Thüringen Thüringen: Älteste Kakteenzucht Europas feiert 325-jähriges Bestehen

Erfurt/ddp. - Dochselbst sein ältester Kaktus ist mit 200 Jahren lange nicht so alt wiedie Gärtnerei selbst: Am 7. Mai feiert sie ihr 325-jähriges Bestehen.
Die Kakteenzucht kam erst später zur Gärtnerei hinzu. 1822 war es,als Friedrich Adolph Haage mit einem Ableger der Pflanze «Königin derNacht» - ein Geschenk von König Friedrich August von Sachsen - dasGeschäft begann. Damit ist die Kakteenzucht Haage die älteste inEuropa. Goethe, Liszt und Humboldt sollen zu den Kunden gehört haben.
Heute kommen sie aus aller Welt nach Erfurt: aus Japan, Russland,Chile, Malaysia, Australien oder Südafrika. In Deutschland seien esvor allem ältere Kunden, die im Gewächshaus nach neuen PflanzenAusschau hielten. «Für stachelige Kakteen interessieren sich eherMänner», sagt Haage. Frauen hingegen würden nach den anderenSukkulenten Ausschau halten, saftreiche Pflanzen wie die Fette Henneoder den Geldbaum.
Begeistert seien Kakteen-Freunde vor allem von der Schlichtheitder Pflanzen, da ist sich Haage sicher. «Das ganze Jahr über sind sieauf ein Minimum reduziert, aber wenn sie dann einmal im Jahr blühen,ist das wie eine Explosion.» Der 39-Jährige selbst ist begeistert vonder Ruhe, die von den Kakteen ausgehe. «Sie sind in allem furchtbarlangsam, das entschleunigt auch mich extrem.»
Zu viel Ruhe soll es dann aber auch nicht sein: Um mehr Menschenfür die kargen Pflanzen zu begeistern, versucht Haage Neues. Seit1997 gibt es einmal im Jahr das «Kakteenessen». Der Erfurter KochUlrich Manck serviert in den Gewächshäusern dann ein Fünf-Gänge-Menü.In den vergangenen Jahren verarbeitete er Kakteen schon in Suppen,Säften und Desserts, als Eis und Gemüsebeilage sowie als Pizzabelag.Sogar in die Thüringer Rostbratwurst haben es kleingeschnittene,blanchierte Kaktusteile schon geschafft. 2006 veröffentlichte derKoch gemeinsam mit Ulrich Haage dann das «Kochbuch Kaktus».
«Durch seine vielen Marketingideen fördert Ulrich Haage weltweitdas Image der Kakteenzucht», sagt Joachim Lissner, Geschäftsführerdes Landesverbands Gartenbau Thüringen. Kakteen Haage habe inThüringen nicht nur einen sehr guten Ruf, sondern auch eineSonderstellung: Die Artenvielfalt sei einzigartig, sagt Lissner.
Die Möglichkeit, neue Ideen auch in einem Familienbetrieb miteiner solch langen Tradition zu entwickeln, sei sehr wichtig, sagtHaage. «Ich selbst habe den Druck der Tradition zum Glück nie zuspüren bekommen.» Und das, obwohl er mit Kakteen zunächst gar nichtszu tun haben wollte. «Erst recht nicht in der DDR», sagt Haage. Dennseit 1970 war der Betrieb verstaatlicht, erst zwanzig Jahre späterstellte sein Vater einen Antrag auf Reprivatisierung. Das war fürUlrich Haage der Wendepunkt. Es folgten verschiedene Stationen inDeutschland, in Belgien, Guatemala, Zürich und London - und 1996 danndie Übernahme des Familienbetriebs. Da war Haage 26. Heute hat dasUnternehmen 14 Mitarbeiter und Haage ist stolz darauf, dass er in denvergangenen 20 Jahren erst einen Kollegen entlassen musste.
Wie es mit dem Unternehmen weitergeht, weiß der dreifache VaterHaage noch nicht. Immerhin hat Philip, mit 16 Jahren sein ältesterSohn, schon einmal in der Gärtnerei gejobbt. Mit den Tipps zurrichtigen Kakteenpflege hilft Vater Ulrich Haage: Da Kakteen so gutwie nie austrockneten, solle man sie wie Ehemänner behandeln. «Wennman nicht genau weiß, was er will, sollte man ihn in Ruhe lassen.»