berichtete Bose.

Die Allianz verspricht sich durch das neue Betriebsmodellmittelfristig Kosteneinsparungen von insgesamt 500 bis 600 MillionenEuro allein im Versicherungsgeschäft. Einschließlich der Maßnahmenbei der Dresdner wurden die Einsparungen auf fast eine Milliarde Eurobeziffert. Die Allianz habe in den vergangenen Jahren in Deutschlandvor allem im Versicherungsgeschäft kontinuierlich Kunden undMarktanteile verloren. «Es wäre verantwortungslos, dieser Entwicklunguntätig zuzusehen», sagte Rupprecht. Allein in den vergangenen dreiJahren sei die Zahl der Kunden um eine Million auf rund 19 Millionenzurückgegangen.

Bei der Dresdner Bank sollen die Stellen in der FrankfurterZentrale sowie an regionalen Standorten wegfallen. Die Bank richtetihre Sparten in Anlehnung an große Wettbewerber neu aus: DasMittelstandgeschäft soll ausgebaut werden und gehört nach derNeuaufstellung zu der Sparte, in der auch die Privatkunden betreutwerden. Die Mitarbeiter sollen mehr Arbeitszeit für Kundengesprächeeinsetzen, administrative Tätigkeiten werden in eine eigene Sparteausgelagert. Die zuletzt ertragsschwache Investmentbank wird stärkerin den Bankkonzern integriert und trägt künftig den Namen DresdnerKleinwort. Damit fällt der Zusatz «Wasserstein» weg, der auf denInvestmentbanker Bruce Wasserstein zurückgeht - er ist längst zurKonkurrenz gewechselt.

Jobabbau bei der Allianz (Grafik: dpa)
Jobabbau bei der Allianz (Grafik: dpa)
dpa