Einmaliges Museum zur Friedensfahrt Im Friedensfahrt-Museum Kleinmühlingen im Salzlandkreis kommen Radsportfans auf ihre Kosten

Kleinmühlingen - Friedensfahrt? Jüngere zucken da schon mal mit den Schultern. Älteren fallen Namen wie Gustav Adolf „Täve“ Schur, Jan Vesely, Klaus und Uwe Ampler, Ryszard Szurkowski oder Olaf Ludwig ein. Jahrzehntelang säumten Zigtausende Menschen die Straßen und jubelten den Radrennern des „Course de la Paix“ zu, wenn die durch die Städte und Dörfer Polens, der damaligen Tschechoslowakei und der DDR - später auch der Bundesrepublik - rasten.
Die erste Friedensfahrt gab es übrigens gleich im Doppelpack. 1948 wurden nämlich zwei Rennen - eins von Prag nach Warschau und ein weiteres von Warschau nach Prag - gestartet.
Die DDR wurde im Jahr 1952 Mitorganisator der Friedensfahrt
Die DDR wurde erst 1952 Mitorganisator und damit Berlin die dritte Stadt im Bunde der wechselnden Start-, Etappen- und Zielorte. In der fast 60-jährigen Geschichte dieses Radrennens, das auch als größtes Amateurradrennen der Welt bezeichnet wurde, ereigneten sich unzählige Episoden, Freudenfeste und sportliche Dramen.
Wer heute noch einmal ein Stück Friedensfahrtatmosphäre genießen will, der ist in Kleinmühlingen - einem Ortsteil der Gemeinde Bördeland - genau richtig. Dort gibt es das Friedensfahrtmuseum, das inzwischen vom Verein „Radfreizeit, Radsportgeschichte und Friedensfahrt“ betrieben wird.
Präsentiert wird eine ansehnliche Sammlung von Utensilien rund um den Radsport. Darunter jede Menge Devotionalien rund um die Friedensfahrt:
Unter anderem Rennräder, auf denen berühmte „Helden der Landstraße“ unterwegs waren, Siegerkränze, Urkunden, Renntrikots, Fotos, Pokale und was sich der Radsport-Fan noch alles vorstellen kann.
Museum präsentiert Rennräder, Siegerkränze, Urkunden, Trikots und Pokale
Zu verdanken ist die umfangreiche Sammlung einem Mann, den bereits als Zehnjährigen das Friedensfahrtfieber gepackt hatte. Nämlich als Horst Schäfer 1963 gemeinsam mit seinen Klassenkameraden 20 Kilometer vor dem Etappenziel in Magdeburg an der Landstraße auf einem Obstbaum geklettert war, um die Friedensfahrer besser sehen zu können.
„Ich wollte Tarek Aboul Zahab sehen“, erklärt Schäfer. Dass sich der Libanese bereits ein Jahr zuvor als Einzelstarter - nur von seinem Neffen betreut - im Mittelfeld platziert hatte, hatte Schäfer besonders beeindruckt.
Zum Friedensfahrtfieber kam viel später auch die Sammelleidenschaft. Als Schäfer im Jahr 2000 arbeitslos wurde, reifte der Gedanke, ein Friedensfahrtmuseum einzurichten. Die Anfänge der Sammlung wurden noch in Schäfers Garage präsentiert.
Die erste Ausstellung befand sich in der Garage von Horst Schäfer
Schnell wurde klar, dass es dort bald zu eng werden würde. Ein Neubau sollte her. Schließlich fanden sich Gleichgesinnte, die das Projekt unterstützten. Unter ihnen auch der wahrscheinlich bekannteste Friedensfahrer Täve Schur - und nicht zuletzt die Mitglieder des 2003 gegründeten Vereins „Radfreizeit, Radsportgeschichte und Friedensfahrt“.
Im November 2007 wurde das Museum schließlich eingeweiht. Und wer heute in die Grabenstraße in Kleinmühlingen, wo sich das Museum befindet, einbiegt, dem fällt sofort der Giebel mit einem Täve-Porträt, einem Bild der Steilen Wand von Merane und den Namen aller Friedensfahrtsieger auf. Verehrerinnen von Täve hätten dafür das Geld gesammelt, erzählt Horst Schäfer.
Am Giebel des Museums stehen neben einem Porträt von Täve Schur die Namen aller Friedensfahrtsieger
Der ist übrigens selbst so etwas wie das Highlight eines Besuchs des Friedensfahrtmuseums. Bei seinen Führungen, die schon mal etwas länger dauern können, sprudeln die kleinen und großen Geschichten und Episoden über die Fahrt, die Fahrer, die Organisatoren, die Radsportfans und die Exponate der Schau nur so aus ihm heraus.
Die Besucher kommen inzwischen aus vielen Ländern nach Kleinmühlingen. Unter anderem aus Russland, Frankreich, Polen, Belgien oder England. Und auch ehemalige DDR-Friedensfahrer geben sich bei unterschiedlichsten Anlässen hier die Klinke in die Hand. Davon zeugt auch eine große Autogrammwand.
Und wer Glück hat, dem läuft auch schon mal Täve Schur persönlich über den Weg. Der 89-Jährige schwingt sich nämlich immer noch in den Sattel und stattet manchmal dem Museum einem Besuch ab. Geöffnet ist übrigens dienstags, donnerstags, samstags und sonntags jeweils von 13 bis 17 Uhr. (mz)

