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Techno-Gipfel in Zerbst Techno-Gipfel in Zerbst: Zappeln in den Sonnenaufgang

Von Jan Wätzold 22.08.2004, 15:13

Zerbst/MZ. - Während Samstagnacht in Hannover mehrere hunderttausend Techno-Fans die Reinkarnation der Love-Parade feierten, blieb der Rave-Gipfel "Liberty One" auf dem früheren sowjetischen Militärflughafen Zerbst zur selben Zeit mit 3 200 Besuchern deutlich hinter den hoch gesteckten Erwartungen der Veranstalter zurück. Auch wenn die Organisatoren selbst nach der Auszählung der Tickets nichts von negativen äußeren Einflüssen wissen wollten, waren sich viele Gäste des hochkarätig besetzten Szenetreffs durchaus über die Auswirkungen des "Hannover-Effekts" einig.

"Wir haben uns erst im letzten Moment entschieden, zu Liberty One statt zur Reincarnation-Parade zu fahren", erzählt Frauke Schmidt aus Wolfenbüttel und zeigt dabei auf fünf ihrer Freunde, die zu den Takten von DJ-Ikone Mijk van Dijk im Scheinwerferlicht zucken. Die Gruppe habe dreimal größer sein können, wenn es den Rest der Clique nicht nach Hannover gezogen hätte. "Aber wir bereuen unseren Entschluss dennoch nicht, die Veranstaltung hier ist absolute Spitzenklassen", so die 19-jährige Gymnasiastin. "Beim nächsen Mal kommen wir auf jeden Fall wieder."

Wiederkommen wollen die meisten der Techno-Fans, von denen die ersten schon am Freitag die einstige Start- und Landebahn sowjetischer Kampfflugzeuge in eine Tanzfläche verwandelt hatten. Neben dem Programm, das die Creme der regionalen und etliche Helden der nationalen Techno-Branche zusammengeführt hatte, ließen die Besucher insbesondere die Rahmenbedingungen von der Erstauflage des Zerbster Musikfestes schwärmen.

Obgleich die Polizei vor Festivalbeginn massive Präsenz angekündigt hatte, wirkte sich die Anwesenheit der Ordnungshüter letztlich wenig störend auf die Atmosphäre vor den zwei Hauptbühnen aus. Die hygienischen Bedingungen lobte Flo aus Berlin bereits kurz nach Ende des erst am Sonntagvormittag ausgeklungenen Partymarathons im Internetforum: "So sauber hab ich das noch nie erlebt!" Ein Kompliment, das zu schätzen weiß, wer schon einmal mehr als zwölf Stunden auf Miettoiletten und improvisierte Waschmöglichkeiten angewiesen war.

Auch wenn es am Ende nicht die 10 000 Besucher nach Zerbst zog, mit denen die von Großveranstaltungen wie "Nature One" im Hunsrück oder "Ruhr-in-Love" verwöhnten Organisatoren gerechnet hatten, wird es nach der positiven Resonanz im Sommer 2005 wohl zu einem zweiten Anlauf kommen. "Wir haben die Motivation, nun am Veranstaltungskonzept zu arbeiten, um im kommenden Jahr zur Neuauflage einzuladen", so Sven-Ulrik Paul vom Veranstaltungsbüro I-Motion. Wer in Zerbst dabei gewesen sei, habe die ganze Nacht bei bester Stimmung und mit großer Begeisterung einem unvergleichlichen Sonnenaufgang über Sachsen-Anhalt entgegen gefeiert.

Weil es an den DJs ebenso wenig auszusetzen gab wie an der perfekten Licht- und Tontechnik und an einem in allen Bereichen guten Service, sollte die Mundpropaganda bei "Liberty Two" zu einem größeren Ansturm beigetragen. Außerdem wird man bei I-Motion in Zukunft daran denken, den "Hannover-Effekt" nicht noch einmal aus den Augen zu verlieren.