Stopp von Ansiedlung in Wiedemar Riesiges Industriegebiet am Airport Leipzig/Halle geplatzt: Bürger stimmen dagegen
Bei Bürgerentscheid stimmen 65 Prozent der Einwohner der Gemeinde Wiedemar gegen das Großprojekt. Es sollten Technologiefirmen angesiedelt werden. Was zu Protesten führte.
Halle/MZ. - Ein geplanter großer Industriepark im sächsischen Wiedemar, in der Nähe des Flughafens Leipzig/Halle, ist geplatzt. Bei einem Bürgerentscheid stimmten am Wochenende 65 Prozent der Einwohner der Gemeinde Wiedemar gegen das Projekt, teilte die Gemeinde am Montag mit. „Ein unfassbar tolles und eindeutiges Ergebnis. Wir sind einfach nur dankbar“, sagte Luisa Gruber, Sprecherin der Bürgerinitiative „Kein Industriegebiet zwischen Wiedemar-Brehna-Delitzsch.“ Das Engagement für den Erhalt solch wertvoller Böden und eines ruhigen Dorflebens habe sich gelohnt.
Es sollte Platz für Großunternehmen geschaffen werden
Der Freistaat Sachsen hatte ein bis zu 400 Hektar – das entspricht 560 Fußballfeldern – großes Industrievorsorgegebiet (IVG) zwischen Delitzsch, Pohritzsch und Brehna (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) geplant, in dem sich allerdings nur ein oder zwei Großunternehmen ansiedeln sollten. Im Auge hatte der Freistaat Firmen aus der Automobilindustrie, Halbleiter-, Pharma- oder Chemiebranche. „Wir bedauern die Entscheidung sehr, akzeptieren sie aber“, sagte Nancy Schultze, Geschäftsführerin der „Landerwerb IVG Wiedemar GmbH“, die im Auftrag des Freistaates die Flächen erwerben sollte. Laut Schultze gebe es nicht viele so interessante und zusammenhängende Flächen in Sachsen. Das geplante Gewerbegebiet an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt lag in unmittelbarer Nähe des Flughafens Leipzig/Halle.
Von dem IVG hatte sich Bürgermeister Steve Ganzer vor allem einen größeren finanziellen Spielraum für seinen Gemeindehaushalt versprochen, der mit einer erfolgreichen Ansiedlung neuer Arbeitsplätze und einer Erweiterung der steuerlichen Basis verknüpft wäre. „Ich hätte mir für die Zukunft von Wiedemar ein anderes Ergebnis gewünscht.“ Dennoch blickt er nach vorne: Man werde nun andere Lösungswege für die Herausforderungen in der Gemeinde finden, sagte er. Sowohl Ganzer als auch die Gemeinderäte hatten vorab betont, dass sie das Ergebnis des Bürgerentscheids bei ihrer Entscheidung berücksichtigen werden. „Unsere Entscheidung wird auf einer von der Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger getragenen Grundlage stehen“, meint Ganzer. Laut sächsischer Gemeindeordnung ist das Ergebnis des Bürgerentscheids für drei Jahre bindend.
Auch Star Park II bei Halle scheiterte
Es ist das zweite, große Industrieansiedlungsprojekt, das in der Region scheitert. Nach massiven Bürgerprotesten hatte die Gemeinde Kabelsketal vor den Toren der Stadt Halle Ende 2022 den sogenannten Star Park II gestoppt. Auf einem Gelände von 200 Hektar sollten sich Industriefirmen ansiedeln. Die Rede war von bis zu 3.000 Arbeitsplätzen.