"Unhaltbare Zustände" "Unhaltbare Zustände": Erhebliche Mängel am Rechtsmedizin-Standort Magdeburg

Magdeburg - Das Landesamt für Verbraucherschutz hat erhebliche Mängel in der Pathologie und am Rechtsmedizin-Standort Magdeburg festgestellt. Unter anderem kritisieren Prüfer eine „nicht gerechte Lagerung von bereits obduzierten und noch nicht obduzierten Leichen“.
Das geht aus einer Anfrage der Linken-Politikerin Eva von Angern hervor, die der MZ vorliegt. Der Verbraucherschutz hatte die Pathologie im März unangemeldet geprüft. Grund sei eine Beschwerde über Arbeitsschutzmängel gewesen, so die Behörde. Betrachtet wurden laut Wissenschaftsministerium auch Labore der Rechtsmedizin.
Lagerung der Leichen entspricht nicht dem Stand der Technik
Justizexpertin von Angern sprach angesichts der Mängelliste von „unhaltbaren Zuständen“, die beseitigt werden müssten.
So kritisierten die Prüfer, dass bereits obduzierte und nicht obduzierte Leichen zusammen gelagert wurden. Gemeinsames Lagern entspreche „nicht mehr dem Stand der Technik“. Hintergrund der strengen Regelung: Bei geöffneten Leichen besteht erhöhte Infektionsgefahr.
Doch die Liste der Prüfer ist länger: So seien Oberflächen der Leichenwagen teils „schadhaft“ gewesen und eine sachgemäße Reinigung und Desinfizierung somit nicht möglich. Zudem seien Arbeitsflächen und Arbeitsmittel im Sektionssaal teils korrodiert. Einige offenstehende Gefahrstoff- und Entsorgungsbehälter seien inkorrekt oder gar nicht beschriftet gewesen.
Außerdem seien „Schnellschnitte“ zur Untersuchung von Gewebeproben teils auf einfachen Laborarbeitstischen durchgeführt worden - ohne Schutzvorschriften einzuhalten. So fasst das Wissenschaftsministerium die bisher unbekannten Prüfergebnisse auf Anfrage der Linken zusammen. Und fügt an: „Zurzeit gibt es Planungen zwischen der Pathologie und der Rechtsmedizin, um die oben genannten Mängel im Bereich des Arbeitsschutzes abzustellen.“
Haben Mängel in Magdeburg Auswirkungen auf Ermittlungsverfahren?
Allein an den Rechtsmedizin-Standorten Halle und Magdeburg werden jährlich rund 750 tote Körper obduziert. Es geht um die zügige Untersuchung potenzieller Opfer von Straftaten in Kriminalermittlungen. Zehn bis 15 Leichen könnten nach Schätzungen des Verbraucherschutzes zum Zeitpunkt der Prüfung am Standort Magdeburg gelagert gewesen sein, teilt das Amt der MZ mit. Es dringt auf eine „mittelfristige“ Behebung der Mängel: „Bis zur baulichen Umsetzung müssen geeignete organisatorische Ersatzmaßnahmen getroffen werden.“
Darauf dringt auch Linken-Fraktionsvize von Angern in der Rechtsmedizin. „Ich will jetzt genau wissen, ob es nur um einen unwürdigen Umgang mit Toten geht oder die Zustände noch schlimmer sind.“ Mit Blick auf die lange Mängelliste warnte sie: „Leichen sind hochtoxisch, da müssen höchste Standards eingehalten werden.“ Die Probleme in der Rechtsmedizin sollen laut von Angern ein Nachspiel im Landtag haben, die Behörden sollten Stellung beziehen.
Das Landes-Justizministerium versicherte, aus der Praxis seien „keine Mängel, die Auswirkungen auf Ermittlungsverfahren hätten, bekannt“. Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums, das von Angerns Parlamentsanfrage beantwortete, betont: „Wir nehmen die Hinweise ernst. Allerdings ist die Klinik gefragt, ob sie baulich etwas ändern möchte.“ Bei Kosten bis zu einer Million Euro könne der Klinikvorstand dies eigenständig veranlassen.
Die Uniklinik Magdeburg verwies Anfragen zur Rechtsmedizin am Montag an den Hauptstandort Halle - dort gab es zunächst keine Stellungnahme. Rüdiger Lessig, Direktor der Rechtsmedizin, sagte der MZ in einem ersten Statement, ihm seien keine Mängel in der Lagerung Verstorbener am Standort Magdeburg bekannt. „Ich kann mir das auch nicht vorstellen.“ (mz)