MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 27. Februar 2025 Arbeiter wählen mehrheitlich AfD: „Sozial benachteiligt und entehrt“
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37,3 Prozent in Sachsen, 37,1 Prozent in Sachsen-Anhalt und 38,3 Prozent in Thüringen: Die AfD war in den mitteldeutschen Ländern bei der Bundestagswahl mit Abstand die stärkste Partei. Bundesweit liegt die rechtspopulistische Partei mit 20,8 Prozent hinter der CDU auf Platz zwei.
Vor allem bei den Arbeitern haben CDU/CSU und SPD kräftig verloren. Laut einer Nachwahlbefragung des Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap kommt die AfD bundesweit im Arbeitermilieu auf 38 Prozent, bei der Forschungsgruppe Wahlen sind es bei Arbeitern immerhin 30 Prozent. Auf jeden Fall ist die Partei stärkste Kraft. Eine genaue Wahlanalyse hat dazu die Konrad Adenauer Stiftung erstellt.

Experten führen den Zuwachs darauf zurück, dass die rechte Partei Steuersenkungen und mehr Rente verspricht. Das mögen Faktoren sein. Doch wesentlicher dürfte sein, dass die Arbeiter die Absatzverluste in Industriefirmen und die Gefahr von Arbeitsplatzabbau bereits viel stärker spüren als Angestellte, Beamte und Rentner. Zudem konkurrieren deutsche Arbeiter, die noch etwa zehn Prozent aller Erwerbstätigen ausmachen, viel stärker mit Migranten um freie Stellen als etwa Hochschulabsolventen in ihren Arbeitsfeldern.
Bei der Betriebsratswahl im Volkswagen-Werk Zwickau hatte die IG Metall zuletzt Stimmen an eine Alternativ-Liste um den AfD-Lokalpolitiker Jörg Reichenbach verloren, berichtet das Handelsblatt. Zwar konnte die IG Metall mit 33 von 37 Mandaten eine klare Mehrheit hinter sich bringen, wie die Gewerkschaft mitteilte. Das „Bündnis freier Betriebsräte“, dem auch Reichenbach angehört, konnte seine Mandate jedoch verdoppeln – von zwei auf vier. Insgesamt war die Alternativ-Liste mit acht Kandidaten angetreten.
Laut Konrad-Adenauer-Stiftung wählten bei der letzten Landtagswahl in Thüringen 42 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter AfD, bei gewerkschaftlich organisierten Angestellten waren es 30 Prozent. Der Jenaer Soziologe Klaus Dörre hat das in einem Aufsatz für die Bundeszentrale für politische Bildung genauer analysiert. Seine Kernthese: Unter Arbeitern ist das Empfinden weit verbreitet, sozial benachteiligt, abgewertet und entehrt zu sein.

Betriebsräte im Eisenacher Opel-Werk schätzen, dass bis zu einem Drittel der dort Beschäftigten zur AfD tendiert. Für diesen Teil der Belegschaft handelt es sich, da nicht verboten, um eine demokratische Partei, die dem Volk eine authentische Stimme gibt, heißt es bei Dörre.
Das Ergebnis der Bundestagswahl lässt sich „in erster Linie als Quittung für die Arbeit der letzten Bundesregierung verstehen“, äußert sich Sascha Gläßer, Präsident der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK). Dass diese Quittung in Ostdeutschland besonders „derbe“ ausfalle, dürfte, so Gläßers Vermutung, „für Diskussionen sorgen – in, aber wohl vor allem wieder einmal über Ostdeutschland.“ Aber, so sein Hinweis, auch im Westen sei vielerorts „schonungslos abgerechnet worden.“ Gläßer sieht CDU/CSU und SPD nun in der Pflicht. Eine solche Koalition, so der hallesche Volksbankchef, müsse „zwingend ihre breite Mehrheit aus der gesellschaftlichen Mitte nutzen, um die notwendigen Reformen rasch anzugehen.“ Diese liegen für ihn auf der Hand: Senkung der Energiepreise durch konsequente und technologieoffene Ausweitung des Energieangebots, zudem deutliche Entlastung bei Unternehmenssteuern und Bürokratie. „Die lähmenden Ketten müssen endlich gesprengt werden“, so der IHK-Präsident. Einst forderte Karl Marx die Arbeiter auf, sich von den Ketten zu befreien. Jetzt wollen das auch die Unternehmer/Banker – und wohl auch viele Arbeiter.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
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