Wohnungspolitik Senat will den Wohnungsbau mit neuem Gesetz beschleunigen
Neue Wohnungen werden in Berlin dringend gebraucht, aber Bauvorhaben dauern oft sehr lange. Der Senat will nun gegensteuern. Nicht alle sind begeistert über die Ideen des Bausenators.
Berlin - Mit dem Bau dringend benötigter neuer Wohnungen soll es in Berlin künftig schneller vorangehen. Der Senat hat am Dienstag den Entwurf für ein entsprechendes Gesetz beschlossen.
Es umfasst zahlreiche Maßnahmen, um bei der Vorbereitung und Umsetzung von Bauprojekten schneller voranzukommen, wie Bausenator Christian Gaebler anschließend erläuterte. Bisher dauert das nicht selten mehrere Jahre. „Ich glaube, dass wir hier tatsächlich einen großen Schritt machen“, sagte der SPD-Politiker. „Es werden alle davon profitieren, auch wenn wir nicht jedes Problem werden lösen können.“
Der Gesetzentwurf wecke bundesweit Interesse, sagte Gaebler - zum einen mit der Frage, ob Berlin das hinbekomme, aber auch, weil es um eine so grundlegende Analyse der Probleme gehe. Mit dem neuen salopp „Schneller-Bauen-Gesetz“ betitelten Projekt sollen unter anderem Planungs- und Genehmigungsverfahren gestrafft und standardisiert, Prüf- und Bearbeitungsfristen eingeführt und Zuständigkeiten zwischen Landes- und Bezirksebene klarer geregelt werden. Die Landesebene soll außerdem mehr Einfluss auf bestimmte Verfahren bekommen.
Ein weiteres Ziel der neuen Regelungen ist es, dass Bauherren verlässlicher Auskunft darüber erhalten, wann mit einer Baugenehmigung zu rechnen ist, damit sie besser planen können. Bei großen Projekten sollen sich alle Beteiligten frühzeitig an einem Tisch abstimmen und Hindernisse aus dem Weg räumen. Ebenfalls geplant ist mehr Digitalisierung.
Naturschutzverbände warnen
Naturschutzverbände hatten zuletzt davor gewarnt, Natur- und Artenschutz zugunsten schnelleren Bauens auszuhöhlen. Unter anderem ist vorgesehen, die gesetzlichen Regelungen zum Natur- und Artenschutz in Berlin zu vereinfachen. Um den steigenden Bedarf an Ausgleichsflächen für Bauprojekte zu decken, soll es ein verstärktes Vorkaufsrecht für solche Flächen geben.
Gaebler kündigte an, der Gesetzentwurf werde zunächst dem Rat der Bürgermeister aus den Bezirken vorgelegt. Das Landesparlament könnte sich dann bei seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause im September damit beschäftigen. Beschlossen werden soll das Gesetz noch im Dezember.
Und wird dann bald viel schneller und auch in anderen Dimensionen gebaut? Gaebler mochte keine Prognose zu Zahlen wagen: „Ehrlicherweise ist nicht konkret zu sagen, damit können wir in den nächsten Jahren 30.000 Wohnungen mehr bauen“, räumte er ein. Aber das Gesetzesvorhaben ermögliche es, Zeit zu sparen sowie Kosten und Kostenrisiken zu reduzieren - aus Gaeblers Sicht sind das wichtige Voraussetzungen dafür, dass der Anreiz zum Bauen wieder zunehmen könnte.
Lob aus der Baubranche
Zustimmung kommt aus der Baubranche: „Berlin fehlen viele Zehntausend Wohnungen. Die Hauptstadt braucht darum dringend mehr Tempo beim Neubau. Der Entwurf zum Schneller-Bauen-Gesetz und das zugehörige Maßnahmenpaket sind aus Sicht der Berliner Wirtschaft ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung“, teilten unter anderem der Bauindustrieverband Ost, der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg und die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg mit.
„Wir sind optimistisch, dass damit Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller vorankommen und so zügig mehr Wohnraum in der wachsenden Stadt entstehen kann.“ Ob das Schneller-Bauen-Gesetz ein Erfolg wird, müsse sich in der Praxis zeigen.
Werden die entscheidenden Probleme angegangen?
Aus der Opposition gab es deutliche Kritik: „Die entscheidenden Probleme werden mit dem Gesetz nicht angegangen“, bemängelte Grünen-Fraktionschef Werner Graf. Der Senatsentwurf verkompliziere Verfahren. Dadurch gebe es zusätzliche Rechtsunsicherheiten. Auch mit Blick auf die Herausforderungen beim Klimaschutz sei das Gesetz nicht hilfreich. Außerdem sei es voller Misstrauen gegenüber den Bezirken und kenne als Lösung nur die Zentralisierung.
Auch die Linken können dem Entwurf wenig abgewinnen. „Der Beschluss ist Zeugnis des ungeheuren Ausmaßes an Ignoranz und Überheblichkeit, mit dem dieser Senat Berlin regiert“, kritisierte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katalin Gennburg. Der Umweltschutz werde auf dem Altar der unerschütterlichen Betonpolitik der schwarz-roten Regierung geopfert.
„Dafür reißt der Senat immer mehr Kompetenzen an sich, entmachtet die bezirklichen Parlamente und Fachbehörden und stößt vor Ort engagierten Bürgerinnen und Bürgern vor den Kopf.“ Auch Gennburg kritisierte, der Gesetzentwurf schaffe neue Doppelstrukturen zwischen Bezirken und Senat und schüre neue rechtliche Unsicherheiten.