Zoff zwischen Ost-Klubs 3. Liga: Hansa Rostock erhebt Vorwürfe gegen HFC und FCM

Rostock/Halle (Saale) - Noch Ende April versuchte der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die in der Frage um einen Saison-Abbruch oder Geisterspiele heillos zerstritten 3. Liga noch einmal auf ein „gemeinsames Ziel“ und eine „konstruktive Diskussion“ einzunorden. Spätestens seit Mittwochabend ist klar, dass dieser Versuch kläglich gescheitert ist.
Die 3. Liga, die höchste Spielklasse des DFB, gibt dieser Tage eine katastrophale Außenwirkung ab. Schon lange sind die Fronten verhärtet. Kurz und grob zusammengefasst: Alle Klubs, die etwas zu verlieren haben (Aufstieg oder Klassenerhalt), sind für den sofortigen Abbruch. Alle, die noch etwas gewinnen können, weil sie im Niemandsland der Tabelle stehen, sind für die Fortsetzung.
Lag die verbale Konfliktlinie bislang vor allem zwischen dem Osten (Hallescher FC, 1. FC Magdeburg, Carl Zeiss Jena) und Bayern (1860 München), gibt es nun auch unter den Ost-Klubs Ärger und schwere Vorwürfe. Nachdem zunächst der Chemnitzer FC mit seinem überraschenden Wechsel ins Lager der Geisterpiel-Befürworter für Unmut gesorgt hat, schießt nun ein weiterer Verein öffentlich gegen die Konkurrenz.
3. Liga Hansa Rostock zweifelt Argumente von HFC und FCM an
„In Sachsen Anhalt soll der Klassenerhalt politisch gesichert werden“, sagte Robert Marien, Vorstandsvorsitzender von Hansa Rostock, beim NDR. Ein schwerer Vorwurf Richtung HFC und FCM, die sich am Mittwoch nach der Entscheidung der Politik über den Re-Start der Bundesligenmit Rückendeckung der Landesregierung noch einmal klar für den Abbruch positioniert hatten.
Hansa gehört zum Kreis der Geisterspiel-Befürworter und sieht für das Verhalten der Konkurrenz weniger moralisch-gesellschaftliche, als vielmehr strategische Gründe: „Der Blick auf die Tabelle verrät da leider einiges. Und das ist ein schlechtes Zeichen für die 3. Liga in der Außendarstellung.“
Marien ist zunehmend genervt von der Dauer-Debatte unter den 20 Vereinen und fordert vom DFB eine schnelle Entscheidung zur Wiederaufnahme der Saison. Er selbst ist zuverichtlich, dass der Ball schon balb wieder rollen wird in Liga drei. „Eine Sachdiskussion fällt schwer. Die Positionen stehen fest, dann können Sie Argumente liefern, wie Sie wollen“, sagte Marien in Richtung Abbruch-Lager.
Carl Zeiss Jena bleibt dabei: Fortsetzung der Saison ist nicht möglich
Gegen-Argumente wie wirtschaftliche Bedenken oder Probleme bei der Umsetzung des DFL-Hygienekonzepts hält er für falsch oder vorgeschoben. „Geisterspiele kosten uns eine Millionen Euro, der Saisonabbruch zwei Millionen. Geisterspiele die beste der schlechten Optionen“, rechnet Marien. „Die Hygieneregeln sind umsetzbar, auch wenn es sehr schwierig ist“, sagt der Hansa-Boss und verweist auf die Solidaritätszahlung der DFL: „Das macht es ein Stück weit einfacher.“ Das Geld war von der DFL bedingungslos zur Verfügung gestellt worden, vom DFB dann aber an die Wiederaufnahme des Spielbetriebs geknüpft worden.
HFC und FCM rechnen und sehen das komplett anders. Und auch Carl Zeiss Jena, sportlich abgeschlagenes Schlusslicht der Drittliga-Tabelle, ließ am Mittwoch verlauten: „In der 3. Liga jedoch gilt weiterhin, dass eine Wiederaufnahme der derzeitig unterbrochenen Saison nicht möglich ist.“
Das Land Thüringen lehnt eine Sonderrolle des Fußballs ebenfalls ab und sieht kaum Chancen für eine Fortsetzung der 3. Liga vor Juli. „Als Landesregierung haben wir auch stets betont, dass eine vom Breitensport abgekoppelte Regelung für den Profifußball nicht vertretbar ist. Ich finde die Überlegungen, die im Thüringer Fußballverband derzeit angestellt werden, nämlich die aktuelle Saison nicht abzubrechen, sondern über zwei Jahre zu strecken, sehr interessant“, sagte Sportminister Helmut Holter der Deutschen Presse-Agentur. Der Linke-Politiker fügte an: „Fußball bleibt ein Sport mit hohem Kontaktpotenzial. Auch vor diesem Hintergrund halte ich einen Spielbetrieb in der 3. Liga bis 30. Juni für nicht realistisch.“
DFB sieht in Abbruch der Saison weiter keine Lösung und drängt auf Re-Start
Nach der Genehmigung für die Bundesligen hofft der DFB ebenso wie Marien auf eine baldige Fortsetzung der 3. Liga. Vizepräsident Rainer Koch berichtete am Mittwochabend im „Bayrischen Rundfunk“, dass sich der Verband bereits an Innenminister Horst Seehofer und Gesundheitsminister Jens Spahn gewandt habe.
„Es sind eigentlich die gleichen Konzepte, die für die Bundesliga, für die 2. Liga bestehen und für die 3. Liga und die Frauen-Bundesliga. Das ist auch Profisport“, sagte Koch. Die 3. Liga sei wirtschaftliche in einer sehr schwierigen Sandwich-Position, da die ganz großen Fernseheinnahmen wie in den Bundesligen nicht erzielt werden können.
Dennoch sieht Koch in einem Abbruch keine Lösung. „Diejenigen, die jetzt den Abbruch der 3. Liga fordern, die sollen mal sagen, wie sie sich das mit der neuen Saison vorstellen. Denn wir haben die Situation, dass bis Ende August nicht mit Zuschauern gespielt werden kann. Aber wir können doch nicht warten bis September oder Oktober, um die neue Saison zu beginnen“, sagte der Jurist. „Wer jetzt die Saison in der 3. Liga abbricht, muss eigentlich zugleich auch fordern, dass er frühestens im September oder Oktober wieder spielen kann. Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit.“ (mz/bbi/dpa)