MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 18. Juli 2024 Der treue Kunde wird bestraft: Stadtwerke fördern Schnäppchenjäger
Weitere Themen: Mehr Engpassberufe / DHL verlängert in Leipzig/Halle / Depot ist insolvent / Sachsen verkauft Bitcoins / Beiersdorf investiert / Effenberg geht
Als Wirtschaftsredakteur der Mitteldeutschen Zeitung beschäftige ich mich zwangsläufig mit dem Auf und Ab der Energiepreise. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich privat immer den günstigsten Stromtarif wähle. Ich muss es hier gestehen: Ich bin privat bei unserem örtlichen Regionalversorger Envia-M im Grundversorgungstarif. Für die Kilowattstunde zahle ich 43 Cent.
Die Schnäppchenjäger unter den Stromverbrauchern werden für mich, nur ein bedauerndes Kopfschütteln übrig haben. Die günstigsten Festpreisangebote liegen laut dem Vergleichsportal Verivox in Deutschland aktuell bei etwa 25 Cent. Selbst Envia-M hat aktuell ein Festpreisangebot für 33,8 Cent für 24 Monate. Ich verschenke also Geld.
Doch finde ich es sehr mühsam, mich jährlich wieder mit neuen Stromtarifen zu beschäftigen. Was ich von meinem Versorger möchte: verlässlich Strom und einen einigermaßen fairen Preis. Das ist doch nicht zu viel verlangt. Scheinbar doch.
Inzwischen gewinnt man den Eindruck – auch wenn sich das schwer belegen lässt – dass das unternehmerische Risiko voll auf die Verbraucher abgewälzt wird. Entweder die Kunden nehmen ein befristetes Festpreisangebot, müssen sich dann aber auch ständig mit wechselnden Tarifen beschäftigen, oder sie schlucken die deutlich höheren Tarife in der Grundversorgung.
Ich weiß, die Vertriebsvorstände der Energieversorger würden mir jetzt erklären, dass in der Grundversorgung kontinuierlich am Markt eingekauft wird. Die hohen Preise von 2022 schlagen jetzt noch in der Stromrechnung zu Buche.
Doch die Regionalversorger und Stadtwerke ziehen sich mit ihrer aktuellen Preispolitik ein Herr von Schnäppchenjägern groß. Wenn ich ohnehin jedes Jahr einen neuen Vertrag abschließen muss, dann kann ich das auch beim womöglich günstigeren Wettbewerber tun, der in Hamburg, München oder Dortmund sitzt.
Wäre es nicht sinnvoll, eher die langjährigen Kunden mit günstigen Tarifen zu belohnen anstatt die Wechselkunden? Darüber sollten die Spitzen bei Stadtwerken und Regionalversorgern mal nachdenken. Es wird immer viel von Kundenbindung und innovativen Preismodellen geredet. Bei mir verfestigt sich der Eindruck: Der treue Kunde wird bestraft. Und selbst wenn ich mich irre, sollte es den Energiemanagern zu denken geben, dass viele Kunden das so sehen.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
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