Serumwerk Bernburg Serumwerk Bernburg: Schwarze Kasse und böses Blut
Bernburg/MZ. - Schwarzgeld im Firmentresor, Klüngel und Vetternwirtschaft zu Lasten des Unternehmens, Steuerhinterziehung - gegen den Vorstandschef des Serumwerkes Bernburg, Helge Fänger, werden schwere Vorwürfe erhoben. Gerichte müssen nun klären, ob es sich - wie Fänger sagt - um Intrigen enttäuschter Gesellschafter und einstiger Mitarbeiter handelt. Oder ob handfeste Verfehlungen vorliegen. Derzeit sind mehrere Klagen anhängig, die sich gegen Fänger, den Aufsichtsrat sowie weitere Gesellschafter richten. Ende April wird das Landgericht Magdeburg über zwei Klagen verhandeln, mit denen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Firma angefochten werden.
Doch der Konflikt geht tiefer. Ende Februar war in einer Arbeitsgerichtsverhandlung von einer schwarzen Kasse die Rede. Sie soll auf Veranlassung von Fänger angelegt worden sein. Mehr als 66 000 Euro sollen im Tresor der Firma verschwunden sein, um für schnelle und unkomplizierte Zahlungen flüssig zu sein, hieß es vor Gericht. 50 000 Euro sollen aus einem Flugzeugverkauf stammen, mehr als 16 000 Euro hätten Sachsen-Anhalts Ex-Wirtschaftsminister Klaus Schucht (SPD), bis zu seinem Tod 2001 Aufsichtsratsvorsitzender der Serumwerk AG, für seine Aufsichtsratstätigkeit zugestanden.
"Nichts gewusst"
Fänger und sein Anwalt indes behaupten, dass der Vorstandschef nichts von der schwarzen Kasse gewusst habe. Sie beschuldigen Uwe Cord Heinze, damals Finanzchef des Serumwerkes, das Geld beiseite geschafft zu haben. "Als wir davon erfuhren, haben wir gehandelt und Herrn Heinze gekündigt", so Fänger. Danach habe man das Geld sofort beim Finanzamt angezeigt und ordnungsgemäß versteuert.
Heinze klagte gegen seine Entlassung und erreichte vor dem Arbeitsgericht Dessau einen Vergleich. Er beansprucht für sich, Fänger mehrmals gesagt zu haben, dass das mit dem Geld im Tresor nicht so gehe, weil es Steuerhinterziehung ist. Wer nun tatsächlich für die schwarze Kasse verantwortlich zeichnete, bleibt offen - die Frage war nicht Gegenstand des Kündigungs-Verfahrens. Nach Eindruck von Beobachtern beschleunigte es den Vergleichsabschluss, als Heinzes Anwalt für eine Weiterführung des Verfahrens das Benennen von Zeugen auch zu diesem Themenkomplex ankündigte.
Fänger indes sieht sich als Opfer eines Racheaktes, den ein einstiger Berater des Serumwerkes mit anderen schmiede. Torsten Darger habe nach langjähriger Beratertätigkeit von dem Werk ab 2005 keine weiteren Aufträge erhalten, weil festgestellt worden sei, dass er "unsauber" gearbeitet habe, so Fänger. Nun versuche er, Fänger und dem Unternehmen Schaden zuzufügen. Darger wehrt sich gegen die Vorwürfe. Er hat das Serumwerk schon vor der Übernahme von der Treuhand Anfang der 90er Jahre beraten und ist größter Einzelgesellschafter der Aktiengesellschaft. Schon geraume Zeit vor Beendigung seiner Arbeit habe er auf Missstände in der Vorstandsetage hingewiesen, sagt Darger. Er habe den Eindruck, dass Fänger sehr eigenmächtig entscheide und Kritiker aus der Firma dränge.
Darlehen an Verband
Noch schärfer indes wird Fänger in einem Schreiben Dargers an die Gesellschafter angegriffen. Hierin werden ihm Verfehlungen und "Schwagernwirtschaft" vorgeworfen, die zum Nachteil des Unternehmens führen. Zudem habe Fänger Gelder des Serumwerkes verwendet, um die Insolvenz des Landesarbeitgeberverbandes abzuwenden, dessen Präsident er bis 2006 war. 85 000 Euro seien dabei Ende 2003 illegal gezahlt worden, ohne Vertrag, ohne Sicherheit und ohne Gegenleistung. Die Zahlung sei falsch deklariert und später in ein Darlehen umgewandelt worden. Dieses Darlehen wurde später zurückgezahlt - nachdem das Serumwerk Beiträge für mehrere Jahre an den Verband im Voraus gezahlt hatte - wiederum 85 000 Euro. Fänger hält dagegen, dass bei dem Vorgang alles ordnungsgemäß verbucht worden sei.
In dem Schreiben kritisiert Darger zudem, dass Fänger seinem Schwager, Chef einer Spedition, übermäßig lukrative Aufträge zuschanze. Fahrten für das Serumwerk seien weit über dem marktüblichen Preis abgerechnet worden. Fänger weist die Kritik zurück. Die Verträge habe nicht er, sondern sein zweiter Vorstand ausgehandelt. "Vielleicht dachte der Herr, er sei dazu verpflichtet, aber das stimmt nicht", so Fänger. "Der Vertrag für den einstigen Vorstand wurde vom Aufsichtsrat nicht verlängert."
Doch die Aufträge an die Spedition bleiben umstritten. Beim Landgericht Magdeburg ist ein Antrag auf Sonderprüfung gestellt worden. Damit soll auch geklärt werden, ob dem Unternehmen durch die Verträge mit Fängers Schwager ein Nachteil entsteht. Die Antragsteller schätzen, dass die Speditionsleistungen für 350 000 bis 400 000 Euro weniger pro Jahr zu haben wären. Die Bernburger Aktiengesellschaft wird wohl nicht so rasch wieder zur Ruhe kommen.