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Aus für kleine Schulen Statt 40 mindestens 75 Schüler im Jahrgang - diese Vorgaben plant Sachsen-Anhalts Regierung

Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) verteidigt ihre Pläne für die Zentralisierung von Bildung. Sogar die Kommunen hätten zugestimmt, sagt sie – ein Verband widerspricht.

Von Hagen Eichler 24.09.2024, 18:00
Bildungsministerin Eva Feußner zu Besuch in einer Magdeburger Grundschule
Bildungsministerin Eva Feußner zu Besuch in einer Magdeburger Grundschule (Foto: Ronny Hartmann/dpa)

Magdeburg/MZ - Bei Eva Feußner (CDU) hat sich offenbar einiges an Unmut angesammelt. Zu ihrem Gesetzentwurf habe es vielfach „Missverständnisse“ gegeben, klagt die Landesbildungsministerin am Dienstag. Sie wolle die Schulen zukunftsfest machen – bekomme aber keine konstruktiven Reaktionen: „Ich höre immer nur Kritik, aber keine Lösungen.“

Am Dienstag ist Feußner mit ihrem Vorhaben einen wichtigen Schritt weitergekommen: Das Kabinett hat eine von ihr verantwortete Novelle des Schulgesetzes beschlossen, als nächstes berät nun der Landtag. Kontrovers diskutiert werden vor allem die geplanten neuen Mindestgrößen für Schulen. In den elf Landkreisen bleibt nach Protesten der Kommunalverbände und der CDU-Fraktion alles, wie es ist. Auf die kreisfreien Städte Halle, Dessau-Roßlau und Magdeburg hingegen kommen schwerwiegende Änderungen zu.

Neue Vorgaben treffen die kreisfreien Städte

Beispiel Grundschulen: Bislang müssen diese im ersten Jahrgang auf eine Schülerzahl von 30 kommen, in Ausnahmefällen reichen auch 20. Feußners Gesetzentwurf setzt das deutlich herauf: Ab 2027 sollen Grundschulen zwei Klassen mit je 25 Schülern, also zusammen 50 Schüler erreichen. Ähnlich groß ist der Sprung bei Sekundarschulen: Diese brauchen bislang im fünften Jahrgang 40 Schüler, künftig 75 – also fast doppelt so viele. 75 Schüler sind auch für den fünften Jahrgang in Gemeinschaftsschulen vorgesehen, derzeit sind es 40 und im Ausnahmefall 30.

Für die Änderungen nennt Feußner zwei Argumente. Zum einen ließen sich die knappen Lehrer in großen, zentralisierten Standorten effizienter einsetzen. In einer kleinen Schule hingegen könne eine Lehrkraft unter Umständen gar nicht ausgelastet werden, sagt Feußner.

Ein ineffizientes Schulsystem hat natürlich auch erhebliche negative Auswirkungen auf die Schulqualität und damit letztlich auch auf die Akzeptanz der im Land erworbenen Schulabschlüsse.

Eva Feußner (CDU)

Zum anderen gehe es auch um die Qualität des Unterrichts. „Ein ineffizientes Schulsystem hat natürlich auch erhebliche negative Auswirkungen auf die Schulqualität und damit letztlich auch auf die Akzeptanz der im Land erworbenen Schulabschlüsse“, warnt Feußner. Es ärgere sie sehr, dass im Parlament „und teilweise auch von unseren Koalitionspartnern“ über Qualität überhaupt nicht gesprochen werde. „Kleinst-Schulen mit kleinen Kollegien sind nicht in der Lage, ein vielfältiges Angebot vorzuhalten und abzusichern“, sagt Feußner.

Vage bleibt die Ministerin auf die Frage, wie viele Schulen wegen der höheren Vorgaben schließen oder fusionieren müssen. „Das lässt sich aus heutiger Sicht noch gar nicht sagen“, erklärt Feußner. Schließlich könnten die Kommunen durch die Änderung von Schuleinzugsbezirken die Schülerzahlen noch verändern.

In Halle wäre jede vierte Grundschule bedroht

In den betroffenen Städten hat man allerdings bereits durchgerechnet. In Halle etwa wären Stand jetzt acht der 32 kommunalen Grundschulen zu klein, sagt ein Stadtsprecher auf Nachfrage. Von den drei städtischen Sekundarschulen hätte sogar keine einzige die erforderliche Jahrgangsstärke.

In den vergangenen Wochen hatte daher der Städte- und Gemeindebund Kritik an den Plänen geübt. Feußner wirft dem Verband nun indirekt Unaufrichtigkeit vor – in einem Gespräch mit ihr habe dieser dem Gesetzentwurf sogar ausdrücklich zugestimmt, sagt Feußner. Städte- und Gemeindebund-Geschäftsführer Bernward Küper weist das umgehend zurück. „Da müssen wir in unterschiedlichen Veranstaltungen gewesen sein“, sagt Küper der MZ. Er habe lediglich begrüßt, dass Feußner ihren ursprünglichen Plan, auch im ländlichen Raum die Mindestzahlen heraufzusetzen, aufgegeben habe. „Die neuen Zahlen für die kreisfreien Städte aber haben wir ganz deutlich kritisiert.“

Wir haben viele Gebäudetypen, die Klassen mit 28 Schülern überhaupt nicht hergeben.

Bernward Küper, Städte- und Gemeindebund

Aus Sicht des Kommunalvertreters sind viele der jetzigen Schulgebäude für noch größere Klassen gar nicht geeignet. Dem neuen Schulgesetz zufolge wird eine Klasse erst ab 29 Schülern geteilt. „Wir haben viele Gebäudetypen, die Klassen mit 28 Schülern überhaupt nicht hergeben“, sagte Küper. Ohne zusätzliches Geld vom Land für Schulumbauten ließen sich die Pläne nicht verwirklichen, urteilt Küper.

Feußner betont unterdessen, dass kleine Schulen als Standort durchaus erhalten bleiben könnten, wenngleich nicht als eigenständige Schule. Das neue Schulgesetz sieht vor, dass es nicht mehr nur Grundschulen, sondern allen Schulformen erlaubt wird, mit anderen Schulen zu einem Verbund zu fusionieren. Das stärkt die Bildungslandschaft, sagt Feußner.

Zu den weiteren Änderungen des Gesetzes zählt, dass die sogenannten Gastschülerbeiträge abgeschafft werden. Bislang ist eine Kommune berechtigt, für einpendelnde Schüler aus einer Nachbarkommune eine Entschädigung zu verlangen. Das Berechnen und Eintreiben dieser Summen sei sehr aufwendig, sagt Feußner, die Abschaffung sei daher ein Beitrag zur Entbürokratisierung.