Thüringen Thüringen: Tonnenschwere Betonteile erschlagen Arbeiter

HERINGEN/KELBRA/MZ. - Gespentische Ruhe am Werkstor. Wären da nicht das Kamerateam und die beiden Fotografen, nichts würde darauf darauf hindeuten, dass sich in der Halle 5 der Betonfabrik im thüringischen Heringen am Donnerstagmorgen eine Tragödie ereignet hat. Kurz nach Beginn der Frühschicht wurden zwei Mitarbeiter aus Kelbra und Heringen von zwei 20 Tonnen schweren Betonfertigteilen zerquetscht, die zum Ende des Produktionsprozesses in einer hydraulischen Halterung zum Abtransport bereitgestellt werden. Die 43 und 23 Jahre alten Männer waren sofort tot, sagte Nordhausens Polizeisprecher Thomas Soszynski.
Firma äußert sich nicht
Warum die T-förmigen, 25 Meter hohen grauen Blöcke gegen 5.38 Uhr ins Rutschen kamen, ist unklar. Die Kriminalpolizei und das Amt für Arbeitsschutz ermitteln. Die Behörden waren den gesamten Tag über in dem Werk im Einsatz, das nur wenige Kilometer von der Kreisgrenze zu Mansfeld-Südharz entfernt liegt. "Es ist unbegreiflich, wie so ein Unglück passieren konnte", sagte Nordhausens Kreisbrandmeister Wilfried Ittershagen, der selbst am Unglücksort war. Die Feuerwehren aus Heringen und Uthleben hätten nur noch die Unfallstelle absichern und am Vormittag gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk die Leichen aus der Haltevorrichtung bergen können. Die anderen Beschäftigten, die zur Unglückszeit in der Halle waren, seien da bereits von der Notfallseelsorge betreut worden. Sie sollen unbestätigten Angaben zufolge noch versucht haben, ihre Kollegen mit bloßen Händen zu retten. Die Firma selbst äußerte sich nicht: "Wir geben keinerlei Auskunft", sagte eine Mitarbeiterin der Firmenleitung. Geschäftsführer Roland Hadrek war wegen Urlaubs nicht zu sprechen.
Das Unternehmen, das zur österreichischen Habau-Gruppe gehört, ist erst Ende vergangenen Jahres mit dem oberösterreichischen Gesundheitspreis gewürdigt worden. Handrek hatte damals betont, dass die Unfallzahlen weit unter jenen in der Baubranche im In- und Ausland liegen. Kelbras Bürgermeister Lothar Bornkessel (parteilos) sprach von einem furchtbaren Unglück. In Gedanken sei er bei den Familien der Opfer. Der 43-Jährige Kelbraer hinterlässt Frau und Sohn.
Ursache für Gerüsteinsturz unklar
In dem Betonwerk arbeiten seit Jahrzehnten auch Mitarbeiter aus dem angrenzenden Sachsen-Anhalt. Zu DDR-Zeiten sei sogar ein Bus von Kelbra in die Firma nach Heringen gefahren. Der tödliche Arbeitsunfall war bereits der zweite innerhalb einer Woche im Südharz. Erst am Dienstag ist in Allstedt ein 40-jähriger Mitarbeiter einer Malerfirma bei einem Gerüsteinsturz ums Leben gekommen. Das Gerüst geriet bei Arbeiten an einem Wohnhaus ins Kippen, der Mann fiel aus etwa fünf Metern Höhe zwischen Hauswand und Gerüst. Er kam dabei so unglücklich mit dem Kopf auf, dass er noch an der Unfallstelle seinen Verletzungen erlag. Die Ursache des Vorfalls ist weiter unklar. "Die Gewerbeaufsicht und die Berufsgenossenschaft Bau haben Gutachten in Auftrag gegeben", sagte Halles Polizeisprecherin Ulrike Diener am Donnerstag. Die Kripo sei dabei, sämtliche Zeugen zu befragen. Bis belastbare Ergebnisse vorliegen, werde es noch dauern. Auch in Heringen rechnet die Kripo damit, dass die Suche nach der Ursache des Unglücks erst in einigen Tagen abgeschlossen werden kann.