SV Anhalt Bernburg/Handball-3. Liga SV Anhalt Bernburg/Handball-3. Liga : Wie teuer ist eigentlich Drittliga-Handball?

Bernburg - Ein kurzer Ausriss in eine andere Sportart: Seit Donnerstagabend ist der Wechsel des brasilianischen Weltklasse-Fußballers Neymar jr. vom FC Barcelona zum französischen Spitzenclub Paris Saint-Germain perfekt.
Für die festgeschriebene und vor allem astronomische Ablösesumme von 222 Millionen Euro. „Das ist eine kranke Welt.“ Mehr fällt Enrico Nefe dazu nicht ein. „Da bläht sich eine Blase auf, die irgendwann platzt.“
Doch jetzt zum eigentlichen Thema. Der 43 Jahre alte Nefe ist Sportlicher Leiter des Handball-Drittligisten SV Anhalt Bernburg. Er ist vordergründig für die Zusammenstellung der Mannschaft zuständig. Aber freilich auch für Organisatorisches. Heißt: Einiges geht über Nefes Tisch. Vor allem auch viel Finanzielles.
Über Summen im Millionenbereich spricht da natürlich niemand. Doch wie teuer ist eigentlich Drittliga-Handball? Und was muss der SVA in einer Spielzeit so an Geld ausgeben?
0,1 Prozent von Neymar
Enrico Nefe ist jemand, der auf solche Fragen die Antworten geben kann und sie offen gibt. Der Sportliche Leiter des SVA nennt die Zahlen zwar nur Off the Record - außerhalb des Protokolls - doch der Etat für die neue Saison 2017/18 bewegt sich in einem unteren und mittleren sechsstelligen Bereich. Oder umgerechnet: Es ist etwas mehr als 0,1 Prozent der Neymar-Ablöse.
„Zwei Drittel davon“, so Nefe, „gehen für die Lohnkosten weg.“ Für die Löhne der Spieler, Beiträge für Versicherung und Berufsgenossenschaft. Die Gehälter der Spieler beim SVA liegen zwischen einem mittleren drei- und einem kleinen vierstelligen Betrag.
„Die Sprünge sind nicht groß“, so Nefe - und fügt an: „Manche könnten woanders mehr verdienen.“
Zum Beispiel in der Nordstaffel, in der Anhalt in der vergangenen Saison noch gespielt hat. „Da reden wir von anderen Summen“, so Nefe. Dort sind Profis die Regel und Namen wie Blazenko Lackovic (Spieler/Co-Trainer HSV Hamburg) oder Johan Petersson (Trainer HSG Nord) aktiv. Eine Ansage - auch finanziell. In Bernburg ist einzig der Ungar Gabor Pulay Profi.
Beim SV Anhalt wäre mehr nur schwer, oder eher gar nicht möglich. Der Club steht seit der Insolvenz im Jahr 2010 - in dessen Folge Nefe übernahm - nachhaltiger da. Finanziell ist der Club auf eine Basis aus über 30 Sponsoren gebettet und hat einen „Club der 100“, der vom Förderverein „Bärenpower“ gegründet wurde und wo Firmen und Privatpersonen mit 100 Euro Jahresbeitrag dem Handball an der Saale helfen können. Mittlerweile haben sich bereits über 50 Förderer gefunden.
Diese Hilfe ist wichtig, denn die Kosten in der 3. Liga sind nicht zu verachten. Um zu vermeiden, dass unseriöses wirtschaftliches Gebaren zu sportlichen Schräglagen führt, muss jeder Verein vor jeder Drittliga-Saison eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 10.000 Euro beim Deutschen Handball-Bund (DHB) abgeben.
Hinzu kommen Spielklassenbeiträge, die zirka 2.700 Euro betragen, sowie Schiedsrichter-Kosten, die sich in einer Serie auf rund 9.000 Euro belaufen.
Das sind jedoch nur die Gelder, die der Verein aufbringen muss, um in der 3. Liga überhaupt spielen zu können. Um in der bevorstehenden Spielzeit die knapp 10.000 Kilometer an Strecke in der 3. Liga Ost zurückzulegen, benötigt es auch Mittel zur Anreise.
Die werden in der von hessischen und bayrischen Vereinen geprägten Staffel Ost nun teurer, sagt Nefe: „Das ist ein großer Posten.“ Er spricht von 10.000 bis 15.000 Euro. Einen großen vierstelligen Betrag bringt der SVA auch für die Ausrüstung der Spieler - ohne Schuhe und Bälle - auf.
Bei so vielen Ausgaben ist der Etat ziemlich schnell ausgereizt. Abstriche sind die Folge, was das Trainingslager zuletzt belegt - es fand in der Heimat in der Bruno-Hinz-Halle statt. Nefe hat die gesamte Saison bereits finanziell durchgeplant. Der Verein ist „grundsolide aufgestellt“. Und: „Wir geben nur das Geld aus, das wir zur Verfügung haben.“ Wenngleich „es immer weniger wird“.
Zusammenarbeit?
Auch der Handball bekommt die wirtschaftliche Schwäche der Region zu spüren. In der Spielzeit 2018/19 „werden uns wieder ein paar Euro fehlen“, weiß Nefe jetzt schon. Einige Spielerverträge sowie die der Trainer Armands Uscins und Hendrik Tuschy laufen im Sommer 2018 aus. Personelle Veränderungen sind nicht ausgeschlossen. „Der Lohn ist dann das erste, wo wir ansetzen können“, so der Sportliche Leiter.
Zudem wird es immer schwieriger, junge Spieler für den Verein und die Region zu gewinnen, erklärt Enrico Nefe noch. Es fehlt ein Ballungsraum, da hier die Lebensqualität aber auch Ausbildungsbedingungen nicht so sind, wie beispielsweise in Leipzig.
„Uns sind da die Hände gebunden.“ Der Sportliche Leiter des SVA sieht aber auch Ideen, die Zukunft des Handballs in der Region zu stärken. „Wir stehen uns vielleicht selbst im Weg“, sagt er und kommt auf die beiden Clubs aus dem Salzland neben dem SVA zu sprechen: Der HC Aschersleben und HV Rot-Weiß Staßfurt.
Bernburg spielt 3. Liga, Aschersleben und Staßfurt 4. Liga (Oberliga). „Mit einer Zusammenarbeit im größeren Stil“, so Nefe, „könnte hier sehr erfolgreicher Drittliga-Handball entstehen.“
Eine Idee, die sehr interessant klingt, für die aber einige über ihren Schatten springen müssten. Man könnte Kräfte und Finanzen bündeln und perspektivisch vielleicht sogar die 2. Handball-Bundesliga ins Auge fassen.
Doch das ist Zukunftsmusik, bis dahin muss jeder Verein mit dem auskommen, was er hat. Und im Falle des SV Anhalt Bernburg sind das ein bisschen mehr als 0,1 Prozent von Neymar.
Der SVA testet am Samstagnachmittag beim MTV Vorsfelde.
(mz)