Untersuchung Untersuchung: Kein Mann vom Reh

Halle/MZ. - Nun, das stimmt leider nicht. Denn in Wahrheit ist die Filmfigur Bambi kein Rehkitz, sondern ein Hirsch. Das musste einmal gesagt werden - findet zumindest die Deutsche Wildtier Stiftung (Dewist) mit Blick auf den neuen Disney-Film "Bambi 2", der kommende Woche anläuft. Denn in dem Zeichentrick-Streifen ist Bambi wirklich der Sohn eines Weißwedelhirsches.
Doch das war ursprünglich ganz anders. Bambi-Vater Felix Salten (1869-1945) nämlich erzählt in seinem Buch "Bambi, ein Leben im Walde" noch von einem kleinen Reh, das durch Österreichs Wälder wuselt. Doch Ende der 30er Jahre kaufte Walt Disney die Filmrechte - und weil es in den USA keine Rehe gibt, musste 1942 aus dem Rehkitz ein Hirschkalb werden.
Bis heute haben das längst nicht alle Bambi-Fans bemerkt - nicht einmal die "Bambi-2"-Verleihfirma Buenavista: Auf deren Internetseite heißt es über das neue "Abenteuer des berühmtesten Rehs der Filmgeschichte" Bambi habe großen Respekt vor seinem Vater, einem stolzen Hirsch.
Das Reh der Sohn vom Hirsch? Schon in der deutschen Fassung des Films von 1942 war Bambi ein Rehkitz mit einem Hirsch als Vater. Womöglich hat dies zur gängigen Ansicht beigetragen, der Rothirsch sei der "Mann vom Reh". Diese Auffassung sei "nicht nur ein Kinderphänomen", urteilt auch Ralf Pütz, Bildungsreferent beim Deutschen Jagdschutz-Verband. Vor allem Kinder, die naturfern in Städten aufwüchsen, glaubten daran. "Ein Dinosaurier ist denen vertrauter als ein Hirsch."
Die falsch verstandene Verwandtschaft zwischen Reh und Hirsch ist jedoch nicht der einzige Irrtum, den auch der neue Bambi-Film nährt. Der Titelzusatz, wonach Bambis Vater der "Herr der Wälder" sei, ist ebenfalls unkorrekt. Rothirsche taugen nicht zum "König der Wälder", weil sie als ehemalige Steppenbewohner offene Landschaften bevorzugen. Schon ihr ausladendes Geweih ist für den Wald ungeeignet. Ein 14-Ender, der durchs Gestrüpp flüchten müsste, würde sich rasch darin verheddern. Zum Bewohner des Waldes ist der Rothirsch erst durch den Menschen geworden. Dessen Landhunger verdrängte ihn in die Forsten - ein "König der Felder" war unerwünscht. Den Wäldern bekommt das leider gar nicht gut. In ihnen sei der Rothirsch "zu einem Schadensfaktor geworden", befinden Experten. Zwar frisst Rotwild am liebsten Gras. "Doch im Spätwinter schält es die Rinde von nahezu allen Baumarten." Nur nicht im Zeichentrickfilm. In dem darf Rehkitz Bambi bleiben auch nach 64 Jahren bleiben, was es in Wirklichkeit nie war: Ein kuscheliger Hirschsohn, der zum "Herrn der Wälder" heranwächst.