Brombeer-Koalition Brombeer-Koalition: 100-Tage-Programm ohne Streit erfüllt
Bessere Bildung, weniger Bürokratie und der Wirtschaft auf die Sprünge helfen – das hat sich Thüringens Brombeer-Koalition in den ersten 100 Tagen vorgenommen. Was ist daraus geworden?

Erfurt - Thüringens Koalitionsregierung aus CDU, BSW und SPD hat nach Ansicht von Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) in den ersten 100 Tagen einen guten Start hingelegt. Die 50 Projekte im 100-Tage-Programm seien entweder umgesetzt, oder gestartet worden, sagte Voigt bei einer Zwischenbilanz in Erfurt.
„Wir haben daran gearbeitet, das Land auf Spur zu bringen und keine Zeit mit Streit verloren.“ Deutschlands einzige Brombeer-Koalition habe gezeigt, „Politik kann abliefern“.
Wirtschaft verlangt Aufbruch
Massive Kritik kam vor allem von der Linken, deren Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig der Regierung Fehlentscheidungen und heiße Luft vorwarf. Positiv äußerte sich der Verband der Wirtschaft. Ein Pakt für Wachstum und Arbeit sei geschlossen, eine Arbeitsgruppe Bürokratieabbau arbeite, erklärte Geschäftsführer Matthias Kreft.
Wie er forderte auch die Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Erfurt, Cornelia Haase-Lerch, mehr Tempo. Die Wirtschaft erwarte einen Aufbruch mit Bürokratieabbau, schnellen Verwaltungsprozessen und wettbewerbsfähigen Energiepreisen.
Voigt nannte auf der Habenseite den Landeshaushalt 2025, der Ende der Woche vom Parlament beschlossen werden könne. Sachsen, wo auch im September 2024 gewählt worden sei, bringe den Etat dagegen erst in den Landtag ein.
Positiv verbuchte er auch eine vereinfachte Vergabeordnung für öffentliche Aufträge, die Einstellung von 200 Lehrern im Februar, eine Übernahmegarantie für 600 Lehramtsstudenten oder ein Finanzpaket über 155 Millionen Euro für die Kommunen.
Wolf: Vertrauen in die Politik zurückgewinnen
Finanzministerin Katja Wolf (BSW) verwies unter anderem auf erste Schritte, um die Grundsteuer für Wohnimmobilien in Thüringen zu senken. Die bisher nach dem Bundesmodell berechnete Grundsteuer habe zu Verwerfungen geführt, die die neue Landesregierung korrigieren wolle. Als ihr wichtigstes Ziel nannte Wolf, „Vertrauen in die Politik zurückgewinnen“. Dazu gehöre, dass die Brombeer-Koalition nach Kompromissen suche.
Innenminister Georg Maier (SPD), der wie Wolf Vize-Ministerpräsident ist, sagte, „wir wollen als Koalition das Miteinander vorleben“. Er verwies auf den ersten Gesundheitsgipfel kürzlich, einen Sonderfonds für Strukturveränderungen an Krankenhäusern, geplante Änderungen beim Polizeiaufgabengesetz, um den Beamten mehr Befugnisse zu geben und eine bessere Ausstattung von Polizei und Verfassungsschutz.
Einige Aspekte, die in den vergangenen 100 Tagen aus Sicht der Regierung erledigt oder angeschoben wurden:
Haushalt:
Der Haushalt liegt mit einer Vielzahl von Korrekturen und auf knapp 14 Milliarden Euro gewachsenen Ausgaben im Landtag. Über ihn will das Parlament am Freitag abstimmen. Für den geplanten Doppelhaushalt 2026/27, mit dessen Erarbeitung die Regierung laut Wolf jetzt beginnt, wurde eine halbe Milliarde Euro in der Finanzrücklage des Landes gelassen.
Schulen:
Freiwerdende Personalkapazitäten sollen gezielt eingesetzt werden, um Unterrichtsausfälle und zu kleine Klassen zu vermeiden. Durch eine Überarbeitung der Einstellungsrichtlinie will die Regierung mehr Flexibilität im Einsatz von Lehrern und Seiteneinsteigern ermöglicht.
Zudem sollen Möglichkeiten geschaffen werden, um pensionierte Lehrkräfte für stundenweise Einsätze zu gewinnen. Etwa 600 Lehramtsstudenten wurde durch den Ministerpräsidenten und den Bildungsminister eine Einstellungsgarantie gegeben.
Die Zahl der Ausbildungsplätze für Lehramtsstudiengänge – vor allem in den Naturwissenschaften soll mittelfristig steigen. Das Bildungsministerium bereitet einen Fahrplan zur Vorbereitung von landesweit einheitlichen verpflichtenden Sprachtests im fünften Lebensjahr vor.
Krankenhäuser:
Es wird mit dem Landeshaushalt 2025 eine neue finanzielle Förderung für Krankenhäuser geschaffen, die ihre Strukturen anpassen. Zunächst gibt es 20 Millionen Euro, bis 2027 soll der Fonds auf 100 Millionen Euro aufgestockt werden.
24-Stunden-Läden:
Die Landesregierung will 24-Stunden-Läden ohne Personal ermöglichen. Für diese sogenannten digitalen Verkaufsstellen wird derzeit eine Ausnahmeregelung beraten. Dazu soll es eine Anhörung von Interessenverbanden geben.
Meisterförderung:
Die Zahlung von Meisterbonus und Meisterprämie wurde auf weitere Berufsgruppen ausgeweitet. Alle relevanten Fortbildungsabschlüsse in Industrie, Handwerk und Grünen Berufen würden jetzt berücksichtigt und damit bestehende Lücken in der Unterstützung geschlossen. Das Land plant lauf Wirtschaftsministerium, diese Förderung ab dem Doppelhaushalt 2026/2027 langfristig abzusichern.
Migration:
Zum Thema Migration sagte Voigt, im ersten Halbjahr 2025 solle es die angekündigte Landesausländerbehörde geben. Damit habe Thüringen dann eine zentrale Struktur, um mehr Ordnung in die Migrationspolitik zu bringen. Auch eigene Thüringer Abschiebehaftplätze würden eingerichtet. An der Einführung einer Landesbezahlkarte für Asylbewerber halte die Koalition fest.