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Wegen verbotener SA-Losung Zweiter Prozess gegen Höcke in Halle gestartet: AfD-Politiker rechnet fest mit Schuldspruch

Wird er erneut verurteilt? Vor dem Landgericht Halle hat am Montag der zweite Prozess gegen den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke begonnen. Er soll die verbotene Nazi-Losung „Alles für Deutschland“ genutzt haben. Kameras und Fotografen entzieht er sich zunächst.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 24.06.2024, 17:26
Der angeklagte AfD-Politiker Björn Höcke beim ersten Prozess in Halle.
Der angeklagte AfD-Politiker Björn Höcke beim ersten Prozess in Halle. (Foto: Ronny Hartmann/AFP Pool/dpa)

Halle/MZ - Der Mann, der bald Thüringen regieren will, gibt sich am Montagmorgen kamerascheu. Im Gerichtssaal X 0.1 des Justizzentrums in Halle stehen Punkt 9 Uhr Fotografen und TV-Teams bereit, die Objektive sind auf die Anklagebank gerichtet. Doch als die Tür aufschwingt, treten Björn Höckes Anwälte ohne den AfD-Politiker ein.

Zögerlich klicken ein paar Kameras, dann schicken Justizbeamte die Fotografen raus. „Herr Höcke möchte nicht gefilmt werden“, ruft eine Justizmitarbeiterin. Und der AfD-Politiker wartet, bis die Kameras draußen sind – dann tritt er ein, setzt sich zwischen seine beiden Anwälte auf die Anklagebank.

Höcke wurde im Mai bereits zu einer Geldstrafe verurteilt

Eigentlich ist der rechtsextreme Politiker nicht als öffentlichkeitsscheu bekannt. Bei der Landtagswahl in Thüringen im September will er die AfD zur stärksten Kraft machen, als Spitzenkandidat will er Ministerpräsident werden. Und: Beim ersten Prozess in Halle hatte er noch kein Problem mit Kameras. Von der Verhandlung gibt es unzählige Fotos: Höcke mit Krawatte, Höcke mit Anwälten, Höcke mit Siegerlächeln. Vor und nach den Prozesstagen ließ er sich von ausgewählten Medien vom rechten politischen Rand begleiten.

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An diesem Morgen steht der AfD-Politiker also wieder in Halle vor Gericht, der Vorwurf ist der gleiche wie im Mai: Höcke soll bei einer Rede die verbotene Nazi-Losung „Alles für Deutschland“ genutzt haben, eine Parole der nationalsozialistischen „Sturmabteilung“ (SA). Der erste Prozess, den Höcke heute „Halle I“ nennt, endete mit einer 13.000-Euro-Strafe für den rechtsextremen Politiker. Das Gericht um Richter Jan Stengel sah es als erwiesen an, dass Höcke die Losung bei einer Wahlkampfrede 2021 in Merseburg (Saalekreis) nutzte – und zwar im Wissen um ihre Bedeutung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Höckes Anwälte haben Revision eingelegt.

Höcke-Anwälte wollen Einstellung des Verfahrens

Am Montag startet also „Halle II“. Diesmal geht es um einen AfD-Stammtisch im thüringischen Gera im Dezember 2023. Dort soll Höcke laut Anklage vor 350 Personen über seinen ersten Prozess in Halle gesprochen haben, um dann die SA-Parole erneut zu nutzen: Auf der Bühne habe er die Worte „Alles für“ selbst ausgesprochen, um dann das Publikum per Handbewegung dazu zu animieren, die Parole mit dem Wort „Deutschland“ zu vollenden. Zu diesem Zeitpunkt habe Höcke bereits „sicher“ gewusst, dass es sich um den Slogan einer nationalsozialistischen Organisation gehandelt habe, sagt Staatsanwalt Benedikt Bernzen am Montag. Richter Stengel, der erneut den Prozess gegen Höcke leitet, lässt im Gerichtssaal ein Video des AfD-Stammtisches abspielen: Es zeigt die Szene und Höckes rudernde Armbewegung.

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Als Richter Stengel fragt, ob Höcke sich zu den Vorwürfen äußern will, erhebt sich der Politiker von seinem Stuhl – er verteidigt sich im Stehen. „Ich habe tatsächlich überlegt, ob ich heute überhaupt eine Einlassung tätige“, sagt er. Der Grund dafür sei seine Erfahrung aus „Halle I“, denn: „Ich bin erschüttert über das Urteil, das hier gesprochen worden ist.“ Es habe im ersten Prozess keine Beweise für seine Schuld gegeben, behauptet Höcke. „Insofern war das erste Urteil falsch.“ Und mit Blick auf das heute eröffnete Verfahren: „Ich erwarte wieder einen Schuldspruch. Das ist schade, aber das ist leider erwartbar.“ Richter Jan Stengel bleibt ungerührt. Auch als Höcke sagt, er habe das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat „eigentlich gänzlich verloren“.

Höcke beteuert vor Gericht seine Unschuld

Höcke beteuert, er habe das Publikum in Gera nicht aufgefordert, die Parole zu vollenden. „Das war mir nicht klar, dass einige von denen ,Deutschland’ sagen würden“, sagt er. „Das war nicht erwartbar.“ Der Politiker sagt aber auch ganz grundsätzlich: „Ich sehe nach wie vor die Strafbarkeit von ,Alles für Deutschland’ nicht.“ Wie schon in „Halle I“ erklärt der Geschichtslehrer, die Parole sei über Jahrhunderte in der deutschen Sprache genutzt worden. „Ich bin völlig unschuldig“, sagt Höcke.

Ein Urteil wird am Mittwoch erwartet. Im Falle einer Verurteilung droht Höcke eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.