Thüringen Thüringen: Gehört das Altenburger Land bald zu Sachsen?
Altenburg/dpa. - Seit dem Neujahrsempfang von Landrat SieghardtRydzewski (parteilos) ist eine Debatte über einen Wechsel desAltenburger Landes nach Sachsen entbrannt. Doch die Hürden für einensolchen Schritt sind immens, das Ansinnen wohl wenig realistisch. Derstreitbare Lokalpolitiker versucht inzwischen wieder die Wogen zuglätten. Dies sei eine sehr spannende und kontroverse Diskussion,mehr aber auch nicht, sagte er am Donnerstag im Gespräch mit der«Osterländer Volkszeitung». Doch das immense Echo ist auch einStimmungsbarometer: Viele Menschen in der Region Altenburg fühlensich von der Thüringer Landesregierung stiefmütterlich behandelt.
Das der kleine Passus in seiner Neujahrsansprache so hohe Wellenschlägt, hat Rydzewski wohl selbst nicht erwartet. «Aber vielleichtmüssen wir ja doch ganz ernsthaft darüber nachdenken, ob wirtatsächlich dem richtigen Bundesland angehören», sagte er amvergangenen Freitag laut Redemanuskript. «Man sollte mal die Bürgerfragen.» Ähnliche Töne hatte er zuvor hin und wieder in der Debatteum die Ablehnung der Landesregierung zu finanziellen Hilfen für denAltenburger Flugplatz angestimmt. Doch nun schwirrte die Idee einerVolksabstimmung durch die Luft.
Ein Wechsel des Landkreises mit seinen rund 100 000 Einwohnern undknapp 57 000 Hektar Fläche wäre an hohe Hürden gebunden. Thüringenund Sachsen müssten dazu einen Staatsvertrag schließen, der auch nochvom Bundestag abzusegnen sei, erklärte die Sprecherin desJustizministeriums in Erfurt, Doreen Tietz. Danach müssten dieEinwohner des Altenburger Landes dem Wechsel noch in einemVolksentscheid zustimmen. Andere Experten meinen, dass sogar alleThüringer zu einem solchen Entscheid aufgerufen werden müssten.
Hohe Hürden für eine solchen Schritt sieht auch Ralf-Uwe Beck vomLandesverband «Mehr Demokratie in Thüringen». «Grundsätzlich ist soetwas nur schwer umsetzbar», erklärte er am Donnerstag. EineBefragung der Einwohner, wie sie Rydzewski in seiner Neujahrsredeandeutete, hält er für legitim, um ein Stimmungsbild der Menschen inder Region zu erhalten. Doch sei das Ergebnis unverbindlich.
Dies ruft bei den Altenburgern schlechte Erinnerungen aus derWendezeit wach. Damals musste entschieden werden, ob der Kreis zuThüringen oder Sachsen gehören soll. Zwar votierten die Menschenmehrheitlich für Sachsen, der Kreistag stimmte aber für Thüringen -dessen östlichster Zipfel das Altenburger Land seither ist.
Bei einem Wechsel nach Sachsen stünde wohl ohnehin der Fortbestandals eigener Landkreis infrage. Denn für sächsische Verhältnisse istder Kreis Altenburger Land zu klein. Wie eine Sprecherin des Dresdner Innenministeriums sagte, müssen dort alle Kreise bis 2020 mindestens 200 000 Einwohner haben. Für die sächsische Regierungspiele die Debatte um einen Gebietswechsel bislang keine Rolle, hießes aus der dortigen Staatskanzlei. In den 1990er Jahren waren denAngaben nach per Staatsvertrag einzelne Gemeinden im Vogtland vonThüringen nach Sachsen gewechselt, ein ganzer Landkreis wäre aber einNovum.
Gegen den Willen der Landesregierung ist nach Expertenmeinung einsolcher Gebietswechsel aber nicht durchzusetzen. Und die Meinung inErfurt ist klar: Als «sehr abwegig» bezeichneteVize-Regierungssprecherin Marion Wolf den Vorstoß aus dem Osten desFreistaates. Sie wollte diese Gedankenspiele daher auch nicht weiterkommentieren.